Die Eigenremontierung ist im Kommen. Doch die Vermarkter sind nicht immer zufrieden mit dem Ergebnis.
Zuchtarbeit ist die Aufgabe von Spezialisten. Das sind in der Regel die Vermehrungsbetriebe der Zuchtunternehmen und -organisationen, die für die Ferkelerzeugerstufe deckfähige Jungsauen bereitstellen.
Dieser Grundsatz gilt weiterhin, auch wenn die Eigenremontierung in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt hat. Übereinstimmend geben die größeren Zuchtunternehmen an, dass heute bis zu 30 % der Jungsauen aus der Eigenremontierung stammen.
Dieser Zuwachs hat zwei Gründe: Zum einen bieten die Zuchtunternehmen heute aktiv ihre Eigenremontierungs-Programme an. Sie haben sich darauf eingestellt und halten gegebenenfalls weniger Aufzuchtkapazitäten vor. Zum anderen haben sich viele Kundenbetriebe weiterentwickelt und erfüllen heute die Anforderungen für die Eigenremontierung.
Weniger fremde Tiere
Ein starkes Argument für die eigene Jungsauenproduktion sind die gesundheitlichen Vorteile. Denn beim Zukauf von Zuchttieren geht der Sauenhalter mit dem vorgeschalteten Vermehrungsbetrieb durch dick und dünn. Mit den Tieren aus einer fremden Herde werden unweigerlich auch fremde Keime mit in die Sauenherde eingeschleppt. Nicht von ungefähr werden sogenannte Eingliederungsställe und bis zu neun Wo-chen Eingliederungszeit empfohlen, um das Risiko der Erregerübertragung zu verringern.
Ein weiteres Argument für die Eigenremontierung ist die direkte Einflussnahme auf die Qualität der Zuchttiere. Wenn es gelingt, die passende Anzahl Jungsauen bester Qualität aus eigener Nachzucht bereitzustellen, macht dies zudem stolz. Die Jungsauen kommen dem Sauenhalter noch wertvoller vor.
Die Nachteile der Eigen- gegenüber der Fremdremontierung sind schnell aufgezählt: Zum einen ist dieses Verfahren mit höherem organisatorischen Aufwand verbunden. Schließlich muss die Zuchtarbeit geplant, müssen die Eber ausgesucht und die Zuchttiere gekennzeichnet und selektiert werden. Hierfür müssen etliche Stunden Mehrarbeit einkalkuliert werden.
Zum anderen fallen die sogenannten Vorstufen-Kastraten an, die in der Regel flach bemuskelt sind und somit weniger Erlöse bringen. Wenn diese als Masteber vermarktet werden können, ist der Unterschied im Fleischanteil nicht mehr sehr groß. Dennoch bleibt auch hier ein Vermarktungsnachteil.
Drei Verfahren
Wer mit dem Gedanken spielt, auf die Eigenremontierung umzusteigen, sollte zunächst die Stallkapazitäten prüfen. Von den Sauenplätzen ausgehend müssen zusätzlich etwa ein Drittel Plätze für die Jungsauenaufzucht bereitgestellt werden. Bei einer 600er-Sauenherde wären dies 200 Plätze in einem separaten Abteil auf dem Betrieb oder in einem zusätzlichen Stall. Oft werden hierfür kleinere Ställe auslaufender Betriebe genutzt. Worauf bei der Jungsauenaufzucht im Einzelnen geachtet werden muss, wird im Kasten auf Seite 45 erläutert.
Sind die Kapazitäten für die Jungsauenaufzucht gesichert, sollte geprüft werden, welches Verfahren der Eigenremontierung infrage kommt. Es gibt drei Modelle:
- Eigenremontierung mit Kernherde und Zukauf der Großelterntiere,
- Eigenremontierung mit Kernherde ohne Zukauf der Großelterntiere,
- Eigenremontierung mit Kreuzungssauen (Wechselkreuzung).
Bei allen drei Modellen werden 8 bis 10 % der Sauen für die Zuchtanpaarungen vorgesehen und 90 % der Sauen mit Sperma von Endstufenebern besamt (siehe Grafik Seite 44).
Variante mit Großeltern-Zukauf
Das Modell „Kernherde mit Zukauf“ wird mittleren bis großen Betrieben empfohlen. Beispiel: Ein Ferkelerzeugerbetrieb hält 360 Kreuzungs- und 40 Reinzuchtsauen, welche die Kernherde ausmachen. Der Sauenhalter remontiert jährlich rund 180 selbst gezogene Jungsauen und kauft rund 20 Groß-elterntiere zu. Der Zukauf von Jungsauen ist also auf etwa 10 % des bei Fremdremontierung üblichen reduziert. Oft werden Zuchttiere verschiedenen Alters geliefert, sodass nur zwei- oder dreimal pro Jahr fremde Tiere aufgenommen werden.
