Kombi-Impfstoffe und nadellose Impfsysteme versprechen weniger Stress beim Impfen. Allerdings setzen diese Verfahren eine sorgfältige Einarbeitung und optimale Hygiene voraus. In den letzten Jahren hat sich der Trend zur Impfvorsorge verstärkt. Vor allem die Ferkelimpfungen stehen im Fokus. Denn geimpfte Ferkel sind in der Mast weniger oft krank. Durch gezielte Impfmaßnahmen lässt sich der Anti-biotika-Einsatz reduzieren. Seit Mitte der 90er-Jahre wird die Mykoplasmen-Impfung eingesetzt und ist zum Standard geworden. Neben der Impfprophylaxe gegen Mykoplasmen bzw. Enzootische Pneumonie kommt die Circo-Impfung als Standardmaßnahme hinzu. In einigen Fällen ist es ratsam, die Ferkel auch gegen PRRS zu impfen. Zwar sind die Ferkelimpfungen mitt-lerweile fester Bestandteil des Gesundheitsmanagements vieler Betriebe. Dennoch ist jede Impfaktion auch mit Stress für die Ferkel verbunden. Zudem kann die Nadelinjektion unerwünsche Nebenwirkungen mit sich bringen. Mit dem Einstich können z. B. Keime übertragen werden. Deshalb sind die pharmazeutischen Anbieter bemüht, ihre Produkte bzw. die Impfpraxis stetig weiterzuentwickeln. Die Bereitstellung so genannter One-Shot-Impfstoffe war der Anfang. Jetzt werden weitere Konzepte vorgestellt, die das Impfen erleichtern bzw. die Hygiene rund ums Impfen verbessern sollen. Mischen von Impfstoffen jetzt möglich Die Firma Boehringer hat im Juli die erste Europäische Zulassung für das Mischen von zwei Impfstoffen im Betrieb erhalten. Die Produkte Myco- und CircoFlex, die einzeln mit je 1 ml dosiert werden, dürfen gemischt in einer Gesamtdosis von 2 ml ab dem Alter von drei Wochen geimpft werden. Um diese Mischungen möglichst praktikabel zu gestalten, werden von der Firma 100 ml-Flaschen mitgeliefert, in denen jeweils 50 ml Circo- und Mykoplasmen-Impfstoff kurz vor der Anwendung angemischt werden. Um zu dokumentieren, dass es sich bei der Mischung um einen ordnungsgemäß hergestellten Impfstoff handelt, ist die Flasche mit den Chargen-Nummern der Impfstoffe, Anmischdatum und Anwender zu kennzeichnen. Dieses erspart Rückfragen bei eventuellen Kontrollen. Weniger Injektionen Die Vorteile solcher Kombinationen liegen auf der Hand: Neben der Arbeitswirtschaftlichkeit für den Anwender wird dem Ferkel eine Injektion erspart. Dadurch wird eine lokale Irritation und Stress für das Ferkel vermieden. Noch entscheidender ist, dass bei sorgfältiger Anwendung die Zahl von Keimen, die ungewollt mit jeder Injektion eingetragen werden, vermindert werden kann. Der gemeinsame Impfzeitpunkt ab der dritten Lebenswoche ist in den meisten Fällen kein Problem. Nachdem mit dem FlexSystem nunmehr die erste Mischung von Impfstoffen zugelassen ist und die gute Wirksamkeit sich vielfach bestätigt hat, gibt es jetzt weitere Kombinationsmöglichkeiten. So hat die Firma Intervet die Zulassung für die zeitgleiche Anwendung der Impfstoffe Porcilis PRRS und Porcilis Mhyo als Mischung erhalten. Dabei kann die gefriergetrocknete Komponente des PRRS-Lebendimpfstoffes im Mykoplasmen-Impfstoff aufgelöst und innerhalb einer Stunde als Gemisch mit einer Spritze verabreicht werden. Weitere Kombinationsmöglichkeiten sind in der Prüfung. Dies ist erforderlich, da sich durch das Mischen Wirksamkeit und Verträglichkeit verändern können. Hier bringt nur die offizielle Zulassung die