SUS 4 / 2024

Tierhaltung: Schafft Chancengleichheit!

Esther Wurm vom BRS fordert, das Behörden und Ministerien eine Balance zwischen Umwelt- und Tierschutzmaßnahmen und Wirtschaft finden.

Wenn es um neue Vorschriften und Auflagen geht, spielt Deutschland fast immer ganz vorne mit. Gefühlt sind wir in vielen Sektoren „Auflagen-Europameister“. Die Schweinehalter können davon ein Lied singen. Jahre bevor neue Standards EU-weit greifen, müssen unsere Ferkelerzeuger und Mäster schärfere nationale Vorgaben umsetzen (siehe Beitrag "Haltungsauflagen: Europameister Deutschland").

Jüngstes Beispiel ist das neue Tierschutzgesetz. Deutschland schießt hier zum wiederholten Mal ein Eigentor. Ein Blick in die Details zeigt das ganze Ausmaß der Herausforderungen: Ob Abferkelstall, Deck­zentrum oder Kupierverzicht – die Liste der Vorgaben, mit denen wir EU-Recht zeitlich vorweggreifen, ist lang. Die Vorschriften mögen aus Sicht des Tierschutzes „nach vorn gedacht“ sein, doch sie bringen die hiesigen Nutztierhalter finanziell in die Bredouille. Unsere Wettbewerbsfähigkeit sinkt immer weiter, weil die Produktionskosten explodieren. Das ruiniert die Existenz der Betriebe. Hohe planungsrechtliche Hürden verschärfen die Situation zusätzlich.

Das muss aufhören! Auf EU-Ebene muss Chancengleichheit her­gestellt werden. Besser heute als morgen! Falls die Politik die Augen weiter vor der Realität verschließt, sind deutsche Schweinehalter raus aus dem Spiel und schauen nur noch von der Auswechselbank zu. Ist dass das Ziel der Ampelkoalition, die auf mehr Nachhaltigkeit und einen geringen CO2-Fußabdruck bei Fleisch, Milch, Eiern usw. setzt?

Die Antwort darauf kann nur lauten: Nein. Denn importierte Lebensmittel – egal ob aus dem EU-Binnenmarkt oder vom Weltmarkt – haben in der Regel einen größeren CO2-Fußabdruck als regional ­produzierte Waren. Und von den oft viel niedrigeren Tierschutzstandards will ich erst gar nicht reden.

Allen politisch Verantwortlichen ist dringend zu raten, endlich die richtigen Akzente zu setzen. Entscheidend ist, eine ausgewogene Balance zwischen notwendigen Umwelt- und Tierschutzmaßnahmen und wirtschaftlicher Tragfähigkeit zu finden. Voraussetzung dafür ist eine offene und vorurteilsfreie Meinungsbildung in Behörden und Ministerien. Genauso wichtig ist ein offenes Ohr für die Sorgen der Landwirtschaft.