SUS 1/2023

Reportage: Strenge Hygiene ­­für SPF-Jungsauen

Nicole und Mark Heijligers halten auf zwei Standorten mehrere Tausend Sauen. ­­Jetzt haben sie einen weiteren Betrieb für die Aufzucht der eigenen Jungsauen aufgebaut.

Dass auf dem Sauenbetrieb von Nicole und Mark Heijligers im niederländischen De Rips pe­­nibel auf Sauberkeit und Ordnung geachtet wird, ist bereits von außen zu erkennen. Rund um die eingezäunten Ställe sieht man nur gepflegte Außenanlagen, Parkplätze für Mitarbeiter und Besucher sowie getrennte Zufahrten für den Lkw-Verkehr. „Was gibt es Schöneres als mit gesunden Tieren in einer gepflegten Umgebung zu arbeiten“, betont Mark Heijligers.Der 40-Jährige, der eigentlich mit Kühen groß geworden ist, hat mit seiner Frau in den vergangenen Jahren einen beeindruckenden Schweinebetrieb aufgebaut. Angefangen mit dem Neubau einer Stallanlage für über 2 000 Sauen im Jahr 2010 produziert das Ehepaar inzwischen auf zwei Standorten mit mehreren Tausend Sauen Babyferkel für den deutschen Markt.

Aufbau einer Reinzuchtherde

Und damit sehen sie das Entwicklungspotenzial ihres Unternehmen noch längst nicht ausgeschöpft. Im Gegenteil: So wurde jüngst auf einem dritten Betriebsstandort ein neuer Stall gebaut, der die Produktion entscheidend ergänzt. Denn hier haben die passionierten Schweinehalter eine Reinzuchtherde aufgestallt, um eigene Jungsauen zu erzeugen und aufzuziehen.„Wir spielten schon lange mit dem Ge­­danken einer eigenen Reinzucht. Dann kam die Gelegenheit, nicht weit entfernt von unseren anderen beiden Standorten, einen stillgelegten Milchviehbetrieb zu kaufen“, erzählt der Nie­der­länder. Nach einer intensiven Plan- und Bauphase, inklusive Abriss der alten Wirtschaftsgebäude, steht dort heute ein moderner Stallkomplex mit Kapazitäten für knapp 2 400 Sauen inklusive Jungsauenaufzucht.

Luftbild

Auf dem neuen Standort der Familie Heijligers werden Reinzuchtsauen unter extrem strengen Hygieneregeln gehalten. (Bildquelle: Jansen)

Denn der absolute Großteil der Sauenherde besteht zwar aus F1-Sauen zur Mastferkelerzeugung. Bei rund 300 Tieren handelt es sich um Reinzuchtsauen der PIC-Linie L03 Large White, die aus einem Nukleusbetrieb des Genetikunternehmens stammen. Anders als die F1-Sauen werden diese Tiere nicht mit dem PIC 408 als Endstufeneber belegt, sondern mit der Vaterlinie Landrasse L04 gekreuzt. „So züchten wir uns für die Mastferkelproduktion eine ruhige Sau heran, die genügend lebensfähige Ferkel gebärt und diese auch alleine aufzieht“, so die Heijligers. Die Schweineprofis haben diesen neuen Produktionsbereich schnell etabliert, sodass die Bestückung der eigenen Standorte mit gedeckten Jungsauen inzwischen reibungslos läuft. Auch mit dem Endprodukt sind die Niederländer sehr gut zufrieden. „Wir kennen die Anforderungen des deutschen Marktes sehr gut, da wir seit etlichen Jahren Ferkel dorthin liefern. Hier sind Mastläufer mit hoher Fleischqualität gefragt“, betont Nicole Heijligers. Sie kümmert sich schwerpunktmäßig um die Jungsauenproduktion.

