Die Afrikanische Schweinepest (ASP) breitet sich im Osten Europas weiter aus. Die größte Verschleppungsgefahr geht von illegalen Tier- und Fleischtransporten aus.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) bahnt sich scheinbar unaufhaltsam ihren Weg durch Osteuropa. Betroffene Gebiete in Ostpolen und den baltischen Staaten werden immer größer. Dies zeigen die Karten, in denen die in den Jahren 2014 bis 2016 gemeldeten Ausbrüche eingetragen sind. Es es nicht damit zu rechnen, dass die Veterinärbehörden die ASP schnell in den Griff bekommen.
Seuchengebiet wird größer
Die Situation in den betroffenen Ländern stellt sich wie folgt dar:
Polen: Bei Hausschweinen hat sich die Seuche seit August stark ausgebreitet. Während in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt nur drei Ausbrüche in Kleinstbeständen an der Grenze zu Weißrussland gemeldet wurden, sind es in diesem Jahr bereits 20 ASP-Ausbrüche in kleinen und mittleren Betrieben mit bis zu 500 Schweinen. Ein betroffener Betrieb liegt in einer Gemeinde rund 50 km westlich vom bisherigen Seuchengebiet in der Grenzregion zu Weißrussland entfernt.
Um der Seuche Herr zu werden, hat das polnische Parlament ein Gesetz für ein Aufkaufprogramm verabschiedet: Rund 600000 Tier sollen in den Risikogebieten aufgekauft und geschlachtet werden. Damit will man vorsorglich gesunde Bestände verwerten und das Infektionsrisiko in den gefährdeten Regionen vermindern.
Parallel dazu hat sich die ASP auch in den ostpolnischen Wildschwein-Populationen ausgedehnt. In diesem Jahr sind bis Ende August bereits 28 Fälle bekannt geworden.
Litauen: Bis September 2016 wurden der OIE (World Organisation for Animal Health) von Litauen 322 positiv getestete Wildschweine gemeldet, fast doppelt so viele wie im letzten Jahr. Bei Hausschweinen wurden 18 Fälle bekannt. Dies betraf ausschließlich Kleinbetriebe.
Lettland/Estland: Beide Länder haben große Probleme. So meldete Lettland in diesem Jahr bereits 789 neue Fälle bei Wildschweinen. Ebenso wurden zwei Ausbrüche bei Hausschweinen entdeckt. Auch in Estland wurden etliche Wildschweine positiv getestet. Insgesamt sind vier neue Bezirke mit infizierten Wildtieren hinzugekommen. Seit Anfang 2016 wurden sechs ASP-Fälle bei Hausschweinen registriert.
Ukraine: Die Lage in der Ukraine wird immer problematischer. Ausgehend vom Zentrum des Landes breitet sich ASP in nördliche und südwestliche Richtung nach Moldawien und Rumänien aus. Die Seuche hat sich in diesem Jahr bereits fünf neue Provinzen erobert. Die meisten der gemeldeten Fälle betreffen Hausschweine, vor allem aus Hinterhofbetrieben, aber auch aus gewerblichen Haltungen.
Russland: In Russland stellt sich die ASP-Lage nicht weniger dramatisch dar. Im laufenden Jahr 2016 wurden bislang bereits 186 über ein weites Gebiet verstreute Ausbrüche gemeldet, davon 53 bei Wild- und 133 bei Hausschweinen. Bei den betroffenen Produktionsstätten handelt es sich meist um kleine Hinterhofbetriebe. Doch auch in elf größeren Anlagen, vier davon mit 8000 bis 18000 Schweinen, wurde das Virus nachgewiesen.
Weißrussland: Auch in Weißrussland soll es große ASP-Probleme geben. Aufgrund fehlender Daten ist die Lage jedoch schwer einzuschätzen.
Mensch ist Risiko Nr. 1
Deutschland ist bislang von der gefährlichen Seuche verschont geblieben. Eine ASP-Einschleppung wäre nicht nur für betroffene Betriebe eine Katastrophe. Als Exportnation für Schweinefleisch würden die mit ASP verbundenen längerfristigen Handelsverbote die gesamte Branche bis ins Mark treffen.
Zum Schutz vor ASP gilt ein Einfuhrverbot von lebenden Schweinen und Schweinefleisch aus den betroffenen Seuchenregionen. Auch Privatpersonen, z.B. Reisende oder Saisonarbeiter, dürfen keine Fleischprodukte aus bestimmten Ländern mitbringen.
Das Risiko einer direkten Einschleppung durch lebende Wildschweine in die deutsche Schwarzwildpopulation wird als eher gering angesehen. Nach bisherigen Erfahrungen verschleppen Wildschweine ASP nicht über größere Distanzen. Dies liegt daran, dass die erkrankten Tiere meist hohes Fieber aufweisen und nicht mehr mobil sind. Sie ziehen sich in der Regel zurück und sterben rausch. Die Mortalitätsrate bei jungen und alten Tiere liegt bei nahezu 100 %. Bislang ist ASP in Polen nur entlang der Grenze zu Weißrussland aufgetreten.
