In den USA zirkulieren äußerst aggressive PRRS-Virusstämme. Die Betriebe versuchen über Hygienemaßnahmen einen Neueintrag zu verhindern. Auch laufen erste Eradikations-Programme.In Nordamerika ist das PRRS-Virus der Erreger mit dem größten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Betriebes. Dabei haben es die Schweinebetriebe mit besonders aggressiven Stämmen zu tun. Bei einem Eintrag eines neuen Virusisolates in einen Bestand wird mit Verlusten von etwa 250 US-Dollar pro Sau gerechnet. Daher kann ein neuer Viruseintrag das Aus für einen Betrieb bedeuten. Oberstes Ziel vieler Betriebe ist daher, einen Neueintrag von PRRSV in die Sauenherde zu verhindern. Dies geschieht über den Einsatz strenger Biosecurity-Protokolle, die die Bereiche Abschirmung, Hygieneschleuse, Transport und Tier- bzw. Sperma-bezug betreffen. Gleichzeitig versuchen die Praktiker, den Erregerdruck zu senken, indem sie ein Zirkulieren der PRRSV unterbinden. 200 Tage Herdenschließung Hierfür hat sich folgende Strategie bewährt: Für eine gewisse Zeit kaufen die Betriebe keine Tiere zu. Gleichzeitig wird der PRRS-Status der Bestandssauen gleichgeschaltet, was in der Regel bedeutet, dass alle Tiere im Betrieb zeitgleich PRRSV-positiv sind. Dies wird entweder mittels Impfung aller Tiere mit einem Lebendimpfstoff oder mittels Serum-Inokulation erreicht. Das heißt, es wird PRRSV-positives Serum von infizierten Tieren des eigenen Bestandes injiziert, was in Deutschland rechtlich nicht zulässig ist! Die Herdenschließung bleibt in der Regel für mindestens 200 Tage aufrecht. Bevor wieder PRRSV-negative und daher empfängliche Tiere in den Betrieb eingestallt werden, wird mittels PCR-Untersuchungen von Blutproben oder Sammelspeichelproben überprüft, ob noch Viren im Betrieb zirkulieren. Für die Probenentnahme werden in der Regel Saugferkel um den Absetzzeitpunkt herangezogen. In Sauenbetrieben sind oft keine Aufzuchtferkel vorhanden, weil die Ferkel nach dem Absetzen den Betrieb verlassen und an kombinierte Aufzucht- und Mastbetriebe verkauft werden. Beprobt werden zumeist 30 Ferkel aus jeder Absetzgruppe, wobei jeweils fünf Blutproben zu einer Sammelprobe gepoolt werden. Alternativ zur Blutuntersuchung werden auch Sammelspeichelproben mittels Baumwollstricken gewonnen und mittels PCR auf PRRSV untersucht. Der Vorteil dieser Methode: Es fließt eine sehr große Tierzahl in die Untersuchungen ein, denn beinahe alle Ferkel einer Gruppe kauen an den Stricken. Bei Aufzuchtferkeln und Mastschweinen funktioniert diese Methode sehr gut. Saugferkel sind in der Regel an den Stricken nicht interessiert und müssen etwa sechs Stunden abgesetzt sein, bevor sie beginnen, an den Stricken zu kauen. Gleichzeitig mit dem Zurückdrängen des PRRS-Virus im Bestand werden Maßnahmen ergriffen, die einen Virusneueintrag verhindern sollen. In schweinedichten Regionen wie Iowa oder Südminnesota geschieht dies über den Einsatz strengster Biosecurity-Protokolle. Diese Maßnahmen zielen auf sämtliche mögliche Eintragsquellen ab. Sperma wird gecheckt An erster Stelle steht als wichtigste Eintragsquelle der direkte Erregereintrag über infizierte Tiere oder PRRSV-positiven Samen. Um einen Erregereintrag über diese Quellen zu verhindern, müssen Tiere aus PRRSV-negativen Betrieben zugekauft werden, die dann für eine ausreichend lange Zeit von mindestens sechs Wochen in Quarantäne eingestallt werden. Während dieser Zeit erfolgt eine Untersuchung von paarigen Blutproben dieser Tiere auf Antikörper gegen PRRSV. Zusätzlich kann mittels PCR direkt nach dem Erreger gesucht werden. Erst nach Erhalt negativer