nötige Sicherheit für den Anwender. Circo-Impfung nachweisen Die größte Wertschöpfung der Circo-Impfung wird – wie bei den meisten Ferkelimpfungen – in der Mast erzielt. Dieses hat dazu geführt, dass die Mäster in der Regel die Kosten dieser Impfungen im Ferkelbereich übernehmen. Bei 1:1-Beziehungen beruht die Kostenübernahme auf Vertrauen zwischen Ferkelerzeuger und Mäster. In anonymen Lieferanten-Beziehungen würden Mäster gerne auf einen Nachweis der Circo-Impfung zurückgreifen. Denn sie bezahlen schließlich einen Aufpreis. Um hier ein Testverfahren anzubieten, arbeiten der Impfstoffhersteller Intervet und das Labor Synlab.vet Leipzig momentan an einem ELISA-Test. Mittels so genanntem BacuCheck-ELISA soll es möglich sein, an einer Stichprobe von zehn Tieren geimpfte von ungeimpften Schweinen zu unterscheiden. Die Blutproben werden bis zur zehnten Lebenswoche genommen – also noch vor der Auslieferung der Tiere. Das Untersuchungsergebnis aus dem Labor könnte dann beim Verkauf der Ferkel als Impfnachweis dienen. Hierbei handelt es sich um eine qualitative Unterscheidung zwischen mit vollständiger Dosis geimpfter oder ungeimpfter Ferkelpartie („Ja/Nein“-Aussage). Diese Aussage ist allemal besser als der übliche „Lieferscheinbeweis“. Erste Untersuchungen in der Praxis haben eine hohe Treffsicherheit ergeben. Leider funktioniert das System nur zuverlässig bei Schweinen, die mit Porcilis von Intervet geimpft worden sind. Offene Flaschen sofort verwenden Um eine optimale Wirkung von Impfstoffen zu erzielen und um Nebenwirkungen zu vermeiden, müssen beim Impfen, unabhängig von Krankheit und Hersteller, strenge Hygieneregeln eingehalten werden. Bis in die 90er-Jahre wurden vielen Impfstoffen noch Antibiotika beigegeben, welche die Vermehrung eingebrachter Bakterien verhinderten. Neuere Impfstoffe hingegen enthalten meist keine keimhemmenden Konservierungsstoffe und sind für bakterielle Erreger anfällig. Neben Pseudomonaden und Kokken als Umweltkeime können sich in dem Impfstoff nach dem Anstechen mit unsauberer Nadel auch Clostridien stark vermehren. Während die Impfstoffe selbst gelegentlich lokale Irritationen an der Injektionsstelle hervorrufen, kann die Anwendung verunreinigter Impfstoff-Anbrüche zu Erkrankungen und Verlusten unter den behandelten Tieren führen. Deshalb sind bei der Entnahme von Teilmengen und dem Zusammenmischen von solchen Impfstoffen strenge Hygieneregeln zu beachten. Weiterhin sind die Anbrüche noch am gleichen Tag aufzubrauchen. Unverträglichkeiten und Verluste infolge nach Anbruch verunreinigter Impfstoffe fallen nicht in die Verantwortlichkeit des Impfstoffherstellers. Nadellose Impfung in der Erprobung Um die Impfhygiene weiter zu verbessern und den Stress für die Schweine zu verringern, wird derzeit an nadellosen Injektionssystemen gearbeitet. Dabei sind grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze zu unterscheiden. Zum einen wird an der Verbesserung von Systemen gearbeitet, die Impfstoffe und Arzneimittel ohne Nadel durch die Haut befördern (percutane Injektion). Auf dem Markt sind einmal das AcuShot-Gerät, das mit Stickstoffpatronen arbeitet und etwa 4 000 € kostet. Das zweite Gerät ist das MS Pulse von Schippers, welches das Arzneimittel mit CO2-Druck durch die Haut befördert und etwa 2 500 € kostet. Der zweite Ansatz zur