Der Jungsauenmarkt ist hart umkämpft. SUS gibt einen Überblick, mit welchen neuen Zuchtzielen und -strategien die Unternehmen bei ihren Kunden punkten wollen. Die Strukturen in der Ferkelproduktion verändern sich. Der Wettbewerbsdruck ist immens, so dass viele, meist kleinere Betriebe aufgeben mussten. Diese Entwicklung könnte sich auch in kommenden Jahren weiter fortsetzen. Denn etliche Betriebe müssen noch auf die Gruppenhaltung umrüsten, um ab 2013 gesetzeskonform Ferkel zu produzieren. Die hierfür erforderlichen Investitionen wird der eine oder andere Ferkelerzeuger nicht tätigen wollen oder können. Diesen wirtschaftlichen Druck spüren auch die Jungsauenvermehrer und Eberzüchter. Denn der Kuchen, den es unter den Zuchtunternehmen zu verteilen gilt, wird immer kleiner. In den kommenden Jahren könnte der deutsche Sauenbestand von jetzt 2,1 Mio. auf deutlich unter 1,8 Mio. Sauen sinken. Aufgrund weiter steigender Wurfgrößen würden dann deutschlandweit immer noch ca. 52 Mio. Ferkel produziert. Hinzu kommt, dass der technische und logistische Aufwand in der Zucht weiter zunimmt. DNA-Typisierung und genomische Selektion sind zwei Beispiele. Die Zuchtunternehmen müssen also Wege finden, diese Kostensteigerungen aufzufangen. Gelingt dies nicht, sind interne Umstrukturierungen und Anpassungen unausweichlich. Nicht von ungefähr meldeten im Sommer 2011 gleich zwei Unternehmen Insolvenz an: JSR Hirschmann und UPB-Deutschland. Auch das Unternehmen Hülsenberger verabschiedete sich aus der Jungsauenvermehrung. PIC Deutschland ließ aufhorchen, als der Vertrieb verschlankt wurde. Topigs meldete 2011 einen Wechsel an der Spitze der Geschäftsführung, ebenso der Mitteldeutsche Zuchtverband. Bei PIC Deutschland ist diese Position seit Monaten nicht besetzt. Trotz dieser Unruhen und Schlagzeilen hat es kaum Veränderungen bei der Hitliste der Zuchtunternehmen gegeben. Nach wie vor dominiert die Danzucht-Sau. Insider schätzen das jährliche Verkaufsvolumen auf inzwischen über 200 000 Jung-sauen. Auf Platz zwei und drei folgen die international tätigen Unternehmen Topigs und PIC, die zusammen auf nochmals 200 000 Jungsauen inklusive Eigenremontierung kommen dürften. Danach belegen zwei deutsche Zuchtunternehmen die Plätze vier und fünf: BHZP und German Genetics. Das holländische Unternehmen Hypor, ebenfalls auf mehreren Kontinenten tätig, wird in Deutschland auf Platz sechs gesehen (s. Übersicht 1). Diese sechs Unternehmen machen über 70 % aller Verkäufe unter sich aus. Regionale Zuchtverbände bzw. deren Vertriebsorganisationen wie die EGZH in München oder der Mitteldeutsche Zuchtverband konnten ihre Stellung in der Region verteidigen. Hinzu kommen Aktivitäten kleinerer Verbände z. B. in Hessen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Die Herdbuchzucht insgesamt hat aber an Bedeutung verloren. Auch werden Zuchttiere französischer Herkunft (z. B. ADN, PenArLan, Gene+) an den Mann gebracht. Hinzu kommen englische (JSR) oder irische (Hermitage) Genetiken. Diese meist kleineren Zuchtfirmen punkten oft mit enger Kundenbindung. Auch sie werden größtenteils auf der EuroTier vertreten sein. Die Zucht lebt davon, dass die Ziele regelmäßig überprüft und angepasst werden. Der Selektionsdruck auf große Würfe wurde in letzter Zeit teils zurückgenommen, um andere Merkmale, Trends oder Herausforderungen stärker in den Fokus zu rücken. Oder der technische Fortschritt hat neue Selektionsmöglichkeiten eröffnet. Hier einige Trends, die in der Zuchtstufe zu beobachten sind: Auch das ist