Harnwegsinfektionen bei Sauen führen zu sinkenden biologischen Leistungen und Ausfällen. Die Optimierung der inner-betrieblichen Hygiene kann die Problematik entschärfen.Wenn Sauen eitrigen Ausfluss zeigen, deutet vieles auf eine Harnwegsinfektion hin. Eine gelbliche, zähe Masse tropft langsam vom Vulvabereich auf den Spaltenboden. Außerdem setzen die Tiere immer wieder kleine Mengen trüben, manchmal auch blutigen, stechend riechenden Harn ab. Harnwegsinfektionen kommen meist durch den Aufstieg von Erregern über die kurze Harnröhre in die Harnblase zustande. Bei diesen Erregern handelt es sich in erste Linie um E. coli-Keime. Aber auch Streptokokken, Staphylokokken, Proteus (gramnegative Proteobacteria) und Klebsiellen (gramnegatives Stäbchenbakterium) spielen eine Rolle. Sitzende Sauen sindakut gefährdet Die Ursachen der Erkrankung sind vielschichtig: Da der Vulvabereich sitzender Sauen häufiger Kontakt zum Stallboden hat als dies bei stehenden oder liegenden Sauen der Fall ist, sind vermehrt sitzende Tiere ganz besonders gefährdet. Ursache der häufigen Sitzhaltung sind zum Beispiel ein schlechtes Fundament oder Klauen-erkrankungen. Abgerissene Afterklauen oder nicht rechtzeitig eingekürzte Schnabelklauen spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. Veränderungen am Skelettsystem sind eine weitere Ursache. Bei zu schnellem Wachstum während der Aufzucht, oder bei einem unzureichenden Mineralstoffangebot kommt es zur Ablösung von Knorpelstücken oder des ganzen Oberschenkelkopfes. Dieses verursacht schwere Lahmheiten, worauf die Sauen mit vermehrtem Sitzen reagieren. Auch die Altersstruktur der Herde hat einen Einfluss. Ältere Sauen liegen oder sitzen öfters als junge Tiere. Meist haben 50 % der Sauen mit mehr als sieben Würfen Harnwegsprobleme. Eine zu enge Stallbelegung, bei der die Sauen häufig mit dem Schambereich aneinanderliegen, fördert die Verbreitung der Krankheit. Die Fütterung spielt ebenfalls eine Rolle. Zu schwere Sauen legen sich viel schneller wieder hin als gut konditionierte Tiere. Eine mangelhafte Hygiene im Betrieb fördert Harnwegsinfektionen ganz besonders. Betroffene Tiere zeigen Untertemperatur Erste Warnsignale einer Harnwegs-infektion sind negative Veränderungen in den Produktionskennzahlen. Bei betroffenen Tieren kommt es zu erhöhten Umrauschquoten, geringeren Wurfzahlen und höheren Saugferkelverlusten. Dementsprechend gehen die Zahl der abgesetzten Ferkel und die Absetzgewichte zurück. Plötzlich verendende Sauen sind ebenfalls zu beobachten, da es bei einem Aufsteigen der Erreger von der Harnblase in die Niere zum Nierenversagen kommen kann. Für den einzelnen Ferkelerzeuger sind die ökonomischen Verluste meist sehr hoch. Allein das einmalige Umrauschen kostet Landwirte rund 60 € pro Sau. Ein Ferkel weniger abgesetzt pro Sau und Jahr schlägt mit gut 40 € zu Buche. Der Totalausfall einer Sau kostet ca. 250 €. Der Landwirt kann eine Harnwegsinfektion im Stall durch eine Temperaturmessung feststellen. Betroffene Tiere zeigen Untertemperatur von 38,5 °C. Außerdem gibt es weitere eindeutige Anzeichen im Stall, die auf die Problematik hinweisen. Infektionen der Harnwege sind schmerzhaft und somit findet der Harnabsatz bei erkrankten Tieren kurz und stoßweise