Oberstes Gebot Hygiene

Den Grundstock für die erfolgreiche ­Ferkelproduktion des Unternehmerpaares bilden die extrem hohen Hygienestandards auf den Betrieben. So hat der neue Standort den SPF-Status inne, das heißt, er ist frei von bestimmten Krankheitserregern. Dazu zählen u. a. PRRS, Parvovirose, Rotlauf, APP und Mycoplasma hyopneumoniae.Mit diesem Gesundheitsstandard sind die Schweinehalter vertraut. So bauten die beiden ihren ersten Produktionsstandort mit SPF-Sauen auf. „Über sieben Jahre konnten wir die Einschleppung von Krankheiten verhindern. Dann hatten wir allerdings einen schweren PRRS- und Influenza-Einbruch“, blicken die Schweineprofis zurück. Die Herdengesundheit wurde zwar dank der hohen Hygiene­ansprüche schnell wieder stabilisiert. Der SPF-Status konnte allerdings nicht mehr erreicht werden.Damit das in der neuen Anlage trotz der immensen Schweinedichte in Nord-Brabant nicht passiert, wird einiges unternommen. Angefangen bei 48 Stunden Schweinefreiheit, die jeder vorweisen muss, der in die Stallanlage will. Das gilt auch für Mark Heijligers, der als Springer zwischen den Betriebsstätten seine Arbeitswoche sehr gut or­­ganisieren muss. „Jeder Standort hat einen eigenen Stallmanager und die Mitarbeiter wechseln nicht zwischen den Standorten. Ich versuche immer reine Bürotage einzuschieben und nach einem schweinefreien Wochenende besuche ich im­­mer zuerst den neuen Standort“, er­­klärt der Landwirt.

Vorgegebene Duschzeit

Bevor es dann in den Stall geht, muss die Hygieneschleuse passiert werden. Die ist so konzipiert, dass die Person erst durch die Dusche muss, um in den Stall zu gelangen. Und damit noch nicht genug. „Sobald ich in die Dusche gehe, springt diese automatisch an und läuft mindestens 90 Sekunden. Erst danach öffnet sich durch einen Sensor die Kabinentür und ich komme ins eigentliche Stallgebäude“, erklärt Nicole Heijligers.Dort setzt sich das strenge Hygiene­regime fort. So wurden für jeden Produktionsbereich eigene Arbeitsmaterialien, wie Treibbretter, Schüppen und Besen angeschafft. Durch unterschiedliche Farben fällt sofort auf, wenn ein Treibpaddel nicht im richtigen Bereich steht. Das schließt auch die Overalls und die Stiefel mit ein.Auch die Verbrauchsmaterialien und die Futterversorgung haben die Hygie­ne­experten im Blick. So werden Sägespäne, Luzerne, Ferkelbeifutter oder Me­­dika­mente erst zwei Wochen auf dem Be­­triebsgelände unter Quarantänebe­din­gungen zwischengelagert, bevor sie in den Stall gelangen.

Fütterung

Die Flüssigfütterungsanlage befindet sich im Schwarzbereich und ist daher vom Stall aus nicht direkt zu erreichen. (Bildquelle: Jansen)

Die moderne Futterküche mit der Flüssigfütterungsanlage wurde in einem se­­paraten Raum außerhalb des Stallgebäudes ­platziert und zählt somit zum Schwarzbereich. „Wir möchten nicht, dass jemand gedankenverloren vom Stall direkt zu den Mischern bzw. Futtersilos und umgekehrt läuft“, schildert der Un­­ternehmer.Eine weitere seuchenhygienisch sensible Stelle ist die Kadaverentsorgung. Alle Kadaver werden zunächst in einem gekühlten Raum innerhalb des Stalles gesammelt und von dort zu einem Container im Schwarzbereich verbracht. Dieser wird vom Entsorgungsbetrieb ab­­geholt, gereinigt, desinfiziert und wieder zurückgebracht.

Erfahrene Mitarbeiter

„Gerade auf unserem neuen Standort mit Aufzucht, Sauenhaltung und Reinzuchtherde ist es sehr wichtig, die Gefahr der Erregerverschleppung möglichst klein zu halten“, erklären die Unternehmer. Auf den großen Standorten haben sie in der Vergangenheit immer davon profitiert, dass dort nur Sauen stehen und die Ferkel als Absetzferkel vermarktet werden.„Ein weiterer Vorteil ist, dass sich die Teams auf den reinen Sauenbetrieben voll auf die Ferkelerzeugung fo­­kussieren“, ergänzt Nicole Heijligers. Und die Erfahrung der Mitarbeiter schlägt sich im Leistungsniveau nieder. Mit durchschnittlich 13,4 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr wird in der Mastferkel­produktion ein Topniveau erreicht. Ähnlich gut steht der Betrieb bei der Umrauscherquote dar. Bei wöchentlich 120 Besamungen liegt diese auf dem Reinzuchtbetrieb im einstelligen Prozentbereich.