ein Trend: Die Kundenbetriebe sind experimentierfreudiger geworden. Trotz hygienischer Bedenken haben einige Ferkelerzeugerbetriebe drei oder vier verschiedene Sauenherkünfte in ihrem Stall, ohne dass der Vermarkter oder der abnehmende Mäster Protest einlegt. Um die Kundenbetriebe dennoch mittel- und langfristig eng an das Unternehmen zu binden, bieten die Unternehmen diverse Serviceleistungen und Beratungen an. Denn viele Sauenhalter brauchen fachliche Unterstützung, um den höchstmöglichen genetischen Fortschritt in der Herde zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für Betriebe, die auf die Eigenremontierung umgestellt haben. Eine Kundenbindung wird auch über tierärztliche Beratung erreicht. Denn die Ferkelvermarktung orientiert sich sehr stark am Gesundheitsstatus der Sauenherde und der Ferkel. Das hat die Zuchtunternehmen veranlasst, die Vermehrungsstufe zu durchleuchten und Herden mit ungenügendem Status von der Vermehrung auszuschließen. Zudem ist die Dokumentation der Tiergesundheit in der Betrieben sowie die Weitergabe der relevanten Daten mittlerweile wichtiger Bestandteil der Zuchtprogramme geworden. Aber auch die begleitende Beratung zur Jungsaueneingliederung oder zu den Impfprogrammen bei Sauen und Ferkeln darf in einem modernen Genetik-Programm nicht zu kurz kommen. Der „Kuchen“ wird kleiner Danzucht, Topigs und PIC vorn Züchter setzen neue Akzente Kundenbindung über Service Bleibt festzuhalten Um gering vererbliche oder schlecht erfassbare Kriterien besser züchterisch bearbeiten zu können, haben die Unternehmen die genomische Selektion vorangetrieben. Allerdings setzt diese voraus, dass die Phänotypen zunächst erfasst werden müssen. Zudem muss die Lernstichprobe groß genug sein. Nicht erst seit der Tierschutz-Debatte werden auch Merkmalskomplexe wie Vitalität oder soziales Verhalten diskutiert. Jedes Unternehmen sucht inzwischen nach Wegen, diese Merkmalskomplexe routinemäßig zu erfassen. Aufgrund weiter steigender Futterkosten ist in den meisten Zuchtprogrammen der Selektionsdruck auf bessere Futterverwertung und höhere Zunahmen gerichtet worden. Dies gilt sowohl für die Sauen- als auch für die Eberseite. Bei Endstufenebern wird heute routinemäßig geprüft, wie stark sie Eber-geruch vererben. Vatertiere mit wenig Eigengeruch werden vorrangig in Betrieben eingesetzt, die auf die Ebermast umgestellt haben. Zusätzlich suchen die Unternehmen nach Wegen, dem Ebergeruch auch züchterisch zu begegnen. Auch dies wird beobachtet: Viele Unternehmen haben noch vor Jahren mit einer dritten Linie auf der Mutterseite experimentiert. Inzwischen sind die meisten wieder auf die klassische Zwei-Linien-Sau aus Large White und Landrasse zurückgekommen. Auf der Eberseite scheint ebenfalls die Zeit der Experimente vorbei zu sein. Über 90 % aller Sauen werden mit Piétrain angepaart. Mehrere Piétrain-Herkünfte buhlen inzwischen um die Gunst der Ferkelerzeuger. In einem schrumpfenden Markt haben sich die sechs größten Jungsauenlieferanten behauptet. Zwei deutsche und vier international tätige Unternehmen machen über 70 % des Jungsauenverkaufs aus. Neue, schwer zu erfassende Merkmale, die u.a. den Tierschutz betreffen, werden zunehmend züchterisch bearbeitet. Hierfür muss moderne, aufwändige Zuchttechnologie eingesetzt werden. Um den höchstmöglichen genetischen Fortschritt in der Produktionsstufe zu gewährleisten, brauchen die Kunden Unterstützung. Service und Beratungsangebote fließen in die Bewertung einer Sauengenetik mit ein. -Heinrich Niggemeyer, SUS-