In letzter Zeit wird vermehrt über den erfolgreichen Einsatz der Homöopathie in Schweinebeständen berichtet. Nach wie vor stehen viele Landwirte dem Thema aber skeptisch gegenüber, weil sie den Einstieg scheuen oder glauben, Homöopathie sei mit ihrer Betriebsführung nicht zu vereinbaren. Der Entschluss die Homöopathie im Schweinestall anwenden zu wollen bedeutet nicht, dass man auf die vertraute Betriebsführung oder auf die Schulmedizin komplett verzichten muss. Es ist durchaus möglich, mit dem altbekannten "Tierarzt des Vertrauens" weiterzuarbeiten. Voraussetzung für einen Einstieg ist lediglich eine gewisse Neugier, Lernbereitschaft und vor allem Freude am Umgang mit den Tieren, da die Homöopathie ein genaues Beobachten der Tiere erfordert. Homöopathie: Keine Wartezeiten und Resistenzen Bevor man sich zur Anwendung homöopathischer Arzneimittel entschließt, sollte man einige Dinge beachten: Die Homöopathie ist nicht dazu geeignet, Fehler im Management auszugleichen. Sie ist auch nicht billiger als die Schulmedizin. Die Homöopathie erfordert gerade zu Anfang mehr Zeitaufwand. Zum einen für die Beobachtung der Tiere und zum anderen besonders bei Sauen auch für die Verabreichung der Homöopathika. Das Verfahren hat seine Grenzen. Die Homöopathie kann zum Beispiel nicht die Gabe von Antiparasitika oder sämtliche Impfungen ersetzen. Bei der Behandlung von Krankheiten liegen die Grenzen dort, wo die Selbstheilungskräfte des Körpers verloren gegangen sind. Dies ist bei Knochenbrüchen, Tumoren, schweren Blutvergiftungen, Darmverschlingungen oder Ähnlichem der Fall. Den genannten Nachteilen stehen aber auch viele Vorteile gegenüber: Beim Einsatz von homöopathischen Arzneimitteln gibt es keine Wartezeiten und keine Resistenzbildung. Der Einsatz von Antibiotika wird reduziert. Damit kann im Laufe der Zeit die Resistenzlage des Bestandes verbessert werden. In vielen Bereichen kann gezielt Prophylaxe betrieben werden, also bereits das Entstehen einer Krankheit vermieden werden. Dies erfolgt z. B. durch die Steigerung der Abwehrkräfte, aber auch durch das Vermindern von Stress und aggressivem Verhalten beim Umstallen oder bei der Geburtsvorbereitung. In den oben genannten Bereichen stehen schulmedizinische Präparate meistens nicht oder nur unzureichend zur Verfügung. Die Anwendung der Homöopathika ist sehr tierfreundlich, da die Arzneimittel in der Regel oral verabreicht werden. Bei Wurf- oder Bestandsbehandlungen kann die Verabreichung auch bequem über die Tränke oder das Futter erfolgen. Der Verbraucher braucht keine Rückstände im Fleisch zu befürchten und steht daher homöopathischen Behandlungsweisen oft sehr positiv gegenüber. Arbeitskreise für Einsteiger Soll ein homöopathisch arbeitender Tierarzt sich an der Bestandsbetreuung beteiligen, so kann das in der Regel in Zusammenarbeit mit dem "alten Tierarzt" geschehen. Zumal kein seriös arbeitender Betreuer einem Betrieb den abrupten Umstieg empfehlen wird. Vielmehr sollte der Einsatz von Homöopathika gerade zu Beginn begleitend zur Schulmedizin geschehen. Erfahrungsgemäß dauert es einige Monate,Monate, bis die Tiere eines Bestandes auf die homöopathische Behandlung ansprechen, besonders wenn in der Vergangenheit häufig mit Antibiotika gearbeitet werden musste. Die Übergangszeit kann also vorübergehend (!) etwas höhere Kosten verursachen. Dafür ist man bei dieser Vorgehensweise aber auf der sicheren Seite was den Gesundheitsstatus des Bestandes und den Erfolg der Homöopathie betrifft. Schritt für Schritt wird der Einsatz von Antibiotika, fiebersenkenden Mitteln usw. zurück-gehen. Der Gesundheitsstatus des Bestandes wird verbessert, und die Fähigkeit der Tie-Tintürlich nicht alles auf Anhieb funktioniert. Anderen wird der Zeitaufwand zu hoch