1. Clostridien-Durchfall trotz Impfung? Ferkelerzeuger Andreas M. hält 350 Sauen. Diese lässt er gegen PRRS, Influenza und mit einer stallspezifischen Vakzine auch gegen E. Coli und Clostridien impfen. Als die ein bis zwei Tage alten Ferkel einer ganzen Reihe Würfe plötzlich Durchfall aufweisen, alarmiert der Betriebsleiter den Hoftierarzt. Dieser nimmt von je drei Ferkeln pro Wurf Kot-Tupfer für die bakteriologische Untersuchung und je eine Sammelkotprobe zur Untersuchung auf Rota- und Coronavirus. Des Weiteren nimmt der Tierarzt die Körper von zwei Ferkeln zur pathologischen Untersuchung mit. In allen Kot-Tupferproben sind die Bakterien E. coli und Clostridium perfringens in mittlerem bis starkem Ausmaß nachweisbar. Die virologischen Untersuchungen auf Corona- und Rotavirus verlaufen negativ. Die Sektion der zwei frisch toten Ferkel liefert ebenfalls Hinweise auf eine Infektion mit Clostridium perfringens Typ C. Denn die Därme sind entzündet und weisen Nekrosen und Blutungen auf (Nekrotisierende Enteritis). Da die Saugferkel eigentlich über die Clostridien-Impfung des Muttertieres gegen den Erreger geschützt sein müssten, geht die Spurensuche los. Es fällt auf, dass ein Großteil der Gesäuge der Sauen verhärtet und entzündet ist. Deshalb haben die Ferkel nicht genügend Kolostrum aufnehmen können. Als Ursache für die MMA bei den Sauen stellt sich ein deutlich erhöhter Keimgehalt im Tränkewasser heraus. In den Wasserleitungen hat sich ein dicker Biofilm gebildet, wie eine nähere Inspektion ergibt. Als Maßnahmen werden die klinisch erkrankten Sauen antibiotisch und mittels Entzündungshemmer behandelt. Die Wasserleitungen werden gespült und desinfiziert. Zusätzlich wird im Futter vorübergehend ein Toxinbinder aus Hefezellwandextrakten eingesetzt. Da-nach treten keine Durchfallerkrankungen mehr auf. Fazit: Mutterschutzimpfungen, z. B. ge- gen Coli oder Clostridien, können nur wirken, wenn die Biestmilch-Aufnahme gewährleistet ist. Da auf diesem Sauenbetrieb akute MMA-Probleme auftraten, konnten die Saugferkel nicht genügend Biestmilch aufnehmen. Schlechte Wasserqualität war die Ursache für die vermehrten MMA-Probleme im Bestand. 2.Hilfe, Blut im Kot! Anton D. ist Ferkelerzeuger mit 230 Sauen und anschließender Ferkelaufzucht. Diese erfolgt räumlich getrennt. Alle sechs Wochen kauft er 14 Jungsauen zu. Im Januar 2010 treten gegen Ende der Aufzucht erstmalig Ferkel mit blutig-schleimigem Durchfall auf. Der Landwirt zögert nicht und zieht sofort seinen Tierarzt zu Rate. Zur weiteren bakteriologischen Untersuchung entnimmt dieser fünf Kot-Tupferproben von erkrankten Einzeltieren. Bei der mikrobiologischen Untersuchung im Labor kann der Erreger der Schweinedysenterie, B. hyodysenteriae, nachgewiesen werden. Im Resistogramm erweist sich Tiamulin als sensibel. Entsprechend zeigt die Behandlung der betroffenen Ferkel mit dem Mittel sofort Wirkung und die Tiere gesunden. Da inzwischen die gleichen Durchfallerscheinungen auch in der nächsten Altersgruppe auftreten, entscheiden sich Landwirt und Tierarzt zur medikamentellen Dysenterie-Sanierung des gesamten Betriebs. Diese erfolgt nach einem genauen Zeitplan. Alle Tiere des Bestandes sollen im Abstand von sieben Tagen zweimal mit dem Wirkstoff behandelt werden. Der erste Behandlungszeitraum umfasst 21 Tage und der zweite zehn Tage. Sieben Tage nach Beginn der ersten Behandlungseinheit wird jedes Tier in ein neues gereinigtes und desinfiziertes Abteil umgestallt. Die Reinigung und Desinfektion erfolgen nach einem festen Plan. Dabei kommen auch Ätznatron und schwefelsaurer Ammoniak zum Einsatz. Die warme Jahreszeit erweist sich als günstig für die Sanierung. Denn die Überlebensrate des Erregers beträgt bei Außentemperaturen um 25 °C nur wenige Tage und ist damit deutlich geringer als bei tieferen Temperaturen. Damit die Sanierung erfolgreich bleibt, hat der Betriebsleiter mit seinem Tierarzt ein striktes Hygienekonzept für den Betrieb erarbeitet. Dazu gehören unter anderem folgende Maßnahmen: Auch nach Beendigung der medikamentellen Sanierung wird jetzt noch jeder Ferkeldurchfall auf B. hyodysenteriae hin untersucht. Doch bis zum heutigen Zeitpunkt wurde der Erreger der Schweinedysenterie nicht mehr nachgewiesen. Fazit: Der Dysenterie-Verdacht wurde bestätigt. Daraufhin wurde eine medikamentelle Sanierung durchgeführt. Eine exakte Planung und ein konsequentes Einhalten der Hygiene sind Grundvoraussetzungen für das Gelingen. 