In den letzten Jahren haben die Betriebe ihre Sauenbestände aufgestockt und konnten die Leistungen weiter steigern. Gute Betriebe schaffen heute mehr als 30 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr, obwohl in den viehdichten Regionen Erkrankungen wie PRRS, Influenza und andere endemisch sind. Neben der Anzahl abgesetzter Ferkel muss aber auch die Ferkelqualität stimmen. Die Tiere sollen in der Aufzucht und Mast unproblematisch laufen und ihre volle Leistung bringen. Das bedeutet für den Ferkelerzeuger, die Saugferkel so vorzubereiten, dass sie mit den für die Region typischen Erkrankungen klarkommen. Das heißt, dass die Abwehrkraft der Ferkel optimiert werden muss, um dieses Ziel zu erreichen. Für eine gute Immunität schon an der Sau ist die Biestmilchaufnahme der entscheidende Faktor. Über die Kolostralmilch werden Schutzstoffe, sogenannte Immunglobuline, von der Sau ans Ferkel weitergegeben. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass das Ferkel während der ersten Lebenswochen gegen jene Erkrankungen geschützt ist, gegen die das Muttertier Antikörper aufgebaut hat (siehe violette Linie, Übersicht 1). Dies funktioniert allerdings nur, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Um eine stabile Immunität in der Sauenherde sicherzustellen, sind Impfungen unerlässlich. Dabei unterscheidet man zwischen den Bestands- und den klassischen Mutterschutzimpfungen, die zwei bis drei Wochen vor der Geburt abgeschlossen werden. Das Impfprogramm der Sauen sollte betriebsindividuell an–gepasst sein und beginnt schon in der Jungsauen-Eingliederung. Für den zweiten Punkt, nämlich dass die Ferkel auch in der Lage sind, die Biestmilch wirklich aufzunehmen, muss man weiter ausholen. Hierbei spielen Fakto-ren wie die Sauengesundheit, intakte Gesäuge, MMA-Vorbeuge, gruppenweises Abferkeln, Geburtsüberwachung, optimale Neugeborenen-Versorgung, gezielter Wurfausgleich und Ammenmanagement eine Rolle. Jeder Sauenhalter ist gefordert, die Schwachpunkte im eigenen Betrieb zu erkennen und zu verbessern. Da die maternalen Antikörper leider nicht ewig halten und die Darmwand des Ferkels bereits nach ca. 48 Stunden für die großen Immunglobulin-Mole-küle nicht mehr passierbar ist, hält der Schutz der Ferkel bei den meisten Erkrankungen gerade einmal bis zum Zeitpunkt des Absetzens (siehe Übersicht 2). Um die Ferkel auf ein mögliches Krankheitsgeschehen in Aufzucht und Mast optimal vorzubereiten und die aktive Immunität der Ferkel entsprechend auszubilden, gibt es mittlerweile eine Reihe für Ferkel zugelassener Impfstoffe (siehe Übersicht 3). Bei Erregern, für die es keine zugelassenen Impfstoffe gibt (z. B. Streptococcus suis), können stallspezifische Impfstoffe eine sinnvolle Alternative sein. Flächendeckend im Einsatz sind die Mykoplasmen- und die Circo-Impfung. Auch die PRRS-Impfung von Ferkeln ist insbesondere in den viehdichten Regionen weit verbreitet. Häufig sind mehrere Impfstoffe schon in der Saugferkelphase im Einsatz, um die Ferkel schon in der Aufzucht zu schützen. Da die Ferkelimpfungen neben dem Stress für die Tiere und der Arbeitsbelastung im Abferkelstall auch noch einen hohen Kostenfaktor in der Produktion darstellen, sollte in Absprache mit dem Aufzüchter und Mäster geklärt werden, welches Impfprogramm für das Gesamtsystem sinnvoll ist. Hierzu ist es wichtig, dass die Hoftierärzte das Krankheits-geschehen im System diagnostisch aufarbeiten und auf Basis dieser Informationen die entsprechenden Impfempfehlungen aussprechen. Daneben spielen natürlich auch vermarktungsrelevante Aspekte eine Rolle. Eine generelle