Baden-Württembergs Bauern schreiben Brandbrief​ ​ ​

Jeden Tag würde ein Schweinehalter wegen der katastrophalen Situation die Erzuegung aufgeben, so der LBV.

Deutschlands Schweinehalter und insbesondere die Ferkelerzeuger stehen wegen deutlich gestiegener Produktionskosten und zahlreicher staatlicher Auflagen derzeit stark unter Druck. Im Südwesten haben Bauern- und Zuchtverbände deshalb am vergangenen Mittwoch einen „Brandbrief“ mit sechs konkreten Forderungen an die Politik überreicht. „Die dauerhafte Belastung unserer Schweinehalter ist nicht mehr tragbar“, beklagte der Vizepräsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV) und Präsident des Schweinezuchtverbandes, Hans-Benno Wichert, bei der Übergabe des Briefes an den Vorsitzenden des Ausschusses für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Martin Hahn, sowie den Agrarsprecher der CDU-Landtagsfraktion, Klaus Burger.

Jeden Tag müssten Berufskollegen die Stalltür schließen, weil sich die Tierhaltung finanziell nicht mehr rechne. Wichert machte deutlich, dass die gestiegenen Erzeugerpreise die hohen Kosten für Futter, Energie, Dünger und Pflanzenschutzmittel sowie die kostenintensiven Auflagen für Schweinehalter nicht decken würden. „Wir brauchen jetzt ein handfestes Bekenntnis und eine entsprechende Unterstützung der Politik zur heimischen Landwirtschaft und zur regionalen Tierhaltung“, forderte der LBV-Vizepräsident. Erwin Heckler aus dem Fachausschuss Vieh und Fleisch des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV). Er berichtete, dass „vielen unserer Berufskollegen das Wasser bis zum Hals steht“. Ständig neue Auflagen könnten in dieser Schlagzahl nicht mehr umgesetzt werden, zumal sie sich nicht refinanzieren ließen. Laut den Verbänden sehen viele Betriebe keine Zukunftsperspektiven mehr und überlegen aufzuhören. Mehrere Schweinehalter hätten dies im Rahmen der Kampagne „Gib der Krise ein Gesicht“ zum Ausdruck gebracht und dargelegt, mit welchen konkreten Problemen sie zu kämpfen hätten.

Wichtige Forderung der Verbände im Brandbrief an die Politik sind ein „Stand Still“ und längere Übergangsfristen für Gesetzesauflagen, so lange offene Fragen - beispielsweise im Bau- und Genehmigungsrecht - nicht gelöst seien. Weil vielen Betrieben aktuell jegliche Zukunftsperspektive fehle, wird von der Politik ein „klares Bekenntnis zur heimischen Schweinehaltung“ eingefordert. Notwendig sei dabei die zeitnahe und vollumfängliche Umsetzung des Borchert-Plans, verbunden mit der Sicherstellung einer angemessenen und langfristig abgesicherten Finanzierung sowie Erleichterungen im Genehmigungs- und Baurecht. Um die heimische Produktion zu stärken und Transparenz für den Verbraucher zu schaffen, wird in dem Brief eine verbindliche Herkunftskennzeichnung mit 5xD über alle Stufen der Wertschöpfungskette hinweg einschließlich der Verarbeitungsware gefordert. Die geplante staatliche Tierhaltungskennzeichnung sei keine adäquate und brauchbare Lösung, da sie nur für Schweinefrischfleisch gelte und darüber hinaus die Ferkelerzeugung ausschließe. Ohne eine umfassende Herkunftskennzeichnung drohe eine Verlagerung der Produktion ins Ausland.

Für Schweinehalter, die bereit sind sich weiterzuentwickeln und mehr Tierwohl umzusetzen, soll nach Auffassung der Verbände der Zugang zu Fördermitteln erleichtert werden. Für Betriebe ohne Perspektive sollte eine Umnutzung ehemaliger Schweineställe unbürokratisch möglich sein, damit neue Betriebskonzepte umgesetzt werden können. Schließlich wird gefordert, dass zumindest in den Landeskantinen ein höherer Anteil der Zutaten aus regional erzeugten Lebensmitteln stammen sollte und dies auch erkennbar sein müsse. Neben der Politik sehen die Unterzeichner des Briefes auch den Lebensmitteleinzelhandel gefordert. „Der Handel muss den Verlust der Schweinehaltung im Land durch angemessene Erzeugerpreise abwenden und sich klar zu 5xD positionieren“, fordern Wichert und Heckler. Alle Möglichkeiten müssten ausgeschöpft werden, um dem Verlust der regionalen Schweinehaltung entgegenzutreten. Dafür sei ein „gemeinsamer Kraftakt“ von Politik und Wirtschaft nötig. AgE