3. Circo war schuld am Durchfall Heinrich R. besitzt einen Maststall mit 3 000 Plätzen. Die Ferkel erhält er in festem Bezug von einem Sauenbetrieb aus der Nachbarschaft. Dieser Betrieb impft die Sauen gegen PRRS und Parvo/Rotlauf und die Ferkel in der dritten Lebenswoche gegen M. hyopneumoniae und PIA. Auf dem Mastbetrieb tritt plötzlich bei den 60 bis 70 kg schweren Schweinen Durchfall auf. Eine sofortige Behandlung mit Tylosin kann den Durchfall stoppen. Um der Ursache auf den Grund zu gehen, zieht der Tierarzt in den betroffenen Buchten zunächst fünf Kotproben. Die Untersuchung derselben mittels PCR liefert für B. pilosicoli und B. hyodysenteriae negative Ergebnisse. Allerdings ist der Erreger Lawsonia intracellularis in vier von fünf Proben nachweisbar. Daraufhin zieht der Veterinär noch von 30 Schweinen Blutproben. In diesen wird mittels ELISA ein deutlicher Anstieg an Antikörpern gegen Lawsonia intracellularis, den Erreger der PIA, ermittelt. Die Untersuchung mittels quantitativer PCR auf Circoviren (PCV-2) verläuft negativ. Als erste Maßnahme verschiebt der Betrieb den Zeitpunkt der Ferkelimpfung gegen PIA und Mykoplasmen um zwei Wochen nach hinten in die fünfte Lebenswoche. Auf diese Weise soll eine mögliche Beeinflussung von maternalen Antikörpern vermieden werden. Doch diese später geimpften Schweine zeigen mit ca. 70 kg Lebendgewicht erneut Durchfall. Daraufhin lässt der Landwirt auf Anraten seines Hoftierarztes mehrere Tiere zur Sektion geben. Dabei ist der Erreger Lawsonia intracellularis in den entzündeten Darmregionen nicht nachzuweisen. Stattdessen können die Pathologen im Darm einen hochgradigen Gehalt an PCV-2 nachweisen. Deshalb impft der Sauenbetrieb die Ferkel in der dritten Lebenswoche jetzt auch gegen PCV-2. Seitdem treten keine weiteren Durchfallerkrankungen mehr auf. Fazit: Das weit verbreitete porcine Circovirus vom Typ 2 (PCV-2) äußert sich bei den betroffenen Tieren oft in Form von Atemwegsproblemen. In diesem Fall waren Circoviren jedoch auslösender Faktor für Durchfall bei den Mastschweinen. Das Beispiel zeigt, dass der alleinige Erregernachweis mittels PCR oder ELISA nicht beweisend für die Ursache eines Krankheitsgeschehens ist. Erst der Erregernachweis mit entsprechenden Veränderungen am Organsystem führte zu der Lösung des Problems. Impf-Versagen? Dysenterie-Sanierung 30 Blutproben untersucht Eine Einschleppung der Erreger der Schweinedysenterie in den Betrieb durch den Zukauf von Jungsauen ist auszuschließen. Deshalb werden die angelieferten Partien jetzt regel- und routinemäßig darauf untersucht. Die Jungsauen werden so lange nicht in die Herde integriert, wie nicht nachgewiesen ist, dass sie frei von dem Erreger sind. Pro Infektionseinheit, das sind Deck-, Warte-, Abferkelbereich, Quarantänestall und Flatdeck, hat der Betrieb ein Farbordnungssystem etabliert. Das heißt, alle im Stall gebräuchlichen Gerätschaften und Werkzeuge sind farblich markiert und dürfen den dafür vorgesehenen Stallbereich nicht verlassen. Dazu gehört auch das Schuhwerk, das vor Betreten eines anderen Stallbereichs gewechselt wird. Dies ist umso wichtiger, da der Landwirt die Schweine alleine betreut und daher täglich mehrmals alle Stallbereiche betreten muss. Zusätzlich hat der Landwirt die Schadnagerbekämpfung intensiviert. Dazu hat ein professioneller Schadnagerbekämpfer den Betrieb besucht und einen wirkungsvollen, genau auf den Betrieb zugeschnittenen Plan zur Bekämpfung aufgestellt. -Dr. Torsten Pabst, Tierarzt aus Dülmen- Diarrhö kann Symptom vieler verschiedener Erkrankungen sein. Gerade bei Ferkeln ist die Diagnose nicht immer einfach, wie drei Fälle aus der Praxis zeigen.