Durch einen intensiven Wurfausgleich sollen an jeder Sau 14 bis 15 Ferkel liegen. (Bildquelle: Jansen)

Für die neue Betriebsstätte suchen die Ferkelerzeuger noch gutes Personal, was in der heutigen Zeit ein schwieriges Un­­terfangen ist. Zumal einige fähige Leute nicht infrage kommen, weil sie z. B. auf dem elterlichen Hof mit Schweinehaltung leben und die 48 Stunden-Schweinefreiheit nicht garantieren können. Daher arbeiten Heijligers eng mit dem Jobportal Agriwerker zusammen, das sich auf die Landwirtschaft spezialisiert hat. Außerdem haben die Unternehmer gute Erfahrungen mit einer Personal­vermittlung in Rumänien. „Es ist für die Integration von neuen Mitarbeitern von Vorteil, wenn mehrere Arbeitskollegen aus demselben Land kommen und es zumindest anfangs Anweisungen in der Muttersprache gibt“, so Mark Heijligers.

Digitale Ohrmarken

Hilfreich ist auch, dass sich die Mitarbeiter nicht mit klassischen Sauenkarten in Papierform auseinandersetzen müssen. „Die sind oft mit Daten überfrachtet, die im Stallalltag nicht wichtig sind“, erklärt der erfahrene Schweinehalter. Stattdessen haben alle Sauen elektronische Ohrmarken, die per Smartphone gescannt werden. Automatisch ploppt dann eine einfach gehaltene Übersicht zum Einzeltier auf und der Mitarbeiter kann die wichtigsten Angaben einpflegen. Da die Daten so direkt in den digitalen Sauenplaner einlaufen, ist auch das Risiko von Übertragungsfehlern gering. Lediglich die Anzahl der Ferkel wird mit Kreide an die Wand der Abferkelbox geschrieben. „Das ist wichtig, um beim Wurfausgleich den Überblick zu behalten. Wir wollen an jeder Altsau 14 und an jeder Jungsau 15 Ferkel liegen haben“, lautet die Vorgabe des Ehepaares.

Feuerfeste Stalldecke

Beim Gang durch den Stall fallen schnell die tageslichtdurchfluteten Zentralgänge und die massive Bauweise auf. So wurde selbst bei den Buchtenabtrennungen auf Betonteile statt PVC gesetzt. Das hat aber eher etwas mit dem Brandschutz als mit der Hygiene zu tun. Vor wenigen Jahren mussten Heijligers miterleben, wie ein Schweine­betrieb in der Nachbarschaft in Flammen aufging. Weder die Tiere, noch die Ge­­bäude konnten gerettet werden. „An­­schließend ha­­ben wir uns gesagt, dass wir alles unternehmen müssen, um nicht selbst in so eine schreckliche Situation zu kommen“, erzählt Mark Heijligers.

Aus Brandschutzgründen sind viele Abtrennungen aus Beton. (Bildquelle: Jansen)

So wurden z. B. im Abferkelstall besonders feuerfeste Ferkelroste verbaut und der gesamte Stall ist mit einer speziellen Decke ausgestattet. Die besitzt die Baustoffklasse A1. Das bedeutet, das Material enthält keine brennbaren Bestandteile. Auch die Unterkonstruktion und die Profile sollen einem Feuer mindestens eine Stunde lang standhalten. Diese besonderen Brandschutzvorkehrungen waren zwar mit höheren Investitionskosten verbunden. Diese werden aber dadurch abgepuffert, dass die niederländischen Versicherer den Landwirten, die beim Stallbau besonders auf den Brandschutz achten, nennenswerte Prämienrabatte anbieten. „Obendrein ist die weiße, schlichte Decke feuchtigkeitsregulierend, pflegeleicht und schädlingsresistent. Das ist in einer SPF-Anlage sehr wichtig“, schlagen Heijligers den Bogen zur Hygiene.

Diese Reportage erschien zuerst in der niederländischen Fachzeitschrift Boerderij.