Die weitaus größere Gefahr geht von den Menschen aus, die im Seuchengebiet Kontakt mit infizierten Schweinen haben. Denn es kommt häufiger vor, dass Tiere oder Fleischprodukte illegal aus den Seuchengebieten in andere Regionen bzw. ins Ausland gelangen. In den Fleisch- und Wurstwaren oder an kontaminierten Materialoberflächen überlebt das Virus über viele Monate.
Wachsende Verschleppungsgefahr
Werden z.B. Erzeugnisse von infizierten Haus- oder Wildschweinen bei uns unachtsam entsorgt oder verfüttert, ist mit einem ASP-Ausbruch zu rechnen. Auch der Jagdtourismus birgt Gefahren. Denn insbesondere der Kontakt mit dem Blut infizierter Tiere gilt als hoch effizienter Ansteckungsweg. Das Risiko einer Einschleppung von ASP-Viren über kontaminierte Kleidung oder Fahrzeuge wird dagegen als eher mäßig eingestuft.
Deshalb ist es wichtig, dass sich Tierhalter und Viehhändler beim Umgang mit Schweinen der Gefahr einer Verschleppung der ASP bewusst sind und alle Vorbeugemaßnahmen ergreifen. Dazu zählen insbesondere Aspekte der Biosicherheit.
Auf alle Fälle sollten etwaige Lücken im Hygienekonzept geschlossen werden. Ferner sollte jeder Schweinehalter auch sein Umfeld sensibilisieren, alle erforderlichen Hygienemaßnahmen korrekt umzusetzen. Dies gilt für Mitarbeiter ebenso wie für Familienangehörige, die Kontakt mit Schweinen haben.
Die wichtigsten Regeln gibt die Schweinehaltungs-Hygieneverordnung vor. Hierbei geht es in erster Linie um die Abschottung des eigenen Betriebes. Betriebsfremden Personen ist so weit wie möglich der Zugang zu verwehren. Ebenso gilt es, den direkten Kontakt zu Wildtieren sicher zu unterbinden.
Striktes Hygieneprogramm
Bei der Überprüfung des betrieblichen Hygienekonzepts geht es um diese konkreten Punkte:
- Tiere sollten nur aus bekannten und vertrauenswürdigen Betrieben zugekauft und die Herkunft dokumentiert werden.
- Futtermittel sind ebenfalls nur von verlässlichen Lieferanten zu erwerben.
- Speise- und Küchenabfälle dürfen nicht an Schweine verfüttert werden.
- Das Mitbringen von Fleischprodukten, etwa ein Wurstbrot, ist allen Stallmitarbeitern zu untersagen.
- Der Zugang in den Stall sollte grundsätzlich über eine Hygieneschleuse und nur mit betriebseigener Kleidung erfolgen.
- Vor dem Eingang in Stallungen sollten Wannen mit frischem Desinfektionsmittel für das Schuhwerk bereitgestellt werden.
- Der direkte oder indirekte Kontakt zu Wildschweinen ist zu unterbinden. Dies kann durch eine Umzäunung des Betriebsgeländes und unzugängliche Lagerstätten für Futtermittel sowie Einstreu geschehen.
- Die Übergabe toter Tiere muss außerhalb des Betriebsgeländes erfolgen.
- Die Tiertransporter sind nach jedem Gebrauch sorgfältig zu reinigen und zu desinfizieren.
- Besondere Vorsicht ist bei Güllefahrzeugen geboten, die nicht in den Weißbereich des Betriebes fahren dürfen.
- Auch die innerbetriebliche Hygiene ist zu überprüfen. Dazu gehört u.a. die strikte Rein-Raus-Belegung mit vorheriger Reinigung und Desinfektion der Ställe.
- Instrumente für Behandlungen dürfen ebenfalls nur steril in Gebrauch genommen werden.
- Ebenso sollten die Hände vor dem Betreten der Anlage bzw. zwischendurch gewaschen und desinfiziert werden, um einer eventuellen Keimverschleppung entgegenzuwirken.
Fazit
Die ASP breitet sich in Polen, den baltischen Staaten sowie anderen osteuropäischen Ländern aus. Die Gefahr der ASP-Einschleppung ist nach wie vor groß.
Die größte Verschleppungsgefahr geht von Menschen aus, die direkten oder indirekten Kontakt zu infizierten Tieren in den Regionen haben. Tier- und Fleischtransporte aus den Beobachtungsgebieten sind strikt verboten. Auch Touristen oder Saisonarbeiter könnten unbemerkt das Virus verschleppen.
Das ASP-Virus gelangt nicht automatisch in den Bestand. Deshalb sollte jeder Betriebsleiter die Abschottung der Ställe sowie das Hygienekonzept überprüfen. Gleichzeitig sind alle Mitarbeiter im Stall entsprechend zu sensibilisieren.