Tierarzt Günter Mues führt Untersuchungen am Schlachtband durch, um Krankheiten schneller und effektiver zu behandeln.Wenn in der Mast die Lungenbefunde steigen, müssen beim Landwirt die Alarmglocken läuten. Denn die Befunde sind ein Frühwarnsystem für Atemwegsprobleme im Bestand“, betont Günter Mues. Der Tierarzt aus dem niedersächsischen Hilter bei Osnabrück betreut Schweinebetriebe in der Region. Für Mues liefern die Organbefunde frühzeitig Hinweise, ob in der Mast etwas aus dem Ruder läuft. Denn anbahnende Krankheiten sind an den Tieren im Stall oft noch gar nicht zu erkennen. Bei Bedarf fährt der Tierarzt dann in den Schlachthof und macht sich selbst ein Bild über den Zustand der Schlachttier-Lungen. Hierbei geht es insbesondere um Probleme in der Endmast. Denn frühere Erkrankungen lassen sich in der Regel nicht mehr erkennen. Beim Lungen-Check arbeitet Tierarzt Mues stets mit dem Berater des Betriebes und dem Schlachthof zusammen. Einen besonders guten Draht hat er zur Erzeugergemeinschaft Osnabrück (EGO), die selbst einen Schlachthof betreibt. Wie das Vorgehen bei Atemwegsproblemen aussehen kann, verdeutlicht der Tierarzt anhand eines Beispiels. Der Mastbetrieb mit Ferkelzukauf hat im letzten Quartal gut 500 Schlachtschweine vermarktet. Auffallend ist die hohe Anzahl von leichten und starken Brustfell-Verwachsungen auf den Schlachtabrechnungen. Sie betragen zusammen mehr als 10 %. „Wir sehen dringenden Handlungsbedarf, wenn ein Wert der Organbefunde über 3 % steigt“, erklärt Helmut Brinckmann, Berater bei der EGO. Um die Ursache der Brustfell-Verwachsungen zu finden, hat Tierarzt Mues die Lungen der Schlachttiere näher untersucht. Er nimmt dabei stets die gesamte Verkaufsgruppe unter die Lupe. „Wichtig ist auch, dass man mehrere Liefergruppen einbezieht. Nur so kann man das Ausmaß des Problems im Durchgang bewerten“, betont Mues. Beim Lungen-Check prüft der Tierarzt, ob die Organe neben den amtlich befundeten noch weitere Schäden aufweisen. Er kontrolliert insbesondere die Spitzenlappen der Lungen, wo Veränderungen in Farbe und Konsistenz auf Mykoplasmen-Probleme hindeuten können. Zudem tastet Guenter Mues die Lunge auf Verhärtungen ab. Denn sie sind ein Hinweis auf APP-Probleme. Im vorliegenden Fall stellte Mues keine weiteren Auffälligkeiten an den Lungen fest. Das heißt: Der Lungen-Check untermauert die amtlichen Organbefunde. Und das Problem fokussiert auf die Verwachsungen am Brustfell. Allerdings ist eine genaue Bestimmung der primär verantwortlichen Krankheitserreger im Schlachthof nicht möglich. Selbst die Zuordnung in bakterielle oder virale Erreger ist nicht zu treffen. „Ein Lungen-Check ist nur ein Baustein der gesamten Diagnose“, betont Mues. Im nächsten Schritt gleicht der Tierarzt die Schlachthof-Befunde daher mit der Situation im Mastbetrieb ab: Musste gegen Husten behandelt werden? Wann ist das Problem zum ersten Mal aufgetreten? Dies soll auch klären, ob es sich um ein typisches Mastproblem handelt oder die Beschwerden bereits im Sauenbetrieb aufgetreten sind. Ziel ist die Ursache einzugrenzen und eine erste Verdachtsdiagnose aufzustellen. Im Beispielbetrieb traten die Probleme schon im Flatdeck auf. Der Tierarzt schickte deshalb drei unbehandelte Aufzuchtferkel zur Sektion ins Labor. „Unsere Aufgabe als Berater ist dabei oft, die Landwirte für das Problem zu sensibilisieren und weitere Untersuchungen freizugeben“, erklärt Brinckmann. Tierarzt Mues hat eine umfangreiche Untersuchung der Lunge beauftragt. Sie umfasst eine Sektion mit visueller Bewertung sowie eine PCR zum direkten Erregernachweis. Zudem erfolgt ein Abstrich mit mikrobiologischer Untersuchung auf Atemwegserreger inklusive Resistenztest. Desweiteren beinhaltet die Untersuchung der Lunge eine histologische und immunhistologische Bewertung der Gewebeanschnitte. Die Gesamtkosten der Untersuchung belaufen sich auf 150 € je Lunge. Doch nur die detaillierte Laborananlyse liefert feste Hinweise zur Krankheitsursache. Wobei man für Rückschlüsse stets auch die Klinik im Stall sowie die Haltungsbedingungen der Tiere vor Augen haben muss. Denn die in den Schlachtlungen gefundenen Viren oder Bakterien können auch von im Krankheitsverlauf aufgesattelten Problemen stammen. Im vorliegenden Fall brachte die La-boranalyse eine Infektion mit haemophilus parasuis (Glässersche Krankheit) ans Licht. Sie ist als Akutmaßnahme in der Mast durch eine Antibiose behandelbar. Zur Vorbeuge bietet sich ein Impfprogramm bei den Sauen und Ferkeln an. Tierarzt Mues erwartet, dass die Organbefunde künftig an Bedeutung gewinnen. Denn sie sind ein guter Weg, die Krankheitsursachen schneller zu finden und den Antibiotika-Einsatz zu vermindern. Dabei sind die Schlachthöfe gefordert, das amtliche Befundungssystem zu vereinheitlichen und zu optimieren. „Die Schlachthof-Checks helfen dann auch, den Erfolg von tierärztlichen Maßnahmen besser zu kontrollieren“, fasst Günter Mues zusammen. -fs- Lungen-Check am Schlachtband Abgleich mit Klinik Organbefunde künftignoch wichtiger