Immer mehr Mastbetriebe kommen heute ohne Einstall-Metaphylaxe aus. Auch in der Ferkelaufzucht ist dies möglich, wie Praxisbeispiele zeigen. SUS erklärt, worauf zu achten ist.Kranke Tiere haben ein Recht auf Therapie! Jedoch muss der Antibiotikaeinsatz zur Überdeckung von Managementschwächen der Vergangenheit angehören. Dies gilt nicht erst seit den Diskussionen um multiresistente Keime, Antibiotika-Datenbanken und „Gelbe Karten“ bei überdurchschnittlichem Antibiotikaeinsatz. So beschäftigen sich immer mehr Praktiker mit den Möglichkeiten, die Antibiotika-Anwendungen im eigenen Betrieb zu reduzieren. Einige von ihnen brauchen Anregungen und Unterstützung von außen. Hier kann die Beratung Impulse geben. Die Auswertungen der Schweinespezialberatung (SSB) in Schleswig-Holstein zeigen für die letzten fünf Jahre einen durchgehend abwärts gerichteten Trend bei den Veterinärkosten in der Schweinemast. Aktuell liegen die Veterinärkosten bei gut 1,30 € je verkauftem Mastschwein. Vor fünf Jahren lagen sie etwa 0,60 € höher (siehe Übersicht 1). Eine regelmäßige Metaphylaxe in der Mast führen 40 % der Betriebe durch. Weitere 40 % der Betriebe verzichten in der Mast auf die Einstallbehandlung. In den biologischen Leistungen liegen Betriebe mit Einstall-Metaphylaxe bei Tageszunahme, Futterverwertung und Tierverlusten geringfügig besser als Betriebe ohne Einstallbehandlung. Ökonomisch betrachtet sind Betriebe ohne Einstallbehandlung jedoch eindeutig im Vorteil. Die Organisation innerhalb der Kette hat einen Einfluss auf die Tierarzt- und Medikamentenkosten in der Mast. So scheint ein intensiver Austausch zwischen der Ferkelerzeuger- und Maststufe von Vorteil zu sein. Ein Indiz hierfür ist, dass Kombibetriebe in den SSB-Auswertungen weniger als 1 € Veterinärkosten je verkauftem Mastschwein ausweisen. Das heißt: Ein Austausch zwischen Ferkelerzeuger und Mäster über Ergebnisse aus dem Gesundheits-Monitoring oder Schlachtkörperbefunde kann dafür sorgen, dass gesundheitliche Probleme frühzeitig gemeinsam mit dem Hoftierarzt gelöst werden können. Zum Beispiel können Impfzeitpunkte überdacht oder eine gemeinsame Strategie zur Salmonellenreduzierung erarbeitet werden. Um auf eine Einstall-Metaphylaxe verzichten zu können, sollte die Mast durchleuchtet werden. Dabei ist der Fokus insbesondere auf vier Bereiche zu richten: Während in der Mast oft Lösungen zum Verzicht auf die Einstall-Metaphylaxe gefunden werden, tut man sich in der Ferkelaufzucht deutlich schwerer. Denn der Beginn der Ferkelaufzucht bleibt ein sehr kritischer Bereich. So ist die Anfälligkeit gegenüber Infektionen in der vierten bis sechsten Lebenswoche besonders hoch. Die passiven Antikörper verringern sich, und das eigene Immunsystem befindet sich erst im Aufbau. Das Ziel muss sein, den Stress rund um das Absetzen so gering wie möglich zu halten und den frisch abgesetzten Ferkeln sehr gute Hygiene- und Umweltbedingungen zu bieten. Niederländische Versuche zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen Darmzottenlänge nach dem Absetzen und der Energieaufnahme zu geben scheint. Eine hohe Futteraufnahme nach dem Absetzten beugt demnach Darmschädigungen vor. So kann verhindert werden, dass Toxine und Bakterien in das Blut gelangen und Krankheiten verursachen können. Ähnlich wie in der Mast müssen auch in der Ferkelaufzucht zunächst grundsätzliche Voraussetzungen geschaffen werden. Deshalb empfiehlt sich, zusammen mit der Beratung einen Check vorzunehmen. Hier sind insbesondere fünf Bereiche wichtig: 1. Futteraufnahme: Je mehr das Ferkel direkt nach dem Absetzen frisst, desto besser (siehe Übersicht 2). Um die Futteraufnahme zu steigern, setzen die Betriebe vor und nach dem Absetzen das gleiche Futter ein. Andere füttern in den ersten zehn Tagen der Ferkelaufzucht flüssig oder bieten breiförmiges Futter an. 2. Absetzgewichte: Wurde noch vor wenigen Jahren eine Zielgröße von mehr als 6,5 kg bei dreiwöchiger und mehr als 8,5 kg bei vierwöchiger Säugezeit angepeilt, sind diese Zielmarken bei großen Würfen kaum machbar. Wichtiger als die absolute Höhe ist eine geringe Streuung bei den Absetzgewichten, denn die untergewichtigen Ferkel sind die Sorgenkinder. 3. Belegdichte: Sind genügend Flatdeck-Kapazitäten vorhanden? Folge der Leistungssteigerung ist auf vielen Betrieben ein chronischer Mangel an Ferkelaufzuchtkapazitäten. Die einzuhaltende gesetzliche Platzvorgabe liegt bei 0,35 m² je Tier in einem Gewichtsbereich bis 30 kg. 4. Hygiene: Werden die Hygienestandards eingehalten? Wünschenswert ist auch eine kurze Stallruhe zwischen Desinfektion und Wiederbelegung. Die Ferkelaufzucht in einem separaten Gebäude bringt ebenfalls gesundheitliche Vorteile. In der Praxis haben sich kleine Gruppen bewährt. Auch sollten die Würfe möglichst zusammenbleiben. 