Borchert-Pläne: Diskussion über Bestandsgrößen gefordert

Prof. Folkhard Isermeyer äußerte die Sorge, dass sich viele zunächst an der Stufe 1 ausrichten könnten und weitergehende Maßnahmen scheuen werden.

Die Klärung offener Fragen bei der Umsetzung des Borchert-Konzepts zum Umbau der Tierhaltung hat der Präsident des Thünen-Instituts, Prof. Folkhard Isermeyer, angemahnt. „Die Landwirte brauchen eine klare Orientierung“, sagte Isermeyer am vergangenen Mittwoch auf der Jahrestagung des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Für den Thünen-Präsident zählt dazu eine Ausrichtung der Stallbauinvestitionen auf die im Borchert-Konzept vorgesehenen Tierwohlstufen 2 und 3, und zwar möglichst ab sofort. Er äußerte die Sorge, dass sich viele zunächst an der Stufe 1 ausrichten könnten und weitergehende Maßnahmen scheuten. Dies werde jedoch nicht dem Ziel der Borchert-Kommission gerecht, die Tierhaltung in Deutschland insgesamt auf ein höheres Niveau zu heben. Neben einer politischen Entscheidung über die Finanzarchitektur hält Isermeyer eine Diskussion über den künftigen Umfang der Tierhaltung und Bestandsgrößen für erforderlich: „Wir müssen dringend über künftige Strukturen in der Tierhaltung nachdenken“, so der Wissenschaftler. Zur Finanzierung der Umbaukosten von 3 Mrd Euro bis 4 Mrd Euro im Jahr hält Isermeyer neben der Bereitstellung von Haushaltsmitteln eine zusätzliche Belastung der Verbraucher für vertretbar. Dabei gehe es um eine Größenordnung von 5 bis 10 Cent pro Mahlzeit.

In ihrer Resolution spricht sich die Mitgliederversammlung des BÖLW unter anderem für eine weitergehende Reform der GAP, eine Neuausrichtung der Tierhaltung in Deutschland sowie die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen aus. Dem Bio-Spitzenverband zufolge sollten künftig 70 % der EU-Agrargelder für Umweltleistungen und zur Stärkung des Ökolandbaus zur Verfügung stehen. Die Budgets für die Ökoförderung seien schrittweise zu erhöhen. Dafür bedürfe es einer Zweckbindung bei der Mittelumschichtung von den Direktzahlungen in die Zweite Säule. Als wesentliche Voraussetzung für den Umbau der Tierhaltung nennt der Verband eine solide Finanzierung durch eine Abgabe auf tierische Produkte. Bio müsse als Leitstandard fest in alle Umbaupläne integriert werden.

Für die geforderte Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung hält der BÖLW unter anderem eine Reform der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) für notwendig. Der Verband warnt erneut vor einer Aufweichung des EU-Gentechnikrechts und pocht auf die Sicherung von Wahlfreiheit und die Einhaltung des Vorsorgeprinzips. Dringend notwendig sei eine Stärkung der Öko-Forschung. Deren Anteil an den Agrarforschungsgeldern des Bundes müsse bis 2025 auf 20 % ausgedehnt werden. Von der neuen Bundesregierung erwartet der BÖLW eine nationale Strategie für eine nachhaltige Ernährung, an der sich außer dem Landwirtschafts- auch das Gesundheits-, Bildungs-, Sozial- und Umweltministerium beteiligen müssten.


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