Empfehlung gibt es aber nicht. Wie bereits oben angesprochen, sind in der Saugferkelphase häufig mehrere Impfstoffe im Einsatz. Gerade bei 21-tägiger Säugezeit ist dann das Zeitfenster für die Platzierung der Impfungen sehr begrenzt. Dabei ist zu beachten, dass je nach Erreger maternale Antikörper auf die Ausbildung der Immunität nach Impfung einen mehr oder weniger deutlichen Einfluss haben. So ist z. B. eine frühe Impfung in der ersten Lebenswoche gegen Mykoplasma hyopneumoniae möglich, bei PRRS oder PCV2 aber nicht. Eine PRRS-Vakzination sollte nicht vor dem 14. Lebenstag und eine Impfung gegen Circo nicht vor dem 18. bis 21. Lebenstag erfolgen. Eine frühere Impfung würde zu einem Wirk-verlust durch die maternalen Antikörper führen. Die Wahl des Impfzeitpunktes richtet sich also nach dem Erreger, der maternalen Immunität und dem Impfstoff. Eine exakte Planung zusammen mit dem Hoftierarzt ist angebracht, um ein entsprechendes Impfprogramm zu erstellen. Auch stellt sich die Frage, inwieweit sich Impfungen kombinieren lassen und welche zeitlichen Abstände zwischen den Impfungen eingehalten werden sollen. Eine Kombination von Impfungen durch Mischen sollte tunlichst vermieden werden, es sei denn, die Impfstoffe sind dafür zugelassen. Dies ist zum Beispiel bei CircoFlex/MykoFlex der Fall. Die zeitgleiche Verabreichung von Impfstoffen hingegen ist möglich. Das Immunsystem des Schweines ist durchaus in der Lage, auf mehrere Erreger/Impfstoffe zeitgleich zu reagieren. Begrenzender Faktor hierbei ist dann vielmehr die Verträglichkeit. Totimpfstoffe enthalten zur Verstärkung der Immunitätsausprägung in der Regel Hilfsstoffe, sogenannte Adjuvantien, auf die der Körper ebenfalls reagiert. Einige Adjuvantien sind sehr belastend für die Ferkel. Diese sollten nicht mit anderen Impfstoffen zeitgleich geimpft werden. Grundsätzlich sollten wegen dieser Belastung auch nicht mehr als zwei Impfstoffe zeitgleich verimpft werden. Der Abstand zwischen zwei Impfterminen sollte möglichst mindestens eine Woche betragen. Dies ist allerdings bei einer 21-tägigen Säugezeit ein eher theoretischer Ansatz, wenn man z. B. drei Impftermine unterbringen muss. Das Festlegen von Impfterminen sowie das Zusammenlegen von Impfungen sollte in enger Absprache mit dem Hoftierarzt erfolgen, um einen optimalen Schutz für die nächste Stufe zu erzielen. Impfstoffe sollten im Kühlschrank gelagert werden und sind nach Anbruch nur begrenzt haltbar. Dies gilt insbesondere für Lebend-Impfstoffe, die nach dem Anmischen nur kurz haltbar und sofort zu verimpfen sind. Aber auch Totimpfstoffe sind nicht unbegrenzt haltbar. Die Hersteller geben häufig eine Haltbarkeit nach Anbruch von sieben Tagen an. Dies kann dann beim Arbeiten in Rhythmen (2, 3, 4 Wochen) zu Problemen führen, da angebrochene Flaschen teilweise lange stehen. Unser Tipp: Bestellen Sie immer ein paar Flaschen der geringsten Gebindegröße mit, damit nur geringer Verwurf da ist. Frische Reste können z. B. auch noch für die Jungsauen-Eingliederung genutzt werden. Die gekühlten Flaschen sind z. B. im Wasserbad oder in der Hosentasche vor dem Verimpfen anzuwärmen, da es bei einigen Adjuvantien sonst zu einem anaphylaktischen Schock kommen kann. Ein wichtiger Punkt ist auch die Hygiene des Impfbestecks, über das ansonsten Schmutzerreger mit in das Tier verimpft werden. Dies kann zu Infektionen oder auch Inaktivierung des Impfstoffes führen. So wird z. B. empfohlen, die Nadel zwischen den Würfen zu wechseln. Kranke Tiere mit z. B. Saugferkeldurchfall sollten nicht geimpft werden, da bei einem solchen Ferkel nicht von