erscheinen. Aus den Gesprächen mit anderen Landwirten und natürlich mit dem homöopathisch arbeitenden Tierarzt kann man immer wieder Motivation schöpfen. Mit der Geburtsvorbereitung beginnen Gerade im Abferkelbereich hat sich eine kleine Anzahl von homöopathischen Arzneien bewährt. Das erleichtert den Einstieg in den Bereich "rund um die Geburt" auch ohne tief greifende Homöopathiekenntnisse sehr. Zu den geeignetsten Mitteln zählt Caulore zur Selbstheilung wird gestärkt. Beinahe wichtiger als das Hinzuziehen eines homöopathisch ausgebildeten Tierarztes ist es, sich selbst einem Arbeitskreis homöopathisch interessierter oder arbeitender Landwirte anzuschließen. Diese werden in der Regel von homöopathisch ausgebildeten Tierärzten geleitet, so dass man Schritt für Schritt dazulernen kann. Hier bekommt man auch geeignete Tipps zur Literatur für das Selbststudium und kann sich mit anderen Landwirten austauschen. Der Austausch ist besonders für Einsteiger wichtig. Denn wie alles im Leben will der Einsatz von Homöopathika geübt sein und so mancher verliert als Einzelkämpfer schnell den Mut oder die Geduld, weil na-phyllum (Frauenwurzel). Das Mittel wird in der Regel in einer D 30-Potenz gegeben (siehe Kasten oben). Caulophyllum ist heute das wichtigste Mittel zur Geburtsvorbereitung, bei Wehenschwäche oder bei Verkrampfungen des Gebärmuttermundes. Es ist ein zuverlässiges Präparat um den Geburtsvorgang zu beschleunigen. Weitere um den Geburtszeitraum eingesetzte Mittel sind Pulsatilla (Küchenschelle), Lachesis muta (Buschmeisterschlange), Sepia (Tintürlich tenfisch) oder Sabina (Sadebaum). Aus einigen dieser Substanzen lassen sich für jeden Betrieb individuell Komplexmittel zusammenstellen. Der Einsatz von Komplexmitteln hat sich in der Praxis bewährt. So muss z. B. bei einer Gruppe von Sauen, die zur Abferkelung anstehen, nicht auf jedes einzelne Tier eingegangen werden, und damit bleibt das Ganze einigermaßen praktikabel. Die Mittel werden den Sauen in der Regel spätestens zwei oder drei Tage vor dem errechneten Geburtstermin verabreicht. Als besonders angenehm für Sau und Mensch hat sich die orale Gabe bewährt. Außerdem erfolgt die Resorption von homöopathischen Arzneimitteln am besten über die Schleimhäute. Wie zubereiten, wie verabreichen? Bei der Verabreichung bekommen Sauen entweder 1,5 ml einer alkoholischen Lösung oder 10 bis 15 aufgelöste Globuli (Milchzuckerkügelchen) mit einer zwei oder fünf Milliliter großen Plastikspritze ins Maul gespritzt. Im Gegensatz zu einer Gabe über das Futter ist so eine sichere Aufnahme des Medikaments gewährleistet. Um nicht für jede Sau einzeln zehn bis 15 Kügelchen abzählen und auflösen zu müssen, kann man eine gewünschte Menge an Globuli in einem sauberen Gefäß auf Vorrat ansetzen. Dies kann zum Beispiel in einer Lösung aus Alkohol und Wasser geschehen. Die Lösungen müssen natürlich innerhalb von ein paar Tagen verbraucht werden und die Entnahme muss möglichst sauber erfolgen. So lassen sich auch Komplexmittel mit mehreren Substanzen herstellen. Die orale Eingabe erfordert bei ungeübten Sauen und Landwirten anfangs allerdings etwas Mut. Die Sau ist vor der Eingabe immer anzusprechen und zuerst freundlich zu klopfen. Wichtig ist auch, dass die Hand nicht frei schwebend vor dem Maul der Sau steht, sondern Kontakt zum Kopf, z. B. am Maulwinkel, hält. Macht die Sau dann Abwehrbewegungen in Richtung Hand, stößt sie diese automatisch mit weg. Die Erfahrungen zeigen aber, dass die meisten Sauen sehr schnell lernen und insbesondere die alkoholischen Lösungen sehr gerne einnehmen. Natürlich kann den Sauen die homöopathische Lösung auch injiziert werden. Aber je weniger die Sauen mit der Spritze Kontakt haben, desto ruhiger werden sie und desto mehr Vertrauen haben