In Deutschland buhlen immer mehr Zuchtfirmen um die Ferkelerzeuger. SUS fasst zusammen, mit welchen Zuchtstrategien und neuen Ideen die Unternehmen punkten wollen. Die Zuchtunternehmen und -organisationen liefern sich derzeit einen harten Wettbewerb. Mit dem sich immer rascher vollziehenden Strukturwandel schwindet zum einen die Anzahl der Kundenbetriebe, und auch der Kreis der potenziellen Kunden wird immer kleiner. Zum anderen haben sich die Aufzuchtleistungen der Sauen merklich verbessert, so dass für den gleichen Produktionsumfang weniger Sauen benötigt werden. Lagen die mittleren Aufzuchtleistungen vor kurzem noch bei 21 Ferkel pro Sau und Jahr, sind nach heutiger Einschätzung mittlere Ferkelzahlen von 25 pro Sau und Jahr durchaus möglich. Das bedeutet, dass der Sauenbestand in Deutschland von 2,3 Mio. auf unter 1,9 Mio. sinken könnte, ein Minus von knapp 20 %. Somit ist damit zu rechnen, dass sich der deutschlandweite Remontierungsbedarf von derzeit rund 1 Mio. auf etwa 800 000 Jungsauen pro Jahr verringern wird. Diese Kalkulation unterstellt, dass deutsche Sauenhalter auch weiterhin jährlich 48 Mio. Ferkel produzieren. Sollte sich der Anteil Importferkel bei gleichen Produktionsumfängen in der Mast weiter erhöhen, dürften die Sauenrückgänge noch deutlicher ausfallen. Ansprüche der Kunden gestiegen Gleichzeitig werben immer mehr Firmen um die verbleibenden Kunden. Neue Vertriebsorganisationen, die beispielsweise mit dänischer Genetik ar-beiten, setzen den alteingesessenen zu. Zudem entscheiden die verbleibenden Kunden über ein deutlich größeres Einkaufsbudget und stellen ihrerseits im-mer differenziertere Anforderungen. Dies betrifft nicht nur die direkten Anforderungen an das Zuchtprodukt. Vielmehr geht es auch um Themenbereiche wie Logistik, Tiergesundheit und neue Dienstleistungen. Stellen sich die Zuchtunternehmen auf diesen Wandel nicht ein, verlieren sie weitere Kundenbetriebe. Noch nie war die Wechselbereitschaft der Ferkelerzeuger so groß wie heute. Die früher oft zu beobachtende starke regionale Verbundenheit und „Markentreue“ schwindet immer mehr. Hier einige Beispiele, die diesen Trend belegen: Ein Sauenhalter mit einer 500er-Herde und hohem Gesundheitsstatus fragt nach einem Eigenremontierungskonzept. Wenn der bisherige Zuchtpartner diesbezüglich nichts anzubieten hat bzw. nicht mit Spezialwissen zur Umsetzung des Konzepts punkten kann, ist er außen vor. Gleiches gilt bei einem Neuaufbau einer Sauenherde. Wer als Zuchtunternehmen nicht PRRS-negative Jungsauen in der gewünschten Stückzahl anbieten kann, geht bei diesem Geschäft leer aus. Ein weiteres Beispiel: Um finanziell besser über die Runden zu kommen, muss ein Sauenhalter schnell auf 25 Ferkel kommen. Wer als Jungsauenverkäufer nicht vermitteln kann, dass die angebotene Sau ein enormes Leistungspotenzial hat, wird es bei diesem Kunden schwer haben. Auch wenn es Management-seitig große Defizite in dem Ferkelerzeugerbetrieb gibt. Ein anderer Betrieb hat Stress mit seinem Mäster, der mit dem aktuellen MFA seiner Schweine nicht zufrieden ist. Lässt sich dieses Problem nicht lösen, ist der Ferkelerzeuger unter Umständen seinen Abnehmer und das Zuchtunternehmen seinen Kunden los. Neue Zuchtstrategien Hinzu kommt, dass die Zuchtarbeit immer schwieriger und komplexer wird. Waren gestern ausschließlich die Schlachtkörperqualität, die Mastleistung und etwas später die Anzahl der lebend geborenen Ferkel im Visier, kommen heute neue, schwer erfassbare Merkmale hinzu. Denn neben den reinen Produktionsmerkmalen lenkt man heute die Aufmerksamkeit z. B. auf die Zucht von robusteren, vitaleren Tieren. Klar ist, dass eine Sau heute in der Lage sein muss, 12 Ferkel je Wurf großzuziehen. Dies bedeutet, dass sie viel Säugefutter aufnehmen und über ein ausgezeichnetes Gesäuge verfügen muss, um den großen Wurf satt zu kriegen. Neben der Milchleistung soll sich die Sau mütterlich zeigen, um etwaige Erdrückungsverluste