statt. Daher sollte man auf den Harnabsatz seiner Tiere achten. Ausfluss ist immer ein Anzeichen für Harnwegsinfektionen. Bei Verdachtsfällen ist wichtig, sich die Vulva der Tiere genauer anzuschauen. Wenn diese nicht vollständig geschlossen ist, können Erreger leichter ins Tier gelangen und die Harnblase infizieren. Ein nicht vollständiger Vulvaschluss kann z. B. durch akute oder ältere Verletzungen zustande kommen. Insbesondere bei der Gruppenhaltung von Sauen kann dieses Problem gehäuft auftreten. Gute Stallhygiene wirkt vorbeugend Wenn Harnwegsinfektionen im Bestand vorliegen, müssen betroffene Tiere sofort behandelt werden. Da oft eine Kombination von E. coli und Streptokokken eine Rolle spielt, wird die Einzeltierbehandlung mit Marbocyl 10 % und Penicillin durchgeführt. Die Behandlung muss mindestens drei Tage andauern. Wenn ein Bestandsproblem vorliegt, kann über zehn Tage eine orale Medikation übers Futter mit Trimetoprim/Sulfonamid oder Amoxicillin durchgeführt werden. Das Antibiotikum sollte nach vorhergegangenem Resistogramm ausgewählt werden. Wenn chronisch infizierte Tiere in der Herde sind, müssen diese ausselektiert werden. Von chronisch infizierten Tieren spricht man, wenn Tiere erneut an einer Harnwegsinfektion leiden. Viel besser und preiswerter als die Behandlung der Tiere ist, ausreichend vorzubeugen. Der wesentlichste Faktor zur Vorbeuge von Harnwegsinfektionen ist die Verbesserung der innerbetrieb-lichen Hygiene. Im Deckzentrum muss intensivst auf Sauberkeit geachtet werden. Kotreste sind täglich zu entfernen. Zur Desinfektion und zum Binden von Feuchtigkeit sollten Trockendesinfektionspulver eingesetzt werden. Eine regelmäßige Reinigung des Deckzentrums mit anschließender Trocknung des Stalles ist generell hilfreich. Ein verschmutzter Genitalbereich führt zum Eindringen von Erregern. Vor der Besamung ist daher eine Reinigung der Vulva mit Trockentüchern oder Toilettenpapier zu befürworten. Auch im Abferkelbereich ist eine gute Hygiene das Nonplusultra. Der Kot sollte mindestens einmal täglich aus der Bucht entfernt werden. Kotreste im Buchten-boden sollten ebenfalls mit einem Besen beseitigt werden, so dass Urin oder Ausfluss sofort nach unten in den Gülle-keller abfließen können. Zugluft vermeiden Auch Lüftungsfehler spielen eine wichtige Rolle in Bezug auf Harnwegsprobleme. Ein zu kalter Spaltenboden ist schädlich. Die Temperatur sollte mindestens bei 16 °C liegen. Im Rahmen der Bestandsuntersuchung sollte daher immer auf die Spaltenbodentemperatur geachtet werden. Dieses kann mittels Infrarot-Kamera oder Infrarot-Thermometer sehr einfach erfolgen. Infrarot-Thermometer kosten ca. 80 €. Sie sind für jeden Landwirt erschwinglich. Ebenso schädlich ist jede Art von Zugluft. Mehr als 0,2 m je Sekunde dürfen es nicht sein. Besonders im Genitalbereich der Sau führt Zugluft zu vermehrtem Auftreten von Harnwegsinfektionen. Gerade bei Gang- oder Schlitzlüftungen ist darauf zu achten, dass die Rückwände der Abferkelbuchten komplett geschlossen sind. Mittels einer Nebelmaschine können die Luftströmungen sehr gut sichtbar gemacht werden, und die Windgeschwindigkeit kann mittels Anemometer überprüft werden. Jeder Stallbauberater kann diese Geräte vor Ort einsetzen. Wasser ist