Haltung und Management beeinflussen den Verlauf der Enzootischen Pneumonie. Verursacher sind Mykoplasmen. Die Diagnose stellt hohe Ansprüche an den Tierarzt. In letzter Zeit werden wieder vermehrt Lungenschäden am Schlachtband beobachtet. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Enzootische Pneumonie (EP) hingewiesen, die durch das Bakterium Mycoplasma hyopneumoniae verursacht wird. Diese Atemwegserkrankung ist weltweit in Regionen mit intensiver Tierhaltung verbreitet und verursacht hohe ökonomische Schäden. Selbst Impfungen und die Verabreichung von Antibiotika können Infektionen nicht verhindern; die Ausprägung der Krankheit lässt sich aber deutlich reduzieren. Von der Erkrankung betroffen sind vorrangig ältere Läuferschweine, Mastschweine und junge Zuchttiere. Die Erreger besiedeln zunächst die oberen Atemwege des Schweins. Die eigentliche Infektion geht jedoch mit einer Vermehrung der Mykoplasmen in den unteren Atemwegen einher. Akut erkrankte Schweine können eine erhöhte Körpertemperatur über 41 °C aufweisen. Leiden die Tiere bereits chronisch an der Erkrankung, fallen sie durch anhaltenden Husten, geringere tägliche Gewichtszunahmen und eine schlechtere Futterverwertung auf. Todesfälle sind dagegen selten. Der Erreger breitet sich im Bestand nur langsam aus. Er hält sich dort häufig über sehr lange Zeiträume. Auch das einzelne Tier bleibt mitunter lebenslang Träger von Mycoplasma hyopneumoniae und kann wiederkehrend daran erkranken. Jüngere Tiere unter 15 Lebenswochen, Altsauen und Eber sind häufig symptomlose Träger des Erregers. Anhand der Klinik kann der Tierarzt bereits eine Verdachtsdiagnose stellen. Zur genaueren Abklärung müssen allerdings weiterführende Untersuchungen erfolgen. Eine Sektion erlaubt z. B. eine gute Abschätzung des Problems, da sich häufig typische Veränderungen an den Spitzenlappen der Lunge mit dunkel- bis blaurot verfärbten Bereichen und teils verbreitertem Bindegewebe zeigen. Aus Kostengründen können jedoch nur Einzeltiere untersucht werden. Alternativ kann der Tierarzt einen „Lungen-Check“ auf dem Schlachthof bei einer größeren Anzahl von Schweinen durchführen. Der Lungen-Check gibt sehr gute Hinweise auf Erkrankungshäufigkeit und -schwere. Dabei muss allerdings zwischen den typischen, krankheitsbedingten und ggfs. durch den Schlachtprozess verursachten Lungenveränderungen unterschieden werden. Zur endgültigen Diagnose erfolgt der Erregernachweis über die PCR-Methode. Auch das Anzüchten in einer Bakterienkultur ist möglich, aber langwierig. Als Untersuchungsmaterial eignen sich Nasentupfer oder Tupfer der Rachenmandeln, so genannte Tonsillenkratzproben. Wobei ein positives Ergebnis zunächst nur eine Besiedelung der Nasenhöhlen bzw. des Rachenraumes und nicht zwangsläufig eine Infektion der Lunge zeigt. Zielführender sind Untersuchungen von Flüssigkeiten aus der Spülung der Luftröhre/Bronchien (BALF) sowie Lungengewebe. Wobei sich der Erreger zu Beginn der Infektion häufiger in BALF und im Stadium der chronischen Infektion häufiger im Lungengewebe nachweisen lässt. Beide Untersuchungsverfahren sind etwa ab der 12. bis 15. Lebenswoche möglich. Auch der indirekte Nachweis über Antikörper gegen M. hyopneumoniae ist möglich. Allerdings muss bedacht werden, dass Antikörper zum Teil erst vier bis sechs Wochen nach der Infektion nachweisbar sind. Der hierfür eingesetzte so genannte ELISA-Test kann jedoch nicht unterscheiden, ob die Antikörper von einer Impfung, aus der Biestmilch oder einer Infektion stammen. Dies macht die Befund-Interpretation gerade bei geimpften Ferkeln bis zu einem Alter von etwa zehn bis zwölf Wochen sehr schwierig. Da Impf-Antikörper jedoch nur wenige Wochen nachweisbar sind, kann ein Nachweis bei älteren Tieren als Zeichen einer Infektion gewertet werden. Ferner ist zu beachten, dass bei indirekten Erreger-Nachweisen stets die Möglichkeit eines falsch positiven Ergebnisses besteht, wobei das Risiko bei den in Deutschland gängigen Testsystemen als gering einzustufen ist. Ein neuer Ansatz besteht in der gezielten Bestimmung des so genannten „Hustenindex“ bei der Bestandsuntersuchung. Dabei wird nach Treiben der