Wer ungleichmäßige Schweine abliefert, wird abgestraft. Über züchterische Möglichkeiten, die Streubreite weiter zu verringern, sprach SUS mit Prof. Horst Brandt, Universität Gießen.SUS: Durch die Steigerung der Wurfgröße ist oft auch der Anteil zu leicht geborener Ferkel gestiegen. Verstärkt dies die Streuung bei den Mastschweinen? Brandt: Ja, dies wird in der Praxis tendenziell beobachtet. Die Zuchtunternehmen haben dies erkannt und erfassen in den Basiszuchten die Geburtsgewichte, um entsprechend gegenzusteuern. Ihr Ziel ist, die Streuung der Geburtsgewichte innerhalb der Würfe weiter zu verringern und so zum einen die Ferkelvitalität zu verbessern. Zum anderen sollen die Ferkel mit möglichst einheitlichen Gewichten abgesetzt werden können, wobei hier natürlich noch andere Faktoren, z. B. die Milchleistung oder die Gesäugequalität, eine Rolle spielen. SUS: Kann über eine gezielte Eberauswahl die Streuung verringert werden? Brandt: Der einfachste Weg ist, die Anzahl der Eber zu begrenzen. Im Idealfall setzt man nur einen Eber pro Mastgruppe ein. Günstig ist, wenn die Eber und Sauen an den für das Merkmal bedeutenden Genorten homozygot sind. So weiß man, dass die Streuung bei ausschließlich NN-Endprodukten geringer ist als in einer Gruppe von Tieren, die den MHS-Status NN oder NP aufweisen. SUS: Empfehlen Sie, mit so genannten Eberpools zu arbeiten? Brandt: Ja. Vererber eines Pools sollten aber gleichgerichtete Zuchtwerte in den Einzelmerkmalen aufweisen. Eine Auswahl nach Gesamtzuchtwert macht keinen Sinn, da aus der Sicht der Einzelzuchtwerte die Eber doch sehr heterogen sein können. SUS: Worauf sollte man auf der Sauenseite achten? Brandt: Je mehr Rassen beteiligt sind, desto größer ist prinzipiell auch die Variabilität bei den Nachkommen. Dies gilt besonders, wenn die Rassen sehr unterschiedlich sind. Dies ist der Fall, wenn neben DL und DE auch eine Duroc-Linie eingesetzt wird. Auch Rotationskreuzungen mit sehr unterschiedlichen Rassen können die Variabilität bei den Nachkommen erhöhen. SUS: Immer mehr Schweine werden über AutoFOM-Ergebnisse abgerechnet. Ist das Merkmal Indexpunkte je kg SG erblich? Brandt: Erste Analysen haben ergeben, dass das Merkmal Indexpunkte je kg Schlachtgewicht, berechnet nach der derzeit gültigen WestfleischMaske, eine Erblichkeit von 14 % zeigt. Dies ist recht ordentlich. Andere AutoFOM-Merkmale, die bei der Nachkommenprüfung berücksichtigt werden, haben auch nur Erblichkeiten, die sich in diesem Bereich bewegen. SUS: Man könnte also auf hohe Indexpunkte je kg SG züchten? Brandt: Theoretisch schon. Zumindest sind zwei wichtige Voraussetzungen für eine züchterische Bearbeitung erfüllt: Erblichkeit und wirtschaftliche Bedeutung. Zudem würden für die Erfassung des Merkmals keinerlei zusätzliche Kosten entstehen, da alle notwendigen Informationen in der bisherigen Nachkommenprüfung bereits erfasst werden. SUS: Warum steigt man im Rahmen der Nachkommenprüfungen nicht auf dieses Merkmal um? Brandt: Hier spielen auch die genetischen Korrelationen dieses Merkmals zu den anderen Merkmalen eine Rolle. Da sich die Indexpunkte je kg SG aus den einzelnen AutoFOM-Teilstücken berechnen, ergeben sich zwischen den Indexpunkten je kg SG und den Teilstücken Schinken, Lachs, Schulter und auch dem Bauchfleischanteil sehr hohe positiv gerichtete Korrelationen zwischen 0,9 und 0,95. Damit liefert das Merkmal eigentlich keinen zusätzlichen Informationsgewinn. Es kann eher als Zusammenfassung der Einzelmerkmale angesehen werden. Hinzu kommt, dass dieses Merkmal zum Bauchgewicht eine hohe negative genetische Beziehung zeigt. Diese besteht aber auch z. B. zwischen dem Bauchfleischanteil und dem Gewicht des Teilstückes Bauch. SUS: Was heißt das für die Zucht? Brandt: Wir Züchter sprechen in diesem Zusammenhang von einem Antagonismus. Das heißt: Bei einer Zucht auf einen hohen Bauch-fleischanteil oder hohe Indexpunkte je kg SG wird der Bauch weggezüchtet. Dieser Trend würde sich aber bei der derzeitigen Westfleisch-Maske mit der Grenze von mindestens 14 kg Bauch für eine optimale Bewertung langfristig negativ auswirken. SUS: Haben Sie nur die Westfleisch-Maske im Blick? Brandt: Hier liegt ein zusätzliches Problem und ein weiteres Argument gegen eine Berücksichtigung der Indexpunkte je kg SG bei der Zuchtwertschätzung. Sollten wir wieder eine größere Maskenvielfalt bekommen, macht es keinen Sinn, Zuchtwerte für jede einzelne Maske zu berechnen. Inwieweit sich die Erblichkeiten der Indexpunkte und auch die Korrelationen zu den anderen Merkmalen dadurch verändern, kann auch nicht vorhergesagt werden. SUS: Gibt es Eber, die sich durch zum Beispiel einheitliche Schinkengewichte bei den Nachkommen auszeichnen? Brandt: Es ist zu erwarten, dass es Unterschiede zwischen einzelnen Ebern geben wird. Doch es ist sehr schwierig, ein Merkmal zur Beschreibung von Variabilität zu definieren. Wahrscheinlich müsste man nicht nur die Anzahl Nachkommen sondern auch die Anzahl Sauen und deren Genotypen standardisieren, an die die Prüfeber angepaart werden. Auf der anderen Seite werden bei starkem Selektionsdruck langfristig nur noch die Genabschnitte mit den gewünschten Effekten vorkommen. Dies gilt zumindest für die Genorte, die einen großen Einfluss auf die Zielmerkmale haben. SUS: Kann die aktuell diskutierte genomische Selektion helfen, einheitlichere Schweine zu produzieren? Brandt: Auch die genomische Selektion kann das Problem direkt nicht lösen. Bevor sie zum Einsatz kommen kann, muss die Variabilität erst einmal phänotypisch an einer geeigneten Stichprobe erfasst werden, um im zweiten Schritt die so genannten SNPs zu finden, die einen Einfluss auf die Variabilität zeigen. Generell ist die Zucht auf Variabilität angewiesen, denn ohne sie ist kein Zuchtfortschritt möglich. Dies gilt auch für die genomische Selektion, denn ohne unterschiedliche Allele an den SNPs kann auch die genomische Selektion keine Verbesserung bringen. SUS: Wir danken für das Gespräch.