Vom züchterischen Gesichtspunkt ist diese Variante geeignet, den Zuchtfortschritt schnell in die Produktionsstufe weiterzugeben. Probleme können sich möglicherweise dadurch ergeben, dass die Kreuzungs- und Reinzuchtsauen nicht getrennt, sondern in den Sauengruppen gemischt werden. In diesem Fall sollte gewährleistet sein, dass sich die Reinzuchttiere gegenüber den meist robusteren Kreuzungssauen durchsetzen können.
Herde komplett geschlossen
Wer seinen Bestand zu 100 % ge-schlossen halten möchte, muss auf die Eigenremontierung mit Kernherde ohne Zukauf oder auf die Wechselkreuzung ausweichen. Das heißt, es werden keine Zuchttiere zugekauft. Der züchterische Fortschritt wird nur über den Einsatz des Spermas weitergegeben.
Zunächst zu der Eigenremontierung mit Kernherde ohne Zukauf von Großelterntieren: Dieses Verfahren wird für Betriebe ab 700 Sauen empfohlen. Die Kernherde umfasst wiederum 10 %. Bei einem 1 000-Sauen-Betrieb wären somit 100 Reinzuchtsauen im Bestand. Diese werden zum einen mit Sperma von Vorstufenebern besamt, um die Jungsauen zu erzeugen. Die besten Sauen werden aber mit Sperma von Ebern gleicher Rasse belegt, um die Remontierung der Kernzuchtherde sicherzustellen.
Bei diesem Modell sollte der Betrieb die Beratung des angeschlossenen Zuchtunternehmens einholen. Neben den Zuchtwerten der Sauen sind unter Umständen Abferkelverhalten und Ferkelverluste bei der Entscheidung, welche Sau für die Reinzuchtanpaarung ausgewählt wird, ebenso zu berücksichtigen wie das äußere Erscheinungsbild. Der organisatorische Aufwand ist also recht hoch und keinesfalls zu unterschätzen.
Im Vergleich dazu ist die Wechselkreuzung einfacher zu handhaben. Bei diesem Modell wird die Produktionssau zurückgekreuzt. Da auf eine Kernherde mit Reinzuchttieren verzichtet wird, ist dieses Verfahren auch für Betriebe mit kleineren Herden geeignet.
Selektionsgrundlage ist also die komplette Herde. Somit ist eine breite Se-lektionsbasis gegeben, was aus züchterischen Gesichtspunkten ein Vorteil ist. Allerdings führt dieses Modell zu einem Verlust von Heterosis und damit zu einer geringeren Fruchtbarkeit. Bei der Wurfgröße sind unter Umstän-den bis zu 5 % weniger Ferkel in Kauf zu nehmen.
Nebenprodukte nicht untermischen
Bei der Eigenremontierung muss die Vermarktung der männlichen Ferkel geregelt werden. Die geringsten Er-löseinbußen in der Mast sind in der Regel nur bei entsprechend angepasster Futterkurve in Flüssigfütterungssystemen am Quertrog möglich. Dies schränkt die Zahl der potenziellen Mastbetriebe erheblich ein.
Deshalb wird den Eigenremontierern empfohlen, nicht nur die entsprechenden Aufzuchtkapazitäten einzurichten, sondern selbst eine gewisse Anzahl von Mastplätzen für Nebenprodukte vorzuhalten. Dies kann zum Beispiel über einen Pachtstall geregelt werden.
Wer die Vorstufentiere nicht selbst im Betrieb ausmästen kann und mit den Kreuzungsferkeln an die angeschlossenen Mastbetriebe weitergibt, sollte klare Absprachen treffen. Ein nicht abgesprochenes „Untermischen“ der Nebenprodukte führt regelmäßig zu Konflikten und belastet eine ansonsten stabile Ferkelerzeuger-Mäster-Beziehung.
Gerade bei der Vermarktung der Vorstufentiere an die Mäster ist eine eindeutige Kennzeichnung wichtig. Dies erleichtert das Mastmanagement und deren Rückverfolgbarkeit im Hinblick auf die tatsächlichen Erlöseinbußen von Vorstufentieren im Mastbetrieb.
Fazit
Wer sich für die Eigenremontierung entscheidet, reduziert die Tierzugänge und verringert so das Risiko, ungewollt Keime in die Herde einzuschleppen.
Die Praktikabilität verschiedener Eigenremontierungs-Varianten ist vom Können des Betriebsleiters und von der Größe der Herde abhängig.
Bei der Eigenremontierung wird der züchterische Fortschritt insbesondere über den Spermaeinsatz weitergegeben. Deshalb ist eine sorgfältige Auswahl der Väter der künftigen Jungsauen sehr wichtig.
Im eigenen Interesse sind die Jungsauen sorgfältig zu selektieren. Sonst leidet die Homogenität der Sauenherde und der an die Mast abzugebenden Ferkelgruppen.