Fünf Steckbriefe der Piétrain-Zuchtprogramme zeigen, wo die Unterschiede liegen.Piétrainzucht für zwei-geteilten Markt In der bayerischen Herdbuchorganisation EGZH werden Piétrain-Endstufen-eber mit knapp 1 000 geprüften Stammsauen erzeugt. Der bayerische Piétrain-eber ist ein Universaleber für alle Sauenlinien. Die derzeit etwa 20 Zuchtbetriebe halten im Mittel etwa 40 bis 50 Stammsauen. Aufgrund der in Süddeutschland traditionell bestehenden Nachfrage nach ex-trem fleischreichen Schlachtkörpern werden vor allem in Nordbayern und für den Export in den Mittelmeerraum, zum Beispiel nach Spanien, typbetonte Eber mit allerbester Futterverwertung bereitgestellt. Im Süden Bayerns kommt hingegen vorwiegend der wüchsige und stressstabile Piétrain zum Einsatz. In der bestehenden Population werden daher gezielt verschiedene Linien züchterisch bearbeitet. Neben der Stressstabilität wird auch zwischen Zunahme- und Fleischeber unterschieden. Die bayerische Leistungsprüfung umfasst jährlich etwa 3 200 Eber. Von diesen wiederum werden etwa 2 200 als Zuchteber verkauft. 60 % des Eberabsatzes findet in Bayern statt. Der Anteil verkaufter Eber an bayerische Besamungsstationen liegt bei etwa 20 %. Eine Besonderheit sind die Nachkommenprüfungen von Ebern auf Station, da diese durchgängig in der Reinzucht- und Kreuzungsstufe durchgeführt werden. Die Selektion der Eber findet auf Basis der BLUP-Zuchtwertschätzung statt. Erschwerend für die Organisation und Wirtschaftlichkeit der Piétrainzucht ist im Vergleich zu anderen Herdbuchzuchten sicherlich die Unabhängigkeit der drei Schweinebesamungsstationen in Bayern. Auch rechnen die bayerischen Zuchtexperten mit einem weiteren Strukturwandel, verbunden mit einem Rückgang an Zuchtbetrieben. Einzelbetriebliches Wachstum in Ferkelerzeugerbetrieben dürfte ebenfalls zu einem geringeren Deckeberabsatz führen. Die Nachfrage nach extrem fleischreichen Schlachtkörpern bzw. Zuchtebern dürfte mittelfristig bestehen bleiben. Der züchterische Schwerpunkt der bayerischen Piétrainzucht liegt jedoch beim wuchsbetonten Endstufeneber mit ausreichender Fleischfülle und sehr guter Fleischbeschaffenheit. Clar 77er-Eber: Ausgeglichenes Leistungsprofil Im BHZP-Programm werden 650 Piétrain-Stammsauen in fünf PRRS-negativen Basiszuchtbetrieben gehalten. Es werden der stressstabile Programmeber db.77 sowie der Duroc-Piétrain-Kreuzungseber (db.86) erzeugt. Im Jahr 1996 wurde die Stresssanierung der damaligen Piétrainlinie db.06 begonnen und konnte im Jahr 2002 abgeschlossen werden. Die konsequente Stresssanierung führte zu einer Verbesserung der Wüchsigkeit, einhergehend mit positiven Effekten auf Vitalität und Fleischbeschaffenheit. Heute werden überwiegend db.77-Eber eingesetzt. Im letzten Jahr wurden ca. 1 400 Eber verkauft, davon 250 Eber ins Ausland (Niederlande, Frankreich). Auf deutschen Besamungsstationen standen in 2010 knapp 1 200 Eber, vorrangig in Niedersachsen und den neuen Bundesländern. Die Zuchtwertschätzung, die auf dem BLUP-Mehrmerkmalsmodell basiert, wird sowohl für Reinzucht- als auch für Kreuzungstiere durchgeführt. Grundlage sind Daten aus der Reinzuchtprüfung sowie von Mastendprodukten aus ausgewählten Praxisbetrieben. Zudem werden 1 200 Jungeber jährlich in der zentralen unternehmenseigenen Prüfstation Spranz intensiv eigenleistungsgeprüft. Für jeden Eber liegen neben Zunahmen, Speck und Muskelwerten auch eigene Informationen zur Futteraufnahme und Futterverwertung vor. In den Zucht- und Testbetrieben werden alle Abstammungs- und Fruchtbarkeitsdaten mittels db-Planer erfasst. Für die Eigenleistungstests der Prüfeber (Station/Feld) und aller weiblichen Reinzuchttiere (Feld) kommt ein Zuchtmodul des db.Planers zum Einsatz. Schlachtkörperdaten der Reinzuchttiere sowie Klassifizierungsergebnisse von Endprodukten und Reinzuchttieren werden in einer zentralen Zuchtdatenbank gespeichert. Zusätzlich erfolgt bei den mehr als 700 Ebern in den BHZP-eigenen KB-Stationen eine strenge Überwachung der Anomalien, der väterlichen Fruchtbarkeit und Aufzuchtleistung in Praxistestbetrieben. Diese Daten stehen zur Selektion der db.77 ebenfalls zur Verfügung. Clar Große Zuchtbasis durch Kooperation Die Schweinezuchtverbände aus Schleswig-Holstein (SHZ), dem Rheinland (LRS) und aus Baden-Württemberg (SZV) wollen durch eine engere Zusammenarbeit die Zuchtaktivitäten effektiver gestalten. In den beteiligten Organisationen werden ca. 2 300 Stammsauen aus 40 Zuchtbetrieben züchterisch zur weltweit größten Piétrain-Population mit insgesamt mehr als 30 verschiedenen Piétrain-Genealogien zusammengeführt. Seit 