Testresultate werden die Tiere in den Betrieb eingestallt. Für den Viruseintrag über das Sperma gilt, dass Eber nach einer Infektion das Virus für eine längere Zeit mit dem Sperma ausscheiden können. Daher wird in den USA fast ausschließlich Sperma aus PRRSV-negativen Eberstationen eingesetzt, wobei der PRRSV-Status der Eberstationen streng kontrolliert wird. Dies geschieht mittels PCR-Untersuchungen von Blutproben und Sperma. Teilweise werden alle Ejakulate untersucht, bevor das Sperma ausgeliefert wird. Dabei werden oft jeweils fünf Proben zu einer Sammelprobe gepoolt. In Eberstationen, die sehr strenge Biosecurity-Maßnahmen einhalten und auch Luftfilter eingebaut haben, wird das Untersuchungsintervall jedoch gelockert. Waschplätze für Viehtransporter Auch können die Stallungen und die Umgebung der Tiere mit Viren „kontaminiert“ sein. Daher empfiehlt es sich, konsequent im Rein-Raus-Verfahren zu produzieren, d. h. unterschiedliche Altersgruppen strikt voneinander zu trennen. Des Weiteren sollen die Abteile vor jeder Neueinstallung gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Zur Desinfektion eignen sich besonders Gemische aus quaternären Ammoniumverbindungen und Glutaraldehyden, wobei die Umgebungstemperatur, Wirkkonzentration und Einwirkzeit genau berücksichtigt werden müssen. Nach der Desinfektion müssen die Stallungen für eine zuverlässige Inaktivierung des Virus unbedingt trocknen, bevor wieder neue Tiere eingestallt werden. Ein weiteres Gefahrenpotenzial für die Einschleppung von PRRS-Viren stellen Transportfahrzeuge dar. Auch für Tiertransporter gilt, dass eine gründliche Reinigung und Desinfektion zu erfolgen und dass dabei die Trocknung im Anschluss an die Reinigung und Desinfektion von entscheidender Bedeutung ist. So werden in den USA eigene Wasch- und Trocknungsplätze eingerichtet, in denen die Transporter über Nacht eingestellt und mittels Ventilatoren oder Heizgeräten getrocknet werden. Viele Schweinehalter achten mittlerweile darauf, dass nur desinfizierten und trockenen Transportern die Zufahrt zum Betrieb gestattet wird. Um die Zufahrt von Tierkörperbeseitigungstransporten, von denen ein großes Risiko der Erregerübertragung ausgeht, auf den Betrieb zu verhindern, werden tote Tiere mittels Kadaverkompostierung entsorgt. Desinfektionsraum im Betrieb Um die PRRSV-Einschleppung über Personen in den Betrieb zu verhindern, gibt es Hygieneschleusen, in denen sich Besucher duschen, bevor sie betriebseigene Kleidung und Stiefel anziehen. Auch über Gegenstände, die in den Betrieb gebracht werden, kann PRRSV übertragen werden. Daher werden in den USA so genannte „D+D-Räume“ (dry and disinfect) eingeführt. In diese Räume werden von außen alle Gegenstände gebracht, die un den Stall sollen. Dabei nimmt eine Person, die sich bereits im Stall befindet, die Gegenstände an. Alle Gegenstände werden mit Desinfektionsmittel besprüht und verbleiben für mindestens eine Stunde in diesem Raum, wobei die Gegenstände auf Paletten oder Regalen und nicht am Boden gelagert werden. Erst wenn die Oberfläche der Gegenstände vollständig getrocknet ist, frühestens jedoch nach einer Stunde, dürfen sie aus dem Desinfektionsraum in den Betrieb verbracht werden. Auch Insekten können als mechanische Vektoren bei der Übertragung von PRRSV eine Rolle spielen, was für eine Strecke von 2,4 km bereits bewiesen ist. Das Virus befindet sich im Verdauungstrakt der Insekten. Die Überlebensdauer ist abhängig von der aufgenommen Virusmenge und der Umgebungstemperatur. Um hier vorzubeugen, können Insektenschutzgitter verwendet werden. Generell gilt für alle