W enn Fruchtbarkeitsstörungen wie die Geburt mumifizierter Ferkel, kleine Würfe und das Umrauschen der Sauen im Bestand plötzlich gehäuft auftreten, fällt der Verdacht zumeist auf ei-ne Parvovirus-Infektion. Doch gerade wenn nur das vermehrte Verferkeln im Vordergrund steht, ist diese Krankheit als Grund für die auftretenden Fruchtbarkeits-störungen eher unwahrscheinlich. Von schwerwiegenden anzeigepflichtigen Seu-chen einmal abgesehen, wie etwa die Bru-cellose oder die Schweinepest, kann es sich im Einzelfall auch um eine Leptospirose-Infektion handeln. Leptospiren sind gramnegative Schrau-benbakterien. Innerhalb der krank ma-chenden Leptospirenarten unterscheidet man insgesamt mehr als 200 so genannte Serovare. Beim Schwein werden am häu-figsten Leptospira (L.) pomona, L. tarasso-vi, L. grippotyphosa, L. canicola, L. ictero-haemorrhagiae, L. australis und L. bratisla-va nachgewiesen. Ratten, Mäuse und infizierte Schweine sind Überträger Neben bereits infizierten Schweinen gel-ten vor allem Ratten und Mäuse sowie an-dere Kleinsäuger als Überträger der Krank-heit. Sauen und Eber infizieren sich bei gegenseitigem Kontakt über die Schleim-häute sowie über Hautwunden. Die Krank-heit kann aber auch beim Deckakt übertra-gen werden. Außerdem stellen mit Lepto-spiren verseuchte Suhlen, Pfützen, Tränken und Futtertröge eine Infektionsquelle dar. Nach der Infektion besiedeln die Erreger über das Blut fast alle Organe und setzen sich später bevorzugt in der Niere fest. EinBei Fruchtbarkeitsstörungen ist nicht immer das Parvo-virus im Spiel. Insbesondere wenn die Abortrate im Sauenstall steigt, sollte auf Leptospiren untersucht werden.zelne Tiere scheiden den Erreger dann un-ter Umständen über viele Monate hinweg mit dem Urin aus, wodurch über lange Zeit eine erhöhte Infektionsgefährdung für an-dere, insbesondere neu eingegliederte Sau-en besteht. Die Leptospireninfektion verläuft in den meisten Fällen symptomlos, abgesehen von gelegentlichen, oft unbemerkten Fieberpha-sen und vorübergehender Appetitlosigkeit der Tiere. Lediglich während der Trächtig-keit kann es zu teilweise gravierenden Krankheitserscheinungen kommen. Am häufigsten beobachtet man bei Sauen das Abortieren der Früchte wenige Wochen oder Tage vor der Geburt. Die Feten fallen durch blutig-ödemartige Hautveränderungen auf. Zudem sind immer wieder Würfe mit mumifizierten, frischtoten oder lebens-schwachen Ferkeln zu beobachten, die meist nur kurze Zeit überleben. Neugebore-ne Ferkel zeigen gelegentlich eine ausge-prägte Ikteroanämie, d.h. eine mit Gelb-sucht einhergehende Blutarmut. Außerdem sind nicht selten Koordinationsstörungen bei den Neugeborenen zu beobachten. Nach einer Infektion mit bestimmtenLeptospiren-Serovaren, z. B. Leptospira australis oder Leptospira bratislava, kann auch ein verstärktes Umrauschegeschehen im Vordergrund stehen. Diagnose oft sehr schwierig Erste unspezifische Hinweise bei Lepto-spirose können klinische Symptome wie Appetitlosigkeit und Fieber bei den Sauen sein. Zur genaueren Diagnose muss jedoch ein direkter oder indirekter Erregernach-weis durchgeführt werden. Der direkte Nachweis ist zwar beweisend, jedoch häu-fig unsicher und, insbesondere bei bakte-riologischkulturellen Untersuchungen mit Erregeranzüchtung, langwierig. Von den indirekten Methoden wird in erster Linie die Antikörperbestimmung mit Hilfe des Mikro-Agglutinations-Testes (MAT) durchgeführt. Dieser Test ist einfach, schnell und relativ serotypspezifisch. Aller-dings können auch hier im Einzelfall Kreuz- bzw. Mitreaktionen zwischen ver-schiedenen Serovaren vorkommen. Zu be-achten ist bei diesem Testverfahren: Maxi-male Antikörpertiter treten bei einer Leptospiroseinfektion bereits zwei bis drei Wo-chen nach der Infektion auf. Daher sollte die Erstuntersuchung möglichst rasch nach dem Auftreten der ersten sichtbaren klini-schen Symptome erfolgen. Die Zweitunter-suchung muss dann vier bis sechs Wochen später erfolgen. Nach internationaler Übereinkunft gel-ten seit einigen Jahren Antikörpertiter ab 1 :100 unabhängig vom jeweiligen Serovar als positiv. Hierzu ist allerdings zu bemer-ken, dass derartig niedrige Titer nicht sel-ten auch bei Tieren festgestellt werden, die offensichtlich zuvor selbst nie erkrankt wa-ren und aus unauffälligen Betrieben stam-men. Bei Sauen, die einen