2009 ist eine überregionale und einheitliche Zuchtwertschätzung vollständig umgesetzt. Durch scharfe Selektion auf einer breiten Basis und dem überregionalen Einsatz von Spitzenvererbern werden Endprodukteber erzeugt, die unter dem zertifizierten Markennamen German Piétrain geführt werden. Im Rahmen der stationären Leistungsprüfung durchlaufen jährlich ca. 1 800 Reinzuchttiere fünf verschiedene Prüfstationen in vier Bundesländern. Hinzu kommen künftig Leistungsdaten von ca. 40 000 Mastendprodukten aus der Nachkommenprüfung im Feld und aus der Stationsprüfung. Die Eigenleistungsprüfung im Feld wird bei jährlich rund 5 000 Jungebern durchgeführt. In der zentralen Datenbank sind alle Abstammungs-, Wurf- und Leistungsinformationen abgelegt. Aktuell beinhaltet die Zuchtwertschätzung ca. 130 000 Tiere, über 40 000 Leistungsinformationen aus Eigenleistungsprüfungen und mehr als 16 500 Datensätze von Prüftieren aus der Stationsprüfung. Im letzten Jahr wurden rund 3 700 Eber verkauft, davon etwa 1 200 Eber ins Ausland (90 % Spanien, Frankreich). Auf deutschen Besamungsstationen standen in 2010 knapp 1 700 Eber aus dem German-Piétrain-Programm, vorrangig in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Bayern. Clar Sichere Zuchtwerte durch Genomselektion Die deutsche PIC ist mit den Piétrain-Varianten L408 (NN) und L426 (NP) als Anbieter präsent. Von den weltweit ca. 2 500 Stammsauen des Zuchtunternehmens werden ca. 330 Sauen im PIC-eigenen Stammzuchtbetrieb Wulkow für den deutschen Markt gehalten. Im Bedarfsfall findet aber auch international ein Austausch statt. Zusätzlich kooperiert die deutsche PIC seit 2004 mit drei Zuchtbetrieben und insgesamt ca. 350 Stammsauen der Schweineherdbuchzucht Schleswig-Holstein e.V. (SHZ). Die PIC-SHZ Piétrain-Züchtergruppe unterliegt genauso wie alle anderen PIC-Betriebe dem kompletten PIC-Monitoringprogramm, um das gesundheitliche Niveau, z. B. PRRS-Freiheit, sicherzustellen PIC-Deutschland vermarktet jährlich ca. 1 000 Eber. Hiervon gehen etwa 350 Eber in KB-Stationen, vornehmlich nach Deutschland und ins europäische Ausland. Die Ebervariante L408 (NN) hat einen Marktanteil von 90 %. Die deutschen PIC-Eber (ca. 3 500 pro Jahr) durchlaufen im Stammzuchtbetrieb Wulkow eine zentrale Eigenleistungsprüfung. Parallel hierzu erfolgt auch eine Prüfung von Halbgeschwistern bzw. später auch von Nachkommen auf der Stufe von Mastendprodukten in ausgewählten Mastbetrieben. Zusätzlich fließen die Daten aus der Erbfehlerschätzung der Eber in die Zuchtarbeit mit ein. Die genomische Selektion, zunächst als Gen-Marker-Technologie (PICmarq) über einzelne Marker wie Futteraufnahme, Fleischansatz und Fleischbeschaffenheit, ist seit 2002 fester Bestandteil im Zuchtprogramm. Im Jahr 2010 wurde dann auf die heute übliche SNP-Chiptechnologie umgestellt und zusätzlich auf den Merkmalsbereich „Verluste im Ferkel- und Mastbereich“ erweitert. Clar Futtereffizienz und Vitalität im Fokus Vor knapp zwei Jahren haben Topigs und der SNW (Schweineerzeuger Nord-West e.G.) ihre stressresistenten Piétrainpopulationen zusammengeführt und ein gemeinsames Zuchtprogramm gestartet. Dabei steht die genetische Verbesserung bei Zunahme und Futterverwertung sowie bei der Fleischfülle im Vordergrund. Des Weiteren werden Kriterien wie Vitalität sowie Tropfsaftverluste berücksichtigt. In Deutschland werden rund 600 Piétrainsauen gehalten. Hinzu kommen weitere 600 Sauen auf holländischen, französischen und spanischen Betrieben. Im letzten Jahr verkaufte die Topigs/SNW GmbH knapp 1 000 Jungeber, wobei 10 % ins Ausland abgesetzt wurden. Derzeit stehen ca. 300 Piétrain-Select-Eber auf deutschen KB-Stationen, darunter 60 in der Topigs-eigenen Station Stockhausen (Sachsen). Für jede Tube Piétrain-Select-Sperma wird eine Zuchtlizenz von 0,40 € erhoben, um die Zuchtarbeit finanzieren zu können. So wurden in 2010 von über 150 000 Portionen Lizenzen eingefordert. Bei Topigs setzt man auf gezielte Anpaarungen und umfangreiche Datenerhebungen in den Zucht- und Testbetrieben. So wurde z.B. die Muskelfleischmessung am lebenden Tier (Life Muscle Scan) eingeführt. Auch sind Testbetriebe neu aufgebaut worden, um Felddaten bei der Zuchtwertschätzung mit zu berücksichtigen. Zusätzlich werden zwei Tiere aus jedem Jungsauenwurf auf der LPA geprüft. Auch in puncto Ebermast ist man gerüstet. Um die Geruchsrate bei den Nachkommen zu reduzieren, setzt Topigs bei den Eberlinien auch auf die genomische Selektion. Insgesamt werden derzeit umfangreiche Investitionen in diesem Bereich getätigt, um den Zuchtfortschritt zu beschleunigen.Clar