Umbau der Tierhaltung soll über ein Bundesprogramm erfolgen
In den nächsten vier Jahren sollen 600 Mio. € fließen.
Der Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung soll über ein Bundesprogramm flankiert werden. Pläne einer Förderung über die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) sind damit offenbar vom Tisch. Der Haushaltsausschuss stellte in seiner Bereinigungssitzung am vergangenen Donnerstag insgesamt 600 Mio. € für die kommenden vier Jahre bereit, die in das Bundesprogramm fließen sollen, davon 150 Mio € für das Jahr 2023. Zusammen mit Verpflichtungsermächtigungen beläuft sich die Gesamtsumme auf 1 Mrd. €, über die schon seit längerem Einvernehmen innerhalb der Ampelkoalition besteht. Allerdings haben die Haushälter die Mittel zunächst gesperrt. Bevor sie freigegeben werden, muss das Bundeslandwirtschaftsministerium nach Beschluss des Ausschusses ein detailliertes Konzept für das Bundesprogramm vorlegen. Klar ist, dass die Mittel sowohl zur Investitionsförderung beim Um- und Neubau von Ställen als auch für konsumtive Zwecke, also zur Abdeckung laufender Mehrkosten, eingesetzt werden sollen. Die Pläne für ein Bundesprogramm stoßen in den Ländern jedoch auf scharfe Kritik. Die Landwirtschaftsminister von CDU und CSU warfen dem Bund vor, er ignoriere mit seinem Vorhaben die Entscheidungskompetenz der Länder in agrarstrukturellen Fragen.
Gefördert werden sollen im Rahmen des Bundesprogramms die Schweinehaltung mit Außenklima oder Auslauf und die Freilandhaltung. Über die Höhe des Fördersatzes soll erst entschieden werden, wenn anstehende Änderungen des EU-Beihilferechts in Kraft getreten sind. Als Bemessungsgrundlage der Förderung sollen in der Investitionsförderung die jeweiligen Gesamtbaukosten dienen. Für die konsumtive Förderung sollen das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) und das Thünen-Institut die Mehrkosten ermitteln, die einem typischen Betrieb der Schweinemast oder einem typischen Betrieb der Sauenhaltung durch die Einhaltung des maßgeblichen Kriterienkatalogs entstehen. Reichen die Mittel nicht aus, wird erwogen, in beiden Förderbereichen zunächst nach dem Windhundprinzip zu verfahren.
Die SPD-Berichterstatterin für den Agrarhaushalt, Esther Dilcher, zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen der Bereinigungssitzung. Neben dem Bundesprogramm Stallumbau nannte Dilcher eine Reform der GAK, die man angestoßen habe. Die SPD-Politikerin bezog sich auf einen Beschluss, nach dem das Bundeslandwirtschaftsministerium künftig im Vorfeld von Beschlüssen mit den Ländern über die GAK-Förderung dem Ausschuss die Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss. Die Länder werden umgekehrt in die Pflicht genommen, mehr Daten zu einzelnen Vorhaben, insbesondere des ländlichen Raumes und zur Verwendung der Bundesmittel, zu übermitteln. Der Haushaltsausschuss verspricht sich davon mehr Einfluss auf die Verwendung der GAK-Mittel und größere Transparenz auf Länderebene. Gestärkt hat der Haushaltsausschuss das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung im Rahmen der GAK, und zwar mit zusätzlichen 72,5 Mio. €. Die Mittel sollen unter anderem in ein Programm für Kleinstädte fließen, das über das Bundesbauministerium bewirtschaftet wