Die Spezialisierung in der Schweinehaltung ist in den letzten Jahren weiter vorangeschritten. Auch sind die Bestände gewachsen. Vielen Schweinehaltern ist es gelungen, die Leistungen deutlich zu steigern. Die Herausforderungen an das Tiergesundheitsmanagement sind somit größer geworden. Gesunde Bestände sind wichtiger denn je, und eine schnelle Reaktion bei Krankheiten auch. Daher rückt die pathologisch-anatomische Untersuchung in Form der Sektion verstärkt in den Blickpunkt. Denn sie ermöglicht eine höhere Aussagekraft in der Diagnostik als rein klinische Erhebungen einschließlich labordiagnostischer Befunde. Doch auch im Zuge der Diskussion um den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung erlangt die Sektion eine neue Bedeutung. So sieht Dr. Ursula Gerdes, Geschäftsleiterin der Tierseuchenkasse in Hannover, die Hofsektion als eine wichtige Infoquelle, die letztlich auch zur Antibiotika-Reduktion beitragen kann. „Größere Bestände erhöhen den Infektionsdruck. Dadurch sind wir auf eine schnellere Diagnostik, schnellere Probengewinnung sowie schnellere Behandlung angewiesen. Die Sektion der kranken Tiere direkt auf den Betrieben ist eine schnelle und finanzierbare Bestandsdiagnostik.“ Doch Hofsektionen sind in Deutschland nicht erlaubt. Das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG) schreibt vor, dass tote Tiere sofort abgeholt oder getrennt nach den in der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 bestimmten Kategorien und separat von anderen Abfällen sowie geschützt vor Witterungseinflüssen aufbewahrt werden müssen. Sie dürfen nicht gehäutet, zerlegt oder aufgeschnitten werden, mit Ausnahme von nach EU-Verordnung (EG, Nr. 1069/2009) zugelassenen Tierarztpraxen, beamteten Tierärzten oder – im Falle dessen Verhinderung – beauftragten Tierärzten. Die Realität sieht laut Dr. Ursula Gerdes aber ganz anders aus. Es werden auch deshalb viele Hofsektionen illegal durchgeführt, weil es in Deutschland zu wenig zugelassene pathologisch-anatomische Diagnostik-Einrichtungen gibt. Mit den derzeit vorhandenen Instituten staatlich, universitär oder privatwirtschaftlich betrieben sei kein flächendeckendes Angebot zur pathologisch-anatomischen Untersuchung von Tieren zu realisieren. Zudem dienen Hofsektionen auch der Verkürzung der Hochrisikozeit bei Tierseuchen. Deutschland sei z. B. Weltmeister im Späterkennen der Schweinepest. Hofsektionen würden hier helfen. In anderen EU-Staaten seien sie erlaubt. Dr. Ursula Gerdes forderte daher deren Legalisierung unter bestimmten Rahmenbedingungen. Mehr Sektionen wünscht sich auch der Präsident der Bundestierärztekammer (BTK), Prof. Dr. Theodor Mantel: „Wir brauchen auf jeden Fall mehr Vollsektionen, doch es fehlen Einrichtungen, die das leisten können. Auch die Tierseuchenbekämpfung muss sich auf Befunde aus Sektionen stützen. Deshalb muss diese Mangelsituation abgestellt werden.“ Doch eine Legalisierung der Hofsektionen lehnt Prof. Mantel ab. Er begründet dies damit, dass der Fachtierarzt für Pathologie eine Weiterbildungszeit von fünf Jahren hinter sich hat. „Ein normaler Tierarzt kann sich dieses Wissen nicht nebenbei in noch so vielen Kursen aneignen“, erklärt Prof. Mantel. Die BTK ist aufgrund dieses Dilemmas zwischen zu wenig Pathologie-Laboren und mangelnder Qualifikation gespalten: „Eine offizielle Haltung der BTK zu diesem Thema gibt es nicht. Wir haben zwei Strömungen in unseren Reihen: Die einen wünschen sich tatsächlich eine Legalisierung, und die anderen lehnen diese kategorisch ab.“ Auch Frau Dr. Gerdes kennt den Vorwurf der mangelnden Qualifikation der praktischen Tierärzte. „Natürlich ist es wichtig, dass der durchführende Tierarzt die geeignete Sachkenntnis für die Sektion, Probenentnahme und den Versand der Proben hat und diese auch regelmäßig durch Fortbildungen erneuert. Dann aber ist es in meinen Augen durchaus möglich, eine Hofsektion erfolgreich durchzuführen.