nadellosen Injektion nutzt die Haut als Immunorgan. Der Impfstoff wird dabei mit einem so genannten Idal-Vakzinator direkt in die Haut eingebracht (intracutan). Das Gerät wird von der Firma Intervet für 500 € pro Jahr inklusive Wartung an interessierte Betriebe verleast. Der Vakzinator ist elektronisch gesteuert. Sein Akku muss nach ca. 1 000 geimpften Tieren gewechselt werden. Zudem ist nach 10 000 verimpften Dosen eine Wartung des Gerätes erforderlich. Die bisherigen Erfahrungen mit den Geräten sind überwiegend positiv: Bei diesem Verfahren werden die Ferkel deutlich weniger beunruhigt als bei der Injektion über die Nadel. Die Anzahl Keime, die beim Impfen ungewollt in das Tier befördert wird, verringert sich. Im Übrigen ist auch die Verletzungsgefahr für den Anwender gegenüber dem Verfahren mit Nadel herabgesetzt. Bei der Nadelimpfung wird das Arzneimittel als blasenförmiges Depot gesetzt. Bei nadelloser Injektion führt die bessere Verteilung des Impfstoffes im Gewebe zu einer schnelleren Aufnahme. Bei allen drei Verfahren muss die Spritze senkrecht aufgesetzt werden, damit sich der Druck gleichmäßig auf die Haut überträgt. Auf eine Einarbeitung sollte nicht verzichtet werden. Nachteilig sind der relativ hohe Anschaffungspreis und der Aufwand für die regelmäßige Wartung. Außerdem sind die Geräte relativ schwer. Dies wird bei längerer Anwendung als störend empfunden. Noch nicht universell einsetzbar Ein weiterer Nachteil ist, dass die Geräte nicht problemlos bei allen Tiergruppen und Präparaten einsetzbar sind. Bei dem Idal-Vakzinator muss der Impfstoff so konzentriert sein, dass eine Menge von 0,2 ml ausreicht, um kompletten Schutz zu bieten. Größere Impfstoffmenge sind nicht in der Haut unterzubringen. So steht bisher nur der PRRS-Impfstoff (0,2 ml/Dosis) der Firma Intervet als zugelassene Vakzine für diese Verabreichungsart zur Verfügung. Weitere Impfstoffe befinden sich jedoch in der Entwicklung. Bei der Injektion durch die Haut (Acu-Shot, MS Pulse) kann mit einem Schuss eine Menge von bis zu 2,5 ml verabreicht werden. Allerdings muss dies mit entsprechendem Druck geschehen. So zeigte die testweise Applikation von Eisen an frisch getöteten Tieren, dass es bei zu hohem Druck in Unterhaut und Muskulatur zu Gewebeschäden kommt. Während zu großer Druck zu Verletzungen führen kann, gelangen bei zu niedrigem Druck die Impfstoffe möglicherweise nicht bis in die Muskulatur, was zu verminderter Wirkung führt. Das heißt, dass der Druck an Körpergewicht und Dosiermenge anzupassen ist. Hierfür wäre eine größere Abstufung wünschenswert. Weiterhin bringt die deutliche Färbung des Eisens an den Tag, wie wichtig die sorgfältige Reinigung der Geräte ist. Fazit Die Vorbeuge ist der wichtigste Pfeiler im Gesundheitsmanagement des Schweinebestandes. Dabei hat sich die Ferkel-impfung neben der Verhütung von Keim-einschleppungen als wirksames Instrument durchgesetzt. Bei den Ferkelimpfungen verringern neue Impfstoffe (One-shot) und Möglichkeiten des Mischens, z. B. Mykoplasmen- und Circo-Impfstoff, unerwünschte Nebeneffekte bei der Injektion mit der Nadel. Auch macht die Weiterentwicklung von nadellosen Injektionssystemen Fortschritte. Ferner sind neuere Labortests zur Überprüfbarkeit von Impfmaßnahmen interessant und schaffen Vertrauen auch außerhalb einer Direktbeziehung.