einer vollen Ausbildung der Immunität ausgegangen werden kann. Auch die richtige Injektionsstelle (hinter dem Ohrgrund) und die Wahl der adäquaten Nadelgröße sind wichtig. Bei Oralimpfungen über das Trinkwasser, z. B. gegen Ileitis, ist sicherzustellen, dass alle Tiere den Impfstoff aufnehmen können. Sollte ein neuer Impfstoff eingesetzt werden, so ist das genaue Handling mit dem Tierarzt im Vorfeld durchzusprechen. Dies gilt natürlich auch für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, denn der Teufel steckt im Detail. Stress ist nicht gut für das Immunsystem. Dies gilt für Mensch und Schwein gleichermaßen. Das heißt: Im Abferkelstall muss es ruhig und nicht hektisch zugehen. Sau und Ferkel brauchen Ruhe und sollen sich wohlfühlen. Dabei stören Routineabläufe die Sauen weniger, wenn die Personen bekannt sind und nicht nur mit unangenehmen Ereignissen, z. B. Impfungen, in Verbindung gebracht werden. Nehmen Sie sich die Zeit für die Tiere. Das beginnt schon in der Jungsauen-Eingliederung. Eine gestresste Sau bringt nicht die volle Milchleistung. Auch Ferkelbehandlungen bedeuten Stress. Die Ferkel werden hochgehoben, aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen. Deshalb sollte man versuchen, auf das System angepasste Behandlungszeitpunkte zusammenzufassen. In Spitzenbetrieben mit Hochgesundheitsstatus werden die Ferkel zum Teil nur einmal in den Behandlungs-wagen gesetzt. Ebenso stresst die Tiere aber auch die Umgebung. Wenn es zu warm für die Sau und zu kalt für die Ferkel ist, Zugluft die Tiere stört oder die Luft aufgrund zu geringer Luftraten hohe CO2– und Ammoniakgehalte aufweist, so ist dies für die Tiere unangenehm. Insbesondere die Sau kann sich dem nicht entziehen. Achten Sie auch auf die Größe der Abferkelbuchten! Viele ältere Buchten sind für 15 bis 18 lebend geborene Ferkel schlichtweg zu klein. In diesem Falle muss baulich Abhilfe geschaffen werden.Zur Vermeidung von Futterstress sind die frühzeitige Anfütterung mit Prestarter in der ersten Lebenswoche und ggf. eine zusätzliche Versorgung mit Ferkelmilch bei großen Würfen wichtig. Letztendlich kommt es darauf an, die Stressfaktoren, seien es Umwelt, Futter, Wasser oder Management, zu kennen und im Griff zu halten. Das Ziel ist, Absetzferkel mit hoher Immunkompetenz zu erzeugen, die beim Aufzüchter und Mäster gute Leistungen erbringen. Voraussetzungen hierfür sind unter anderem: Achtung: Wie bei vielen Dingen liegt auch hier der Teufel im Detail. Wenn Probleme in der Aufzucht und späteren Mast auftreten, die der Ferkelerzeugung angelastet werden, muss sich der Sauenhalter auf die Fehlersuche machen. Diese beginnt schon bei der Jungsauen-Eingliederung und endet am Tag des Absetzens. Genügend Biestmilch Ferkel über Impfungen vorbereiten Der richtige Impfzeitpunkt Impfungen kombinieren? Keine Impffehler Stress vermeiden Fazit Die Sau muss durch ihre natürliche Immunität oder Impfungen selber ge-schützt sein und das Ferkel muss die Chance bekommen, in ausreichendem Maße Biestmilch aufzunehmen. Stabile Herdengesundheit und Sauen, die hohe Antikörpertiter aufweisen; ausreichende Kolostrumaufnahme bei allen Neugeborenen; mit dem Tierarzt abgestimmtes Impfregime bei den Ferkeln; typische Fehler beim Impfen vermeiden und Nadelhygiene beachten; Stressfaktoren in den Bereichen Stallklima, Fütterung und Management ausschalten. -Dr. Hendrik Nienhoff, Schweinegesundheitsdienst Hannover- Spätestens beim Absetzen sollten die Ferkel einen effektiven Infektionsschutz mitbringen. Basis sind ein optimiertes Biestmilch-Management und ein angepasstes Impfprogramm.