“ Um den Vorwurf der fehlenden Kenntnis zu entkräften, startet die Tierseuchenkasse gerade ein Projekt mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Außenstelle für Epidemiologie in Bakum. In einer Dissertation werden Diagnosen, gestellt auf der Grundlage von Hofsektionen, verglichen mit Diagnosen über herkömmliche Untersuchungswege. „Mit diesem Projekt wollen wir dazu beitragen, Hofsektionen zukünftig unter entsprechenden Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Sie sollen zusammen mit anderen Diagnostik-Möglichkeiten für eine schnellere und gezieltere Therapie genutzt werden.“ Doch nicht nur Fachkenntnis ist für Hofsektionen nötig. Will ein Landwirt auf seinem Betrieb Hofsektionen ermöglichen, so muss er neben den üblichen Biosicherheitsregeln wie Hygiene-Schleuse und Schwarz-Weiß-Prinzip dafür einen geeigneten separaten Raum einrichten, möglichst am Ende des Stalles, wo sich keine lebenden Tiere mehr befinden. Dessen Böden und Wände sollen leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein. Der Raum ist zudem ausreichend zu beleuchten. Ablagemöglichkeiten für Dokumentation und Arbeitsmaterial sind ebenfalls einzuplanen. Ein Waschplatz sowie die Entsorgung anfallender Flüssigkeiten und der Transport des Tierkörpers in flüssigkeitsdichten Behältern zum Kadaverlager müssen gesichert sein.„Die Organentnahme kann aus Seuchenschutzgründen nicht draußen stattfinden, und der geöffnete Tierkörper darf aus diesem Grund auch nicht draußen gelagert werden“, betont Dr. Ursula Gerdes. Und was passiert, wenn ein Tierarzt illegal eine Hofsektion durchführt? „Der Tierarzt macht sich strafbar“, erklärt Prof. Dr. Mantel. „Doch wo kein Kläger, da auch kein Richter. Ich als praktischer Tierarzt würde die Hofsektion aus Gründen möglicher Regressforderungen ablehnen. Wenn ich als Nicht-Pathologe eine falsche Diagnose stelle, falsche Proben nehme oder sogar eine Seuche verschleppe, kann das katastrophale Folgen haben.“ Das geht bei einem großen spezialisierten Bestand schnell mal in die 100 000 € Schaden. Ob das Risiko über eine Haftpflichtversicherung abgesichert werden kann, ist unklar. „Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Pathologen am Institut irren ist sehr viel kleiner als bei Hofsektionen. Da schauen ja viel mehr Personen auf die Präparate“, so Prof. Mantel. Der Veterinärmediziner hält es für den besseren Weg, mehr entsprechend ausgestattete Kühlfahrzeuge bereitzustellen, die Sammeltransporte zu den Einrichtungen durchführen, so wie es in den Niederlanden, in Dänemark und auch in Nordrhein-Westfalen gemacht wird. Bis allerdings eine Lösung – egal welcher Art – gefunden wird, dauert es sicherlich noch einige Zeit. Die zielgerichtete Organentnahme auf landwirtschaftlichen Betrieben bietet die Chance, kranke Tiere schneller und zielgerichteter zu behandeln. Doch die Hofsektion ist in Deutschland nicht erlaubt, denn im Falle einer Seuche könnte das Verschleppungsrisiko erhöht werden. Gegner weisen auch auf Haftungsfragen bei einer falschen Interpretation hin. Dennoch sollte die Organentnahme vor Ort unter bestimmten Rahmenbedingungen zugelassen werden. Hierzu gehören zum Beispiel bauliche und hygienische Voraussetzungen auf dem Betrieb. Zudem sollten nur speziell geschulte Tierärzte zur Hofsektion zugelassen werden. Noch ist kein Durchbruch auf dem Weg zur Legalisierung der Hofsektion in Sicht. Hofsektion: Schnelle Diagnose Qualifikation nicht vernachlässigen Vorwurf entkräften Geeignete Räume bereitstellen Haftungsrisiko beachten Fazit -Dr. Heike Engels, Syke- Seit einigen Jahren diskutieren Fachleute das Für und Wider einer Organentnahme auf dem Betrieb. Denn immer mehr Pathologie-Institute schließen.