Bundesrat lehnt Haltungskennzeichnung ab

Der Agrarausschuss hat den Gesetzesentwurf mehrheitlich abgelehnt.

Der Entwurf der Bundesregierung für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz stößt bei den Ländern auf Kritik. Der Agrarausschuss des Bundesrates hat den Gesetzentwurf vergangene Woche mehrheitlich abgelehnt. Dem Antrag der B-Länder Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein auf Ablehnung stimmten auch Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen zu. Niedersachsen, Saarland und Sachsen enthielten sich. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung greife wesentlich zu kurz und sehe kein ganzheitliches Konzept zum Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland vor, heißt es in der Begründung des Mehrländerantrags. Mit der Beschränkung der verpflichtenden Kennzeichnung zunächst auf „frisches Schweinefleisch“ blieben der weitaus größere Marktanteil ungeregelt und wichtige Absatzwege wie Gastronomie und Außer-Haus-Verpflegung unberücksichtigt. Zudem zielten die Anforderungen ausschließlich auf den Lebensabschnitt „Mast“. Die Bereiche der Ferkelerzeugung, Aufzucht sowie Transport und Schlachtung seien dagegen außen vor. Für dringend erforderlich halten die meisten Länder eine Verknüpfung der Haltungskennzeichnung mit einer Herkunftskennzeichnung sowie die Vorlage einer langfristig wirksamen Finanzierungsstrategie. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber sieht sich durch das Ausschussvotum in ihrer Kritik an der Vorlage bestätigt.

Ähnlich wie Bayern seien auch andere Länder der Auffassung, dass das Gesetz mit seinen umfangreichen Melde-, Dokumentations-, Überwachungs- und Kontrollpflichten für alle Betriebe zu einem massiven Bürokratieaufwand führen werde, sagte Kaniber. Allein die lange Liste von 65 Nachbesserungen, die der Ausschuss dem Bund in seiner Stellungnahme aufgezeigt habe, mache deutlich, dass das Gesetz völlig an der Realität vorbeigehe und die Notwendigkeiten zum Umbau der Tierhaltung schlichtweg verkenne. Die Liste der Forderungen umfasst unter anderem eine Herkunftskennzeichnung, Anpassungen im Immissionsschutz- und Naturschutzrecht, den Schutz bestehender Kennzeichnungs- und Finanzierungssysteme, eine Anpassung an die bereits geförderten AFP-Premiumställe, den Ausschluss der Diskriminierung inländischer Betriebe, die Ausweitung auf andere Tierarten und Vermarktungswege, den möglichen Rückgriff auf vorhandene Daten wie Ökokontrollen, die Eindämmung der bürokratischen Pflichten sowie weitere Vereinfachungen.

Die CSU-Politikerin zeigte sich auch deshalb verärgert, weil es bereits brauchbare Vorlagen gebe: „Die Bundesregierung wäre gut beraten, die im Konsens über viele Jahre erarbeiteten Vorschläge der Borchert-Kommission, bereits bestehende tiergerechte Haltungssysteme und gut etablierte privatwirtschaftliche Label als Grundlage zu nehmen.“ Stattdessen wolle die Regierung jedoch das Rad wieder neu erfinden und baue dabei „ein Bürokratiemonster für alle“ auf. Das treffe vor allem die kleineren Schweinehalter, aber auch Ökohöfe. Benötigt werde hingegen ein schlüssiges Gesamtkonzept mit klaren Perspektiven über mehr Tierarten und Absatzwege, einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung und einer soliden Finanzierung. „Nur so kann die Kennzeichnung zu einem echten Mehrwert für Tierwohl und Konsumverhalten führen“, betonte Kaniber.

„Vorgezogene, unvollständige Regelungen von Teilschritten schaffen Unsicherheiten und gefährden den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland in Gänze“, warnt der Ausschuss in seinem Votum. Den Ländern werde mit dem Vollzug des Gesetzes eine Aufgabe auferlegt, „deren Erfüllungsaufwand deutlich höher sein wird als angenommen und zugleich jedoch an den reduzierten Überwachungs- und Anordnungsmöglichkeiten scheitern muss“. Der Gesetzentwurf sehe zudem keine wirksame und systematische Überwachungsmöglichkeit der zuständigen Behörden vor, erhöhe jedoch gleichzeitig den Bürokratieaufwand in Form von Mitteilungs-, Dokumentations- sowie Überwachungspflichten für Betriebe und zuständige Behörden. Eine adäquate Überwachung ausländischer Betriebe sei nicht möglich. Schließlich würden das bestehende, praxisbewährte Initiative-Tierwohl-(ITW)-System der Wirtschaft sowie das damit verbundene System der Finanzierung von mehr Tierwohl für die Betriebe geschwächt. Zudem sei der Entwurf mit Blick auf die europarechtskonforme Ausgestaltung in Bezug auf den freien Warenverkehr sowie in Verbindung mit der vorgesehenen Verknüpfung kennzeichnungsrelevanter Mindestanforderungen für die einzelnen Haltungsformen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung „fraglich“.