das A und O Die ausreichende Wasseraufnahme, eine gute Wasserqualität und eine möglichst optimale Wasserzusammensetzung können die Entstehung von Harnwegsinfektionen unterbinden. Die Wasseraufnahme hat einen direkten Einfluss auf die Harnproduktion der Sauen. Der Bedarf für tragende Tiere liegt bei mindestens 12 l pro Tag und für laktierende Sauen bei mindestens 15 l. Diese hohen Mengen sind notwendig, um die Milchproduktion in Gang zu halten. Bei einer geringeren Wasseraufnahme wird der Harn stärker konzentriert und die Harnblase weniger gespült, dadurch steigt die Gefahr der Harnwegsinfektionen. Gleichzeitig kann eine zu hohe Wasseraufnahme aber auch zu einem höheren Harn-pH führen, was wiederum Infektionen begünstigt. Das gewisse Maß ist entscheidend. Die Sauen sollten auf keinen Fall mit dem Wasser spielen können. Das führt nur dazu, dass der Buchten-boden ständig nass gehalten wird. Generell ungünstig ist eine schlechte Wasserqualität. Hierdurch kommt es entweder zu einer Besiedelung von E. coli-Keimen oder durch den Einfluss von Endotoxinen zu Harnwegsinfektionen. Bei der Wasserzusammensetzung spielt der Härtegrad eine Rolle. Das Wasser sollte unter 15 °dH (Grad deutscher Härte) haben. Wenn das Wasser zu hart ist, kommt es zur Harnkristallbildung. Dies schädigt die Blasenschleimhaut und fördert die Besiedelung von Bakterien. Zusätzliche Informationen zur Optimierung der Wasserqualität und zu Wasserhygieneverfahren finden Sie in dieser Ausgabe ab Seite 48. Futter darf nicht zu viele Mineralien enthalten Des Weiteren sind Fütterungsfehler schädlich. Die Futterzusammensetzung hat einen direkten Einfluss auf die Harnzusammensetzung, und die Futterqualität spielt eine Rolle in der Abwehr von Harnwegsinfektionen. Wenn das Futter zu proteinreich ist oder zu viele Mineralien beinhaltet, steigt der pH-Wert. Dadurch wird die Besiedelung von Harnwegserregern gefördert. Darüber hinaus können zu viele mineralische Komponenten zu Harnkristallen führen, welche die Blasenschleimhaut verletzen. Grundlage der Fütterung sollte sein, den Harn anzusäuern. Gerste hat einen positiven Effekt auf die Harnansäuerung und Trockenschnitzel einen negativen. Generell schädlich ist eine schlechte Futterqualität. Mykotoxine im Futter belasten zum einen das Immunsystem, und zum anderen sind sie Schleimhaut-schädigend. Somit sind sie Wegbereiter für Harnwegserreger. Fazit Harnwegsinfektionen treten in vielen Sauen haltenden Betrieben auf. Gefährdet sind vor allem häufig sitzende Sauen. Bei diesen hat die Vulva direkten Kontakt zum Kot, der auf dem Spaltenboden liegt. Fundament- oder Klauenprobleme begünstigen das häufige Sitzen der Tiere. Alte Sauen oder zu fette Tiere haben ebenfalls oft Probleme mit Harnwegs-infektionen. Sie legen sich häufiger hin. Warnsignale der Erkrankung sind sinkende biologische Leistungen sowie eine Untertemperatur der Sauen. Beim Stallrundgang ist die Krankheit anhand von Ausfluss zu erkennen. Zudem setzen die Sauen ihren Harn stoßweise ab. Vorbeugende Maßnahmen sind eine gute innerbetriebliche Hygiene. Vor allem Kotreste müssen täglich entfernt werden. Zuglufterscheinungen müssen generell vermieden werden. Die Sauen brauchen ausreichend Wasser, und die Futterqualität muss in Ordnung sein.