sie, was gerade beim Versorgen der Ferkel rund um die Geburt wie Anlegen, Umsetzen, Trockenreiben usw. sehr angenehm ist. Noch ein Hinweis: Wer die Geburtsvorbereitung zum Einstieg in die Homöopathie benutzt, wird anfangs nicht gänzlich auf eine Behandlung der Sauen mit schulmedizinischen Präparaten verzichten können. Im Laufe der Zeit wird sich die Anwendung aber bis auf Einzelfälle reduzieren. Das jedenfalls zeigen die Erfahrungen aus landwirtschaftlichen Betrieben. Homöopathie auch in der Mast möglich Ist der Einstieg in die Homöopathie erst einmal gelungen, kann man sich weiteren Anwendungsgebieten widmen. Homöopathisch behandelnde Betriebe berichten zum Beispiel von erfolgreichen Anwendungen im Bereich der MMA-Behandlungen oder der Rauscheanregung. Übersicht 1 gibt Hinweise auf die in der Praxis eingesetzten Präparate. Pauschale Anwendungsempfehlungen sind aber nicht möglich, da immer die individuellen Probleme im Bestand zu berücksichtigen sind. Außer bei den Sauen lassen sich homöopathische Mittel auch in der Ferkelaufzucht und in der Mast einsetzen. Ein Schwerpunkt bilden dabei vorbeugende Maßnahmen. Das heißt, dass zum Beispiel nach dem Absetzen oder nach dem Umstallen in den Mastbereich homöopathische Mittel verabreicht werden, die die Abwehrkraft des Tieres steigern. Beispiele für Anwendungsmöglichkeiten bei Ferkeln und Masttieren sind in Übersicht 2 dargestellt. Anders als bei den Sauen bietet es sich bei Ferkeln bis 30 kg an, die Homöopathika durch Einsprühen der Rüsselscheibe zu verabreichen. Dies kann ganz einfach mit Hilfe einer Blumenspritze, wie sie aus dem Gartenbereich bekannt ist, geschehen. Bei größeren Tieren reicht die über die Rüsselscheibe Rüsselscheibe aufgenommene Menge an Arzneimitteln in der Regel dann aber nicht mehr aus. Im Maststall können die Mittel deshalb problemlos über das Trinkwasser oder die Flüssigfütterung verabreicht werden. Homöopathika sind apothekenpflichtig Die gängigen homöopathischen Arzneimittel sind für die Anwendung beim Menschen entwickelt und zugelassen worden. Sie dürfen aber ab einer Verdünnung von D 6 bzw. C 3 und höher ohne Einhaltung einer Wartezeit beim Lebensmittel liefernden Tier angewendet werden. Die Arzneimittel sind apothekenpflichtig und müssen daher vom Hoftierarzt verordnet werden. Sie können also nicht in der Apotheke direkt bezogen werden, da der Apotheker ja die bei Lebensmittel liefernden Tieren notwendige Bestandsuntersuchung nicht vornehmen kann. Alle Verabreichungen sind grundsätzlich im Bestandsbuch mit der Nummer des jeweiligen Arzneimittelabgabeund Anwendungsbelegs einzutragen. Homöopathische Tierarzneimittel, d. h. als solche unter Angabe der Tierarten, der Anwendungsgebiete, Dosierungen und eventueller Wartezeiten gekennzeichnete Homöopathika, dürfen auch ohne Verordnung durch den Hoftierarzt angewendet werden, wenn sie für Lebensmittel liefernde Tiere zugelassen sind und die Angaben der Gebrauchsinformation beachtet werden. Bei den zugelassenen Tierarzneimitteln ist die Anwendung schon ab einer Potenz von D 4 ohne Wartezeit möglich, bei einigen Substanzen, deren Prüfung schon abgeschlossen ist, sogar darunter. Nicht eingesetzt werden dürfen Aristolochia (Osterluzei) und Colchicum (Herbstzeitlose). Und zwar in keiner Form und auch nicht als Verdünnung! Fazit Die Anwendung der Homöopathie in Schweinebeständen kann eine gute Ergänzung oder Alternative zur schulmedizinischen Behandlung sein. Wichtig ist, dass man sich homöopathisch arbeitenden Gruppen anschließt oder die Erfahrung eines homöopathisch ausgebildeten Tierarztes in Anspruch nimmt. Laienhafte Behandlungen oder falscher Ehrgeiz können sonst zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes des gesamten Betriebes führen. - Middelhoff, Silke -