APP kann in der Mast zu erheblichen Atemwegsproblemen und plötzlichen Todesfällen führen. Impfungen können helfen, den Erregerdruck zu senken.
Prof. Dr. Marcelo Gottschalk, Universität Montreal, Kanada
In der Mast tritt immer wieder Husten auf, der mit erhöhten Verlusten einhergeht. Daran kann der Erreger Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) Schuld sein. APP löst eine Pleuropneumonie aus – hierbei handelt es sich um eine Lungenentzündung.
Häufig trifft es die älteren Masttiere. Neben den klassischen Infektionen von 70 bis 80 kg schweren Masttieren mit bis zu 10 % Verlusten können auch Flatdeckferkel oder Jungsauen erkranken. In akuten Fällen zeigt sich neben hohem Fieber und hochgradiger Atemnot ein blutiger Schaum, der aus Maul und Nase austritt. Bei chronischen Verläufen werden unspezifische Symptome wie Husten und Kümmern beobachtet; die Tageszunahmen sinken.
Akute Fälle: Antibiotika hilft
Anhand der klinischen Symptome kann nur eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Die sicherste Diagnose erhält man durch die Sektion eines erkrankten, unbehandelten Tieres. Der Nachweis kann durch eine kulturelle Anzüchtung des Erregers oder per Polymerase-Kettenreaktion (PCR) erfolgen. Für die Serologie stehen zudem verschiedene ELISA-Tests zur Verfügung. Es können Antikörper verschiedener Serotypen des Erregers unterschieden werden (siehe Kasten).
Wird die Verdachtsdiagnose bestätigt, muss oftmals die gesamte Tiergruppe antibiotisch behandelt werden. Sollten die Tiere bei einem perakuten oder akuten Verlauf schlecht fressen, sind sie per Injektion zu versorgen. Ansonsten erfolgt die Medikation über das Futter.
Für die Auswahl des geeigneten Antibiotikums ist es wichtig, den APP-Erreger zu isolieren und ein Antibiogramm zu erstellen. Die Behandlung erstreckt sich in der Regel über einen längeren Zeitraum. Bei einem zu frühen Absetzen des Medikaments können die klinischen Symptome wieder aufflackern.
In Betrieben mit APP-Problematik sind häufig die Antibiotikaverbräuche deutlich über dem Durchschnitt. Um weniger antibiotisch zu behandeln, muss die Krankheit unter Kontrolle gebracht werden.
Rein-Raus beugt vor
Dies erfordert flankierende Maßnahmen zur Verbesserung der Hygiene sowie ein konsequentes Rein-Raus-Verfahren in den Produktionsabschnitten. Dazu gehören eine Gruppenabferkelung ebenso wie das Vermeiden von Mischgruppen und -abteilen. Zudem sind die Umgebungsbedingungen (Belüftung, Temperatur usw.) zu kontrollieren sowie Infektionskrankheiten wie Mykoplasmen oder Influenza einzudämmen.
Als weitere Vorbeugemaßnahme bietet sich die Impfung gegen APP an. Heute stehen mehrere kommerzielle Impfstoffe zur Verfügung. Es werden Ganzzellimpfstoffe eingesetzt, die einen bestimmten Serotyp bzw. mehrere Serotypen abdecken. Oder es handelt sich um Impfstoffe auf Toxoid-Basis (siehe Übersicht Seite 38).
Impfstoffe weiterentwickelt
Hintergrund ist, dass unterschiedliche APP-Stämme ein oder mehrere Toxine bilden, die krankmachende Läsionen in der Lunge verursachen. Der durch diesen Vakzinetyp vermittelte Impfschutz erstreckt sich in der Regel auf sämtliche Serotypen.
Gegen diesen Impfstoff entwickelte Antikörper neutralisieren die Toxine, reagieren aber nicht mit den APP-Bakterien. Das heißt, dass sich die Bakterien weiterhin in der Lunge vermehren und Toxine freisetzen.
Inzwischen gibt es auch Kombi-Impfstoffe. Das sind Bakterienimpfstoffe gegen spezifische Serotypen, die um einen gereinigten Impfstoff auf Toxoid-Basis ergänzt sind. Die produzierten Antikörper enthalten antibakterielle Komponenten sowie Antitoxin-Bestandteile.
Bei bestimmten Serotypen und dem Versagen der kommerziellen Impfstoffe kann es zudem sinnvoll sein, einen stallspezifischen Impfstoff aus den im Bestand isolierten APP-Stämmen herstellen zu lassen.
Welche Vakzine und welches Konzept sich anbieten, sollte mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt besprochen werden. Der Bekämpfungsplan ist auf die betriebliche Situation sowie die Begleitumstände zuzuschneiden.