Tiere die Anzahl von Hustenanfällen in einer Bucht gezählt. Anschließend erfolgt eine Berechnung des Hustenindex je 100 Schweine und Minute. In einer aktuellen Forschungsarbeit wurde ein starker Zusammenhang zwischen dem Nachweis von M. hyopneumoniae und einem Hustenindex von über 2,5 % belegt. Damit stellt der Hustenindex ein wertvolles Hilfsmittel dar, um mit geringem Aufwand die diagnostische Aussagekraft der klinischen und serologischen Untersuchung zu erhöhen und macht unter bestimmten Umständen einen direkten Erregernachweis mit der im Vergleich zum ELISA deutlich teureren PCR überflüssig. Eine weiterer Trend ist die Entwicklung und Etablierung moderner Typisierungsmethoden für M. hyopneumoniae. Aktuell konnte gezeigt werden, dass die Erreger sich genetisch nicht nur zwischen verschiedenen Herden unterscheiden können. Auch innerhalb eines Bestandes und sogar in einzelnen Tieren wurden teils mehrere unterschiedliche Stämme nachgewiesen. Es wird vermutet, dass insbesondere in Beständen mit einer unzureichenden Eingliederungsphase für Jungsauen und -eber oft mehrere Stämme von M. hyopneumoniae zirkulieren und darunter nicht selten auch hoch virulente Stämme vorkommen. Neue Stämme des Erregers können in den Bestand eingetragen werden, wenn z.B. entgegen der Empfehlung der Jungsauenlieferant gewechselt und nicht aus Erreger-freien Beständen zugekauft wird. In Deutschland sind zurzeit verschiedene Impfstoffe zur Bekämpfung der Enzootischen Pneumonie beim Schwein zugelassen (s. Kasten auf Seite 58). Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie klinische Anzeichen und Schäden an der Lunge mindern können. Die Infektion und die Erkrankung selbst verhindern sie jedoch nicht. Wesentliche Unterschiede zwischen den einzelnen Impfstoffen bestehen in der Häufigkeit der Anwendung (1-Shot oder 2-Shot), den enthaltenen Hilfsstoffen (Adjuvans) und dem Alter, ab dem der Impfstoff erstmalig angewendet werden darf. Üblicherweise werden Ferkel innerhalb der ersten drei bis vier Lebenswochen erstmalig geimpft. Erfolgt die Impfung mit einem 2-Shot-Impfstoff, muss diese nach zwei bis vier Wochen – entsprechend der jeweiligen Zulassung – wiederholt werden. In Herden, in denen die Infektion mit M. hyopneumoniae erst in der Mittel- oder Endmast auftritt, kann die Impfung auch später erfolgen. Die sehr „frühe“ Impfung von Saug-ferkeln am Ende der ersten Lebenswoche hat den Vorteil einer sich frühzeitig aufbauenden Immunität und geht häufig mit einem geringeren Arbeitsaufwand einher, weil die Impfung zusammen mit anderen Maßnahmen durchgeführt werden kann. Ein möglicher Nachteil ist jedoch, dass ihre Wirkung durch das Vorhandensein von Antikörpern aus der Biestmilch abgeschwächt werden kann. Zudem wird eine mögliche Auslösung von PCV-2-assoziierten Erkrankungen diskutiert, sofern sich die Ferkel zeitnah zur Impfung damit infizieren. Grundsätzlich sollte daher das Impfschema an die jeweilige Situation im Bestand angepasst werden. Auch die Anwendung eines 1-Shot-Impfstoffs gegen M. hyopneumoniae in Kombination mit einem Impfstoff ge-gen PCV-2 in der dritten Lebenswoche kann im Einzelfall zu einem Misserfolg in der gleichzeitigen Bekämpfung der Enzootischen Pneumonie und PCV-2- assoziierten Erkrankungen führen. In diesem Fall muss das Impfschema kritisch hinterfragt und gegebenenfalls angepasst werden. Ferner sollten Jungsauen und -eber während der Eingliederungsphase unbedingt in die Impfmaßnahmen einbezogen werden. Dies gilt auch für Tiere aus Mykoplasmen-freien Herden, die sich in der Altsauenherde infizieren könnten und dann über längere Zeit hohe Erregermengen ausscheiden würden. Ein Risiko geht aber auch von Zuchtschweinen aus Herden mit hoher Belastung durch M. hyopneumoniae aus. Diese möglicherweise bereits erkrankten Jungsauen scheiden größere Mengen der Erreger oft auch noch nach der Eingliederungsphase aus. Der Einfluss einer Impfung von Sauen auf die Infektionsdynamik im Bestand und auf den Erfolg der aktiven Immunisierung von Ferkeln gegen M. hyopneumoniae ist nur wenig untersucht. Bislang vorliegende Studien lassen aber vermuten, dass sowohl dem verwendeten Impfstoff bei den Sauen