leptospirosebe-dingten Abort erlitten hatten, lassen sich dagegen Antikörpertiter von mindestens 1 :400 und bis zu 1 : 3200 oder höher nachweisen. Schadnager rigoros bekämpfen! Die Bekämpfung der Leptospirose ist auf eine Sanierung des Bestandes mit Ausrot-tung des Erregers abzustellen. Bei geringer Infektionsrate kann dies durch eine Entfer-nung seropositiver Tiere aus dem Bestand beziehungsweise durch strikte Trennung von seropositiven und -negativen Tieren sowie durch serologische Kontrollunter-suchungen bei der Nachzucht erfolgen. Da die serologische Situation des Gesamt-bestandes meist aber nicht bekannt ist, wird in der Regel eine möglichst frühe antibioti-sche Behandlung aller Zuchttiere anzuraten sein. Diese muss in enger Kooperation mit dem Hoftierarzt erfolgen, da gerade bei der Leptospirose die Auswahl des Präparates und die Anwendungsart und -dauer einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg der Behandlungsmaßnahme haben. Neben der direkten Erregerbekämpfung müssen unbedingt weitere Infektionsquel-len beseitigt werden. Vor allem die Schad-nagerbekämpfung ist von großer Bedeu-tung. Denn Ratten und Mäuse verbreiten die Krankheit, indem sie erregerhaltigen Kot und Harn zum Beispiel in offenen Silo-behältern oder Futterautomaten absetzen. Wichtig ist auch, dass Feuchtareale ab-gesperrt bzw. beseitigt werden. Erhalten die Sauen zum Beispiel während der Trächtig-keit Weideauslauf mit Suhlmöglichkeiten, müssen zumindest die Suhlen umgehend für die Tiere gesperrt werden. Noch besser ist es, den Weideauslauf vollständig zu unterbinden, da sich die Erreger auch im feuchten Boden aufhalten und dort sehr lange überleben können. Im Stall ist darauf zu achten, dass Tränken oder Tränkebecken so installiert sind, dass sie möglichst wenig mit Harn oder Kot in Berührung kommen und Flüssigkeiten direkt in den Güllekanal abfließen können.Wenn es organisatorisch möglich ist, sollten infizierte von nichtinfizierten Schweinen getrennt gehalten werden. Infi-zierte Tiere sind deshalb in einem separa-ten Stallabteil, oder noch besser in einem separaten Stallgebäude unterzubringen. Im Zweifelsfall, insbesondere wenn das Krankheitsgeschehen weiter anhält, sollten diese Schweine gemerzt werden. Eine besonders wichtige Rolle spielt bei der Leptospirose die Reinigung und Desin-fektion der Buchten- und Stallflächen so-wie der Transportwege. Stallabteile müssen nach dem Ausstallen grundsätzlich gründ-lich mit dem Hochdruckreiniger gesäubert und anschließend desinfiziert werden. Zur Desinfektion sollten ausschließlich Mittel aus der aktuellen DVG-Liste genommen werden. Nach der Desinfektion muss das Abteil dann umgehend wieder trockengeheizt werden, um den Erregern die Vermehrung so schwer wie möglich zu machen. Vergessen werden dürfen bei der Reini-gung und Desinfektion auf keinen Fall die Verkehrswege. Hierzu gehören zum Bei-spiel die Treibegänge und die Transport-fahrzeuge. Werden diese nicht ordnungsge-mäß gesäubert, infizieren sich die Tiere möglicherweise beim nächsten Transport, und der Erreger wird in das frisch gesäu-berte Abteil hineingetragen. Regelmäßig und gründlich müssen auch die Tränken und Futterstellen auf Sauber-keit kontrolliert werden. Der Bodensatz in Tränkebecken zum Beispiel sollte täglich entfernt werden, um die Infektionsgefahr zu senken. Aber auch Futtertröge sind re-gelmäßig zu überprüfen. Feuchte Futterres-te müssen möglichst jeden Tag entfernt werden. Fazit Treten im Bestand gehäuft Aborte auf oder steigt die Umrauschquote plötzlich an, kann es sich um eine Leptospireninfektion handeln. Wichtig ist dann, dass die Erkran-kung labordiagnostisch auch eindeutig nachgewiesen wird, beziehungsweise, dass andere mögliche Ursachen sicher ausge-schlossen werden. Nur so lassen sich ge-eignete Maßnahmen zur Bekämpfung ein-leiten. Bei der Bekämpfung ist vor allem auf ei-ne rigorose Schadnagerbekämpfung zu achten, da Ratten und Mäuse die Krankheit über Kot und Harn verbreiten. Außerdem sollten Feuchtareale wie Suhlen oder Wei-den abgesperrt werden. Grundsätzlich sind Stallabteile, Buchtenflächen und Treibewe-ge nach jedem Ausstallen bzw. nach jedem Gebrauch zu reinigen und zu desinfizieren. Lesen Sie auf der folgenden Seite, wie ein Landwirt die Leptospirose erfolgreich bekämpfen konnte. - Waldmann, Karl-Heinz -