Plötzliches Verenden von Sauen ist ein ganz und gar unbefriedigender Abgangsgrund. Denn es bedeutet nicht nur den Totalverlust des Tieres – noch dazu ohne Schlachterlös. Oft bleibt auch die eindeutige Ursache für den Ausfall im Dunkeln. Glaubt man europäischen Statistiken und der Literatur, kann die Rate verendeter Sauen in Einzelbetrieben auf bis zu 20 % steigen. Hochfruchtbare Sauenlinien sollen häufiger betroffen sein als die konventionelle Genetik. Was an dieser Vermutung dran ist und aus welchen Gründen die Sauen ausscheiden, sollte eine Studie aus Sachsen mit acht Betrieben zeigen, die alle mit dänischer Genetik arbeiten. Einige der Betriebe hatten SPF-Status, das heißt, sie waren unter anderem frei von PRRSV und Mykoplasmen. Für die Datenerhebung und -auswertung arbeiteten der LKV Sachsen, die Universität Leipzig, die Sächsische Tierseuchenkasse sowie das Landesuntersuchungsamt Sachsen, Standort Leipzig, zusammen. Die Studie dauerte 13 Monate. Es war angestrebt, während dieses Zeitraums so viele verendete Sauen wie möglich zur Sektion einzusenden. Tatsächlich brachten die acht beteiligten Betriebe von Februar 2012 bis Februar 2013 insgesamt 82 Jung- und Altsauen zur Obduktion. Davon waren 68 Tiere verendet, 14 Sauen mussten notgetötet werden. Die Einsendung sollte innerhalb der ersten 24 Stunden nach Feststellung des Todes erfolgen. Jeder Kadaver hatte einen Begleitschein, auf dem Angaben zur Vorgeschichte und etwaige Behandlungen vermerkt waren. Im Labor wurden die Tiere seziert und mikrobiologisch untersucht. Bei Bedarf führten die Pathologen in Einzelfällen spezielle zusätzliche Analysen durch. Zeitgleich zur Sektion leitete der LKV Sachsen für den entsprechenden Betrieb eine standardisierte Hygieneanalyse ein, um den hygienischen Ist-Zustand zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Sau zu erfassen. Diese Analyse basierte auf der Bewertung von knapp 350 Kriterien, aus der die Wissenschaftler eine Hygienekennzahl (%) ableiteten. Je höher diese Zahl, desto besser arbeitete der Betrieb. Später sollte ergründet werden, ob es einen Zusammenhang zwischen der hygienischen Situation im Betrieb und den Sauentodesfällen gab. Die Studie ergab folgende Kernergebnisse: Die Pathologen untersuchten jeden Schweinekörper intensiv und stellten für einige Sauen mehrere verschiedene mögliche Todesursachen fest. Als häufigste potenzielle Todesursache wurde Septikämie diagnostiziert, nämlich bei 48 % der eingesandten Tiere (siehe Übersicht 2). Dabei handelt es sich um eine Gesamtinfektion des tierischen Organismus mit Bakterien und/oder deren Toxinen nach Verbreitung durch die Blutbahn. Diese kann tatsächlich primäre Todesursache sein. Sie kann aber auch – wie beschrieben – infolge autolytischer Prozesse vorgetäuscht werden, wenn Bakterien nach dem Tod Organbarrieren überwinden und sich explosionsartig im Organismus verbreiten. Als zweithäufigste potenzielle Todesursache diagnostizierten die Wissenschaftler Kreislaufversagen. Bei 35 % der Sauen trat dies auf. Auslöser für Kreislaufversagen können zum Beispiel hohe Temperaturen oder eine gravierende Haupterkrankung sein. Dritthäufigste mögliche Todesursache waren Arthritis und Osteomyelitis. Diese entzündlichen Erkrankungen der Gelenke bzw. des Knochens und/oder Knochenmarks stellten die Forscher bei zusammen 20 % der toten Sauen fest. Auslöser sind Bakterien, die über Verletzungen, Injektionen oder auf dem Blutweg in die Gelenke bzw. knochennahe Regionen eingeschleppt werden können. Bei lebenden Tieren äußern sich diese Erkrankungen meist in Form von zum Teil hochgradigen Lahmheiten. Auf Platz 4 folgten Einstülpung, Drehung und Durchbruch des Darms, von denen zusammen 15 % der Sauen betroffen waren. Auslöser können unter anderem entzündliche Erkrankungen des Magen-Darm-Kanals mit bestimmten Bakterien, Fütterungsfehler oder traumatische Einwirkung zum Beispiel durch Rangkämpfe sein. Fast genauso häufig wiesen die verendeten oder notgetöteten Sauen Lungen- oder Brustfellentzündungen auf (13 %). Auch Magengeschwüre und -risse sowie Erkrankungen des Harnapparates kamen bei je 13 % der eingeschickten Tiere vor. Weniger häufige Befunde waren Entzündungen der Gebärmutterschleimhaut und des Magen-Darm-Trakts, Herzerkrankungen oder Verlagerungen der Milz. Die genannten Befunde kamen mehr oder weniger gleichmäßig in allen