Dr. Markus Haarannen, SNW, Christiane Schulze Langenhorst, LPA Haus Düsse Stressfreier Piétrain, weniger Tropfsaftverlust! Bei der Frischfleischvermarktung über die SB-Theke rückt das Qualitätskriterium Tropfsaftverlust immer mehr in den Vordergrund. Wo die einzelnen Kreuzungen und Rassen aktuell liegen, zeigen neuere Untersuchungen an der LPA Haus Düsse.Frischfleisch wird zusehends portionsweise und eingeschweißt in Schalen angeboten. Der Anteil der SB-Ware am gesamten Frischfleischangebot liegt heute bereits bei rund 40 % und könnte in den nächsten Jahren weiter steigen. In diesem Zusammenhang gewinnt das Qualitätskriterium Tropfsaftverlust an Bedeutung. Denn bei unzureichendem Wasserbindungsvermögen sammelt sich Fleischsaft in der SB-Schale, woran sich der Konsument stören könnte. Doch nicht nur bei der Frischfleischvermarktung über die SB-Schiene haben Tropfsaftverluste (Drip) eine Bedeutung. Mangelndes Wasserbindungsvermögen beeinflusst vielmehr die Wirtschaftlichkeit in der gesamten Fleischverarbeitung. Demzufolge werden die Fleischqualitäten und insbesondere die Tropfsaftverluste künftig bei der züchterischen Ausrichtung eine größere Rolle spielen als bisher. Haus Düsse erfasst den Tropfsaftverlust Derzeit werden Fleischqualitätsmerkmale im Rahmen der stationären Leistungsprüfung durch Messungen des LF-Wertes (elektrische Leitfähigkeit), des pH-Wertes (Säuregrad) und Fleischhelligkeitsmessungen ermittelt. Eine routinemäßige Erfassung des Merkmals Tropfsaftverlust ist zum jetzigen Zeitpunkt in der Richtlinie über die Durchführung der stationären Leistungsprüfung nicht vorgesehen. Um Erfahrungen über die Praktikabilität dieser Merkmalserfassung bei der Durchführung der Leistungsprüfung zu gewinnen, werden seit Januar diesen Jahres Untersuchungen zum Tropfsaftverlust an Schweineherkünften des Schweinezüchterverbandes Nord-West e.V. durchgeführt. Die Erfassung des Tropfsaftverlustes erfolgt im Rahmen der Geschwister-/Nachkommenprüfung auf Station durch Mitarbeiter der Leistungsprüfungsanstalt Haus Düsse. Dabei werden 24 Stunden nach dem Schlachten aus einer Kotelettscheibe jeweils zwei Fleischproben mit einem Rundmesser herausgeschnitten. Die Fleischproben werden in Kunststoffbehältern verpackt eingewogen und gekühlt aufbewahrt. An der Unterseite der Probenbehälter befindet sich eine Öffnung, so dass der entstehende Tropfsaft abfließen kann. 24 Stunden nach der Probenentnahme wird der Tropfsaftverlust durch Zurückwiegen ermittelt. Von Januar bis Mitte Juni 2004 wurden insgesamt 774 Schlachtkörper beprobt. Die ersten Ergebnisse lassen rassenspezifische Unterschiede erkennen. So wiesen die Piétrain-Reinzuchttiere nach 24 Stunden einen gegenüber anderen Rassen und Kreuzungen höheren Tropfsaftverlust von im Durchschnitt 2,63 % auf (siehe Übersicht 1). Bessere Ergebnisse wurden bei den Mutterrassen erreicht: So wies das Deutsche Edelschwein (DE) von allen betrachteten Rassen bzw. Herkünften mit 1,06% den geringsten Tropfsaftverlust nach 24 Stunden auf. Nachkommen der Deutschen Landrasse (DL) lagen mit durchschnittlich 2,10% deutlich darüber. Tiere aus der Anpaarung DL x DE bzw. DE x DL bewegten sich mit einem Wert von 1,68% zwischen den Edelschweinen und den DL-Tieren. Auch Endprodukte wurden bei der Untersuchung mit einbezogen. Dabei schnitten Tiere der Vierrassenkreuzung (HA x PI) x (DE x DL) mit durchschnittlich 2,69 % schlechter ab als die Piétrain-Reinzuchttiere. Bei Schweinen der Dreirassen-kreuzung PI x (DE x DL) wurde mit 2,18% ein wesentlich günstigerer Durchschnittswert ermittelt. Große Streuung innerhalb der Rassen und Kreuzungen Auch innerhalb der verschiedenen Rassen und Herkünfte waren große Unter-schiede zu erkennen. Dies zeigt die Streubreite, ausgedrückt durch die Minimumund Maximumwerte (siehe Übersicht 1). Zur besseren Darstellung der Ergebnisse wurden gleichzeitig Tropfsaftverlust-Klassen gebildet. Dabei wurde folgende Einteilung vorgenommen: gut: 0 bis 2% Tropfsaftverlust; ausreichend: 2 bis 4% Tropfsaftverlust; schlecht: 4 bis 6% Tropfsaftverlust; sehr schlecht: über 6% Tropfsaftverlust. Die Ergebnisse sind in der Übersicht 2 zu finden: Nahezu 86 % der untersuchten DETiere wiesen gute Tropfsafteigenschaften auf. Lediglich 11,4 % der DE-Nachkommen bekamen das Prädikat ausreichend und nur 2,9% waren als sehr schlecht einzustufen. Deutlich schlechter fiel die Einstufung für die Rasse DL aus. Hier wurde nur in knapp der Hälfte aller Fälle ein gutes Ergebnis erreicht. Der Anteil sehr schlechter Beurteilungen war mit 4,35 % vergleichsweise hoch. Auch bei der Rasse Piétrain konnte bei nur 51 % der untersuchten Tiere ein gutes Tropfsaftergebnis ermittelt werden. Mit 8,38 % war diese Vaterrasse am häufigsten in der Kategorie sehr schlecht vertreten. Auch bei der Drei- und Vierrassenkreuzung galt der Kategorie sehr schlechte Tropfsaftqualitäten besonderes Augenmerk. Mit 4,84% bzw. 5,88 % der Einstufungen in der sehr schlechten Gruppe wurde hier ein Ergebnis erreicht, das nicht zufrieden stellend ist. Die Untersuchung hat also gezeigt, dass selbst bei den unproblematisch eingestuften Kreuzungen durchaus Problemtiere auftreten können. Da die Rasse Piétrain als Vater der Endprodukte eine besondere Stellung im Zuchtprogramm einnimmt, wurden hier weitere Untersuchungen vorgenommen. Dabei zeigte sich, dass die Ausprägung des Merkmals Tropfsaftverlust entscheidend vom MHS-Status des Tieres abhängig ist. Die Ergebnisse werden in der Übersicht 3 wiedergegeben. Stressstabiler Piétrain schneidet besser ab Demnach wiesen NN-Tiere gegenüber NP- und PP-Tieren die besten Tropfsaftqualitäten auf. Sie sind in ihrem prozentualen Anteil von Tieren mit guten Tropfsafteigenschaften mit gut 64 % nicht schlechter einzustufen als Tiere der weniger fleischbetonten Rassen und Herkünfte. Mischerbig stressstabile Piétraintiere (MHS-Genstatus NP) hingegen erreichten nur in 48 % der Fälle die Qualitätsklasse gut, während die PP-Tiere mit einem Anteil von nur rund 7% guter Tropfsaftqualitäten deutlich abfielen. Dementsprechend hoch waren bei den stresslabilen PP-Tieren die Anteile