Übertragungswege, dass das Virus bei kühlen Umgebungstemperaturen länger am Leben bleibt, was die Gefahr einer Übertragung im Winter deutlich größer macht. Luftfilter fängt PRRS-Viren ab Neben mechanischen Vektoren kann das Virus auch über die Luft übertragen werden. Dies ist bisher über eine Strecke von 9,1 km bewiesen. Die Übertragung durch die Luft ist einerseits abhängig vom jeweiligen Virusisolat, andererseits vom Wetter. Temperaturen um den Gefrierpunkt, eine relative Luftfeuchtigkeit von 80 %, wenig Sonnenlicht und niedrige Windgeschwindigkeit bei wiederkehrenden Windstößen stellen die optimalen Bedingungen für eine PRRSV-Übertragung über die Luft dar. Um einen Viruseintrag über die Luft zu verhindern, werden in schweinedichten Gebieten der USA Luftfilter eingesetzt. Am häufigsten werden dabei mechanische Luftfilter verwendet, die den Durchtritt der Viren durch die Filter verhindern. Weiter stehen chemische Luftfilter zur Verfügung. Sie können den Durchtritt der Viren durch die Filter zwar nicht immer verhindern, inaktivieren aber die Viren während der Passage durch die Filter. Erste Programme zur Eradikation Die Luftfilter haben sich sowohl unter experimentellen Bedingungen als auch in der Praxis als sehr effektiv erwiesen. In Eberstationen sind Luftfilter bereits seit fünf Jahren im Einsatz. Seither hat es dort keine Virusneueinträge gegeben. In Ferkelproduktionsbetrieben werden die Filter seit etwa zwei Jahren erfolgreich eingesetzt. Auch in diesen Betrieben gab es seither keinen Virusneueintrag über die Luft. Wichtig auch hier ist, dass gleichzeitig alle anderen möglichen Eintragsquellen im Biosecurity-Protokoll berücksichtigt werden. Des Weiteren werden in den USA Programme zur Eradikation des PRRS-Virus aus einer ganzen Region umgesetzt. Das heißt, es wird versucht, das Virus betriebsübergreifend aus einer ganzen Region zu eliminieren. Diese Programme basieren auf freiwilliger Basis, sind also nicht staatlich gesteuert. Zunächst wird der Status aller Betriebe in der jeweiligen Region erhoben. Dann wird versucht, PRRSV-positive Betriebe zu sanieren. Durch Kartierungen der Region, auf denen alle Betriebe mit ihrem jeweiligen PRRS-Status eingezeichnet sind, wird der Fortschritt überprüft. Zudem wird eine Risikobewertung für einen Neueintrag von PRRSV für jeden Einzelbetrieb durchgeführt. Abhängig vom Risiko eines Neueintrages werden die Beprobungen für die Kontrolle des PRRS-Status durchgeführt. Das erste dieser Programme, das erfolgreich war, wurde in Stevens County im Südwesten von Minnesota durchgeführt. Stevens County umfasst eine Gesamtfläche von 1 490 km2, wobei 1 377 km2 landwirtschaftlich genutzt wird. Rund 165 000 Schweine werden dort in rund 640 Betrieben gehalten. Dieses lokale Eradikations-Programm wurde bereits im Jahr 2004 gestartet. Mittlerweile sind die Schweinefarmen in Stevens County mit Ausnahme einzelner Betriebe, deren PRRS-Status unbekannt ist, frei von PRRSV. Wegen des Erfolges wurde das Programm bereits auf die umliegenden Counties ausgeweitet. Es erstreckt sich mittlerweile über ganz Nordminnesota. Neben Stevens County laufen derzeit weitere sechs Programme in den USA sowie zwei Programme in Kanada. Weitere Projekte sollen folgen. Zusammenfassung In den USA sollen durch lokale Eradikationsprogramme PRRS-Viren im Umkreis der schweinedichten Gebiete eliminiert werden. In den Hochburgen wird über umfangreiche Hygienemaßnahmen inklusive Luftfilterung versucht, den Erregerdruck zu senken bzw. einzelne Betriebe PRRSV-frei zu halten. Auf diese Weise will man langfristig das PRRS-Virus komplett aus den USA eliminieren.