Ferkel nicht zu früh impfen
Sollen die Ferkel geimpft werden, empfiehlt es sich, wegen der starken Überlagerung mit maternalen Antikörpern die erste APP-Impfung erst in der zweiten Hälfte der Ferkelaufzucht durchzuführen. Die Boosterung erfolgt dann nach Herstellerempfehlung im Abstand von zwei bis vier Wochen.
Der Impfzeitpunkt ist gegebenenfalls dem Alter, in dem klinische Symptome auftreten, anzupassen. Dies gilt insbesondere beim Auftreten von APP-Erkrankunge am Ende der Mast. Dabei ist zu beachten, dass bei manchen kommerziellen Impfstoffen der Produktinformation zufolge der Impfschutz verzögert eintritt und ein optimaler Impfschutz erst fünf bis sechs Wochen nach der Grundimmunisierung erreicht wird.
Eine erfolgversprechende Strategie ist, auch die Sauen zu impfen. Denn in positiven Herden infizieren sich die Ferkel oftmals bereits während der Säugezeit. Um den Erregerdruck auf die Ferkel zu senken, ist die Mutterschutzimpfung ein probates Mittel.
In diesem Falle gehören zur Grundimmunisierung zwei Impfungen, wobei die letztere drei Wochen vor dem Abferkeln durchzuführen ist. Die Wiederholungsimpfung erfolgt dann jeweils drei Wochen vor jedem Abferkeln.
Ergänzende Sauenimpfung
Einige Betriebe arbeiten auch sehr erfolgreich mit Bestandsimpfungen im Abstand von vier Monaten. Unabhängig davon sind bei dem Konzept immer auch die Jungsauen einzubeziehen. Bei ihnen erfolgt die Grundimmunisierung während der Quarantänezeit.
Die Mutterschutzimpfung ermöglicht, dass die Ferkel maternale Antikörper aufnehmen und zunächst geschützt sind. Über diesen Weg kann die Anzahl der Trägertiere beim Absetzen verringert und der Erregerdruck gesenkt werden. Beim Einhalten des Rein-Raus-Systems treten so seltener klinische Symptome sowohl in der Aufzucht als auch in der Mast auf. Der Aufbau des Schutzes gelingt jedoch nur mithilfe von Impfstoffen, die Bestandteile von Bakterien enthalten. Gegen produzierte Toxine gerichtete Antikörper haben diese Wirkung nicht.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob APP-positive Sauenbestände saniert werden können. Doch das Verfahren zur Erlangung der Erregerfreiheit ist schwierig und aufwendig. Daher ist dieses Konzept nur in besonderen Fällen zu empfehlen, z.B. für ausgewählte Zuchtbetriebe.
Eine vorbeugende APP-Grundimmunisierung der Jungsauen bietet sich auch an, wenn die Remonten-Tiere aus nachweislich APP-negativen Beständen stammen, die Sauenherde aber APP-positiv ist. Hier gilt der Vorteil des Kombi-Impfstoffes wie bei den Sauen.
Impfreaktion kaum messbar
Ob eine APP-Impfung einen hohen Antikörperspiegel zur Folge hat, lässt sich leider nicht so einfach erfassen. Dies wäre für Mäster interessant, die APP-geimpfte Tiere einstallen und kontrollieren möchten. Doch der Test zum Impfschutz gestaltet sich äußerst schwierig.
So ist bei der Anwendung eines Bakterienimpfstoffs kein kommerziell erhältlicher ELISA-Test in der Lage, die Impfreaktion korrekt nachzuweisen. Denn die Tests wurden im Hinblick auf den Nachweis einer Infektion und nicht einer Immunisierung standardisiert. Lediglich mithilfe individuell angepasster ELISA-Tests, die das gesamte Bakterium als Antigen enthalten, lässt sich die Antikörperreaktion messen. So können die Antikörpertiter vor und nach der Immunisierung verglichen werden.
Bei der Verwendung eines Impfstoffs auf Toxin-Basis wird es noch schwieriger. Denn es ist derzeit kein Test zur Messung von Antikörpern gegen APX I, II und III erhältlich. Da hierfür gereinigte Antigene benötigt werden, können diese Tests nur von Impfstoffherstellern durchgeführt werden. Auch der APX IV-ELISA-Test kann nicht verwendet werden, da dieses Toxin niemals nach einer Impfung, sondern nur nach Infektion produziert wird.
Fazit
APP-Infektionen können eine Lungenentzündung mit klinischen Symptomen auslösen. In akuten Fällen ist in der Regel eine antibiotische Gruppenbehandlung unausweichlich.
Um dauerhaft den Infektionsdruck zu senken, muss die Hygiene und der Tierfluss im Produktionssystem verbessert werden. Gleichzeitig können Impfkonzepte gegen APP eine Option sein.
Welcher Impfstoff dabei zum Einsatz kommt, hängt u.a. vom Vorhandensein unterschiedlicher Serotypen ab. Der eindeutige Nachweis von Impf-Antikörpern über kommerzielle ELISA-Tests ist in APP-positiven Herden nicht möglich.