zu minimieren. Parallel nimmt auch der Einsatz von Technik weiter zu, und es wird sehr häufig mit Fremdarbeitskräften gearbeitet. Also wünscht man sich „problemlose Tiere“, die sich schnell in alle Betriebsstrukturen integrieren lassen. Um hier voranzukommen, müssen die Basiszuchtbetriebe zu „Versuchsstationen“ umfunktioniert werden, wo diverse Messungen und Tests durchgeführt werden können. Da die Erblichkeit vieler Verhaltensmerkmale nur gering ist, muss auch die Basis breiter aufgestellt werden. Auch wird derzeit geprüft, ob geno-mische Informationen helfen, die Sicherheit der Zuchtwertschätzung zu verbessern. Bei der Umsetzung sind die größeren, international tätigen Zuchtunternehmen eindeutig im Vorteil. Kleinere Unternehmen müssen Allianzen eingehen, auch um die immer teurer werdende Zuchtarbeit auf eine größere Anzahl verkaufter Jungsauen umlegen zu können. Neben der Zucht auf effizientere und robustere Tiere könnte sich der Blick stärker auf die Fleischbeschaffenheit, Tropfsaftverluste und sensorische Eigenschaften richten. In diesem Zusammenhang kommt auch der Zucht gegen Ebergeruch Bedeutung zu. Wer liefert künftig die Eber? Zu einem kompletten Zuchtprogramm gehört auch der Endprodukteber. Doch welche Unternehmen liefern diesen künftig? Fakt ist, dass der KB-Anteil vielerorts kontinuierlich auf 90 % gestiegen ist, so dass sich das Geschäft vorrangig auf den Verkauf von KB-tauglichen Ebern konzentriert. Werden mittelfristig weniger Sauen gehalten, wird auch die Nachfrage nach Sperma von Endproduktebern zurückgehen und sich die Verkaufszahlen bei Ebern anpassen. Darauf müssen sich die Zuchtunternehmen einstellen. Um die möglicherweise rückläufige Nachfrage im Inland zu kompensieren, beackern einige Zuchtunternehmen zunehmend den ausländischen Markt. Hierfür bedarf es jedoch starker Vertriebs-partner vor Ort. Das heißt, dass die Zuchtunternehmen auch in diesen Fragen um Allianzen und Kooperationen mit ausländischen Partnern bemüht sein sollten, um sich auf dem zusehends internationaler werdenden Ebermarkt neu zu positionieren. Derzeit ist in Deutschland der wachstumsbetonte Piétrain-Eber erste Wahl. Die Rasse Piétrain macht bundesweit etwa 90 % aller Endprodukteber aus. Dies hat etwas mit der aktuellen Vermarktungslage von Schlachtschweinen zu tun. Von den Duroc-blütigen Ebern und den weißen Vaterrassen erwartet man zusätzlich zu den höheren Tageszunahmen Vorteile im Bereich der Futterverwertung, der Verluste und eventuell auch im Bereich der Fruchtbarkeit. Die größeren Unternehmen haben jeweils einen Alternativeber im Programm. Auch bei den Anbietern von Endproduktebern haben sich Verschiebungen ergeben. Während früher die Herdbuchzucht der Hauptlieferant war, sind heute aufgrund diverser Kooperationen und Umstrukturierungen mehrere Unternehmen in der Lage, attraktive Ebervarianten anzubieten. Zu den größten Eberlieferanten gehören der SZV mit German Piétrain, die übrigen Herdbuchverbände, Topigs/SNW (Top-Select), BHZP (Linie 77) und PIC mit ihren Piétrainlinien. Fazit Der Zuchtschweinemarkt ist hart umkämpft. Unter anderem aufgrund immer besserer Aufzuchtleistungen wird befürchtet, dass der Sauenbestand abgestockt und somit mittelfristig bis zu 20 % weniger Jungsauen an die Produktionsstufe weitergegeben werden. Gleichzeitig werden die Herden der Kundenbetriebe immer größer, und die Anforderungen der Sauenhalter an die Zuchtunternehmen nehmen zu. Effektive Zuchtarbeit erfordert erheblichen zeitlichen, logistischen oder technischen Aufwand, die Weiterentwicklung der Zuchtprogramme zusätzliche Investitionen. Um dies zu meistern, werden weitere Allianzen unter den Zuchtunternehmen unverzichtbar. Während früher den Endprodukteber die „Herdbuchzucht“ lieferte, ist dies heute nicht mehr so klar. Mehrere Unternehmen bemühen sich, stressstabile Piétrainlinien weiterzuentwickeln. Vermutlich wird es künftig ein differenzierteres Angebot an Piétrain-Ebern geben.