5. Jungsauen-Eingliederung: Oftmals lassen sich Infektionen im Flatdeck auf neue Jungsauenlieferungen zurückführen. Durch die Einrichtung von Eingliederungsställen, die im Rein-Raus-Verfahren betrieben werden und von der Herde räumlich getrennt sind, ist die Herdengesundheit stabiler geworden. In der sechs- bis achtwöchigen Eingliederung erfolgen Entwurmung und betriebsindividuelles Impfprogramm sowie der Kontakt mit Bestandstieren oder Kontaktmaterial, z. B. über bei der Geburt eingesetzte Ferkelmatten. Werden diese Empfehlungen konsequent umgesetzt, gilt es zusammen mit dem Tierarzt zu überlegen, metaphylaktische Maßnahmen schrittweise zu reduzieren oder ganz einzustellen. Einige Betriebe testen die neue Strategie erst an Ferkeln eines Abteils und dokumentieren deren Leistungen. Wünschenswert ist eine zeitnahe Bewertung der Maßnahmen über eine Betriebszweigauswertung, die auch die Mast einbezieht. Bei entsprechenden Anpassungen der Behandlungsvarianten tut man gut daran, nicht zu viele Veränderungen auf einmal umzusetzen. Auf jeden Fall sollte die Tierkontrolle intensiviert werden, um bei ersten Krankheitsanzeichen rasch handeln zu können. Gleichzeitig sollte die Beratung Alternativen aufzeigen, um die Sicherheit zu erhöhen. Eine Alternative zu einer Medizinierung im Zusammenhang mit der Ödemkrankheit könnte der Einsatz eines Diätfuttermittels oder aber auch die Einführung einer Impfung sein. Kokzidien können mit Kresolen bekämpft werden, Acetylsalicylsäure hilft bei Fieber. Zahlreiche homöopathische Präparate werden heute in der Schweinehaltung erfolgreich eingesetzt. Im Zusammenhang mit Streptokokken konnte das konsequente Einwaschen der Sauen und das Besprühen mit jodhaltigen Präparaten auf einigen Betrieben dem metaphylaktischen Antibiotikaeinsatz vorbeugen. Allerdings gibt es hier keine Garantie. Bringt die Behandlung nicht die erhoffte Besserung, muss tiefer geforscht und weiter konsequent nach dem ursprünglichen Auslöser gesucht werden. Auch sollte bedacht werden, dass bei massiven Resistenzen und diffuser Erregerlage eine wohlüberlegte Bestandssanierung ein erfolgreicher Weg sein kann. Kranke Schweine müssen auch in Zukunft ohne schlechtes Gewissen antibiotisch behandelt werden können! Eine Standardmaßnahme zur Überdeckung von Managementfehlern dürfen Antibiotika in der professionellen Schweinehaltung jedoch nicht sein. Während Mäster oftmals Wege finden, auf Einstallbehandlungen zu verzichten, ist es im Bereich der Ferkelaufzucht deutlich schwieriger. Doch auch hier sollten Schweinehalter, Tierarzt und Berater gemeinsam nach Lösungen suchen, um den Antibiotikaeinsatz zu verringern. Dies setzt voraus, dass zunächst die Schwachstellen bei Management, Fütterung und Haltung aufgedeckt und beseitigt werden, um dann die medikamentöse Vorbeuge zurückzufahren. Die neue Behandlungsvariante sollte möglichst zeitnah über eine Betriebszweigauswertung geprüft werden. Positive Erfahrungen aus der Mast Ausstieg gut vorbereiten Problembereich Flatdeck Ohne Basisarbeit geht es nicht Anstöße von außen geben Fazit Einstall-Bedingungen: Hier sind die Funktionen von Heizung und Lüftung ebenso zu überprüfen wie die Stalltemperatur beim Einstallen, die bei 24 °C liegen sollte. Auch müssen Güllereste abgelassen und die Abläufe geschlossen worden sein. Des Weiteren ist abgestandenes Wasser aus dem Tränkesystem abzulassen. Fütterung: Stimmt die Fütterung im Sinne der Infektionsprophylaxe? Neben der bedarfsgerechten Fütterung muss das Futter über einwandfrei arbeitende technische und saubere Förderwege zum Trog gelangen. Der Einsatz von organischen Säuren, die die Entwicklung von Colibakterien oder Salmonellen hemmen, hat sich bewährt. Tierfluss und Hygiene: Ein Zurückstallen von Tieren aus älteren Gruppen oder aus der Krankenbucht ist strikt zu vermeiden. Tote Tiere müssen umgehend den Stall verlassen und zum vom Betrieb weit entfernten Kadaverplatz gebracht werden. Zudem hat der tägliche Stalldurchgang von klein nach groß und noch viel wichtiger von gesund nach krank zu erfolgen. Behandlungen: Auch bei optimalen Haltungsbedingungen können Schweine erkranken. In diesem Falle müssen sie möglichst rasch behandelt werden, weil sie ansonsten für längere Zeit eine Infektionsquelle für den gesamten Bestand darstellen. Dabei sind die Dosierung und die Anwendungsdauer des Medikaments einzuhalten. Schwer erkrankte Tiere müssen parallel mit der Spritze behandelt und in eine Krankenbucht gebracht werden. -Martin Knees, SSB Schleswig-Holstein-