als auch dem Impfzeitpunkt bei den Ferkeln eine Bedeutung zukommt. Auch eine Impfung von Sauen in Kombination mit einer „späten“ Impfung von Absetzferkeln in der sechsten Lebenswoche kann sinnvoll sein. Mit dieser Strategie erzielt man in geschlossenen Systemen, in denen die Infektion mit M. hyopneumoniae während der Mittelmast auftritt, den gleichen Erfolg wie ein klassisches Impfschema mit früher Saugferkelbehandlung. Vorteile ergeben sich aus der verringerten Anzahl von Impfungen im Vergleich zur Anwendung einer 2-Shot-Impfung von Ferkeln, die zum Aufbau einer belastbaren Immunität bei Mastschweinen benötigt wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass in diesem Fall eine Beeinflussung der Impfwirkung durch Antikörper aus der Biestmilch nahezu ausgeschlossen werden kann und die Ferkel nicht mehr während der sensiblen Säugephase geimpft werden müssen. Sollte es trotz entsprechender Impfmaßnahmen zu einer Erkrankung kommen, sind antibiotische Behandlungen das Mittel der Wahl. M. hyopneumoniae besitzt eine natürliche Resistenz gegenüber Antibiotika wie Penicillin und Amoxicillin. Zur antibiotischen Behandlung der Enzootischen Pneumonie eignen sich Lincosamide, Pleuromutiline, Fluorchinolone, Florfenicole und Aminoglykoside. Bei der Auswahl des Wirkstoffs sollte die Resistenzsituation berücksichtigt werden, die allerdings stammspezifisch ist. Das heißt, dass der im Rahmen von Zulassungsverfahren häufig an M. hyopneumoniae „strain J“ ermittelte MHK-Wert (Maß für den Grad der Resistenz) eines Antibiotikums zwangsläufig mit dem MHK-Wert für den im Bestand nachgewiesenen Erreger übereinstimmt. Dies bedeutet, dass auch ein als wirksam geltendes Medikament bei der Anwendung im Bestand unter Umständen keine Wirkung zeigen kann. In einer Studie zur aktuellen Resistenzsituation waren etwa 25 % aller Isolate von M. hyopneumoniae resistent gegenüber Fluorchinolonen, gegenüber Oxytetracyclin und Doxycyclin waren dagegen alle Isolate sensibel. Eine antibiotische Behandlung von Läuferschweinen oder Mastschweinen wird, sofern die Gebrauchsinformationen des jeweiligen Präparats es zulassen, üblicherweise über ein bis drei Wochen durchgeführt. Die strategische Behandlung von Sauen ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine häufige Übertragung des Erregers von Sauen auf Ferkel nachgewiesen wurde oder eine große Zahl ungeimpfter Jungsauen in die Herde integriert wurde und klinische Symptome bestehen. Eine vollständige Verdrängung des Erregers (Eradikation) von M. hyopneumoniae aus Schweinebeständen ist grundsätzlich möglich. Dies wird zum Beispiel durch Teilsanierung mit Jungtier-freiem Intervall und strategischer Behandlung aller verbleibenden Tiere oder einem vollständigen Austausch des gesamten Bestandes erreicht. Allerdings sind die Kosten des Eradikations-Programms selbst und der fortlaufenden Kontrolle der Erregerfreiheit hoch. Auch sollte in schweinedichten Regionen das Risiko einer erneuten Infektion nicht unterschätzt werden. Diese Sachverhalte sprechen derzeit gegen Eradikations-Programme in positiven Beständen. Die Enzootische Pneumonie beim Schwein, verursacht durch die häufig endemische Infektion mit M. hyopneumoniae, ist in Deutschland nach wie vor stark verbreitet. Eine korrekte Diagnose verlangt vom Hoftierarzt die Kombination verschiedener Untersuchungsmethoden sowie die kritische Interpretation der Laborergebnisse. Die Bekämpfung erfordert zum einen eine Reduktion von Risiko- und Belastungsfaktoren. Zum anderen kann sie durch Impfungen und/oder antibiotische Behandlung unterstützt werden. Der annähernd flächendeckende Einsatz von Impfstoffen gegen M. hyopneumoniae bei Ferkeln beeinflusst jedoch nur die Ausprägung der Erkrankung, während die Infektion nicht verhindert werden kann. Läufer- und Mastschweine oft betroffen Nachweis am besten per Lungenspülung Neu: Hustenindex und Erreger-Typisierung Weniger Lungenschäden durch Impfung Bei Misserfolgen schnell reagieren Antibiotika gezielt einsetzen Fazit -Dr. Christina Nathues, Universität Bern, Dr. Heiko Nathues, Royal Veterinary College London, Prof. Dr. Elisabeth große Beilage, TiHo Hannover, Bakum-