schlechter bzw. sehr schlechter Tropfsaftqualitäten. Dieses Ergebnis lässt die Schlussfolgerung zu, dass innerhalb der Rasse Piétrain die genetisch bedingten Unterschiede in puncto Tropfsaftverlust zum großen Teil auf den unterschiedlichen MHS-Genstatus zurückzuführen sind. Aus der Sicht der Fleischqualität und vor allem des sehr wichtigen Merkmals Tropfsaftverlust empfiehlt sich daher ein vermehrter Einsatz des NN-Ebers in der Ferkelproduktion zur Erzeugung von Mastendprodukten. Um Einbußen bei der Fleischfülle und schlechtere Klassifizierungsergebnisse zu vermeiden, ist bei der Eberauswahl innerhalb der Kategorie Stressstabiler Piétrain gleichzeitig auf hohe Teilzuchtwerte für Muskelfleischanteil zu achten bzw. sollte dieser nicht stark negativ sein. Was festzuhalten bleibt Die Mast verlangt fleischreiche Schweine mit ausgeprägten Teilstücken. Gleichzeitig sollte auf gute Fleischqualität und wegen des zunehmenden SB-Anteils beim Frischfleischverkauf insbesondere auf die Tropfsaftverluste geachtet werden. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich der vermehrte Einsatz von NN-Piétrainebern in der Ferkelproduktion. Denn der stresssanierte Piétrain weist wesentlich bessere Tropfsaftqualitäten auf als stressanfällige NP- oder PP-Tiere der selben Vaterrasse. Zwar wird die fortschreitende Stresssanierung innerhalb der Rasse Piétrain zu einer Verbesserung in diesem Fleischqualitätsmerkmal auch bei den Kreuzungstieren führen. Um die Streubreite innerhalb der stressstabilen Population weiter einengen zu können, wird derzeit geprüft, ob das Merkmal Tropfsaftverlust im Rahmen der stationären Leistungsprüfung routinemäßig erfasst und züchterisch bearbeitet werden kann. Für die Untersuchung wird eine Fleischprobe aus dem Kotelett entnommen. DE DL PI DL x DE/ PIx (HA x PI) x DE x DL (DExDL) (DE x DL) Anzahl (n) 35 69 394 180 62 34 Tropfsaftverlust n. 24 h (%) 1,06 2,10 2,63 1,83 2,18 2,69 Standardabweichung (%) 1,18 1,89 2,11 1,68 2,06 1,96 Minimum (%) 0,06 0 0 0 0 0,17 Maximum (%) 6,01 7,17 13,27 8,01 10,09 6,22 Schlachtzeitraum: 14.1.04 16.6.04 Tropfsaftverluste in Abhängigkeit von der Rasse bzw. Herkunft 1 Bei Piétrain ist die Ausprägung des Merkmals Tropfsaftverlust vom MHSGenstatus abhängig. Fotos: Schulze Langenhorst, Niggemeyer 0 20 40 60 80 100 DE DL PI DE x DL/ DL x DE PI x (DE x DL) Schlachtzeitraum: 14.1.2004 bis 16.6.2004 (HA x PI) x (DE x DL) Tropfsaftverluste (Klassen) gut 0 2 % ausreichend 2 4 % schlecht 4 6 % sehr schlecht über 6 % Verteilung der Prüftiere nach Rasse und Tropfsaftklassen 2 Die Streubreite war zwischen den Rassen/Kreuzungen, aber auch innerhalb der genetischen Herkünfte sehr groß. Grafiken: Bendig, Breithaupt NN 129 Tiere NP 238 Tiere MHS-Genstatus PP 15 Tiere Schlachtzeitraum: 14.1. 16.6.2004 0 20 40 60 80 100 Tropfsaftverluste (Klassen) gut 0 2 % ausreichend 2 4 % schlecht 4 6 % sehr schlecht über 6 % % NN-Piétraintiere mit guten Ergebnissen 3 Über 60 % der stressstabilen Tiere (MHSGenstatus NN) wiesen eine gute Tropfsaftqualität auf. - Haarannen -