Betrieben vor; Betriebe mit vielen Einsendungen waren verständlicherweise häufiger betroffen. Die Ergebnisse der zeitgleich durchgeführten Hygieneanalyse ließen sich nicht mit den Sektionsbefunden verknüpfen. Interessant ist dennoch, dass Betriebe mit der höchsten Hygienekennzahl weniger Sauentodesfälle und tendenziell auch mehr abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr im Jahr 2012 hatten. Anhand der Befunde konnten die Wissenschaftler nur für höchstens vier der acht Betriebe konkrete Management-Empfehlungen aussprechen. Möglich war dies zum Beispiel bei Betrieb A, der im Untersuchungszeitraum 39 % bzw. 24 seiner toten Sauen zur Sektion lieferte. Davon wiesen 25 % (n = 6) Magengeschwüre auf. Zudem lagen bei jeweils 17 % (n = 4) Erkrankungen des Atmungs- sowie Harnapparates vor. In diesem Betrieb wäre es daher ratsam, in erster Linie die Futterstruktur und -hygiene zu begutachten (adressiert Magenulcus) und darüber hinaus die Lüftung (Atmungsapparat) und die Wasserversorgung (Harnapparat) unter die Lupe zu nehmen. In einem anderen Betrieb mit 5 eingesandten von 60 toten Sauen innerhalb von 13 Monaten sind hingegen Erkenntnisse zu Ursachen von Sauentodesfällen und dementsprechende Korrekturen z. B. im Management kaum möglich. Es bedarf einer „kritischen“ Minimalanzahl an Tieren. Je nach Grundgesamtheit und Anteil toter Sauen an der Gesamtsauenzahl sollten möglichst nicht weniger als 20 % zur Sektion gegeben werden. Denn wie diese Studie eindeutig demonstriert, nehmen Stringenz und Aussagekraft eines strategischen Sektionsprogramms mit der Anzahl der Einsendungen zu. Ein weiterer Tipp: Um zuverlässige Sektionsbefunde zu erhalten, ist ein schneller Transport zum Untersuchungslabor unerlässlich. Bei Verzögerungen muss der Landwirt die Kadaver kühl lagern. Eine fachmännisch durchgeführte Sektion vor Ort auf dem landwirtschaftlichen Betrieb – wie in einigen Ländern üblich – könnte zur umfangreicheren Aufklärung von Todesfällen beitragen und die Kosten für die Sektion senken. Dies ist zurzeit in Deutschland aber nicht erlaubt. Eine strategische Analyse von Todesfällen bei Sauen zeigt folgendes Ergebnis: 82 tote Sauen untersucht Oft säugende Sauen betroffen Breite Palette möglicher Todesursachen Hygiene und Todesfälle Aussagekraft verbessern! Fazit Die Ausfallrate durch plötzliches Verenden oder Nottötung betrug je nach Betrieb zwischen 8 und 14 % der produktiven Sauen. Diese Anteile sind nicht unerheblich; trotzdem sollte nicht von einer „dänischen Disposition“ zu erhöhter Sterblichkeit gesprochen werden. Die Beteiligung der Betriebe am Sektionsprogramm war unterschiedlich stark: Im Vergleich zur Anzahl der insgesamt verendeten und notgetöteten Sauen (im Jahr 2012) schickten die Betriebe im Versuchszeitraum nur 5 bis 39 % ihrer toten Sauen ein. Der Zeitpunkt des Todes der Sauen trat in über der Hälfte der Fälle in der Abferkelbucht ein. Am zweithäufigsten starben die Tiere im Wartebereich. Im Deckzentrum und in der Quarantäne kamen nur vereinzelt Todesfälle vor (siehe Übersicht 1). Dies verwundert nicht, da abferkelnde und säugende Sauen durch Geburt und Laktation strapaziert und deshalb anfälliger für Infektionen, Missmanagement und sonstige widrige Einflüsse sind. Generell war die Palette pathologischer Befunde umfangreich. Dazu zählten solche, die tatsächlich als primäre Todesursache in Frage kommen, als auch unspezifische Befunde. Nicht immer gelang es also, eine ursächliche Diagnose für das Ausscheiden der Sauen zu stellen. Denn trotz schnellen Transports – überwiegend innerhalb von 24 Stunden nach Todeseintritt – zeigten zahlreiche Tiere postmortale autolytische Veränderungen, die womöglich die eigentlichen Todesursachen verschleierten. Der Anteil toter Sauen auf acht Betrieben mit dänischer Genetik betrug 8 bis 14 %. Die Befunde waren oft nicht eindeutig und die Palette der Todesursachen groß. Je größer die Anzahl untersuchter Tiere, desto höher ist die Aussagekraft. In vier von acht Fällen konnten die Uni Leipzig und der LKV Sachsen konkrete Management-Empfehlungen aussprechen. -Jörg Fleischer, Doreen Nöbel, LKV Sachsen, Ina Nickoll, Johannes Kauffold, Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät- Ferkelerzeuger klagen vermehrt über tote Sauen. Die Uni Leipzig und der LKV Sachsen haben in acht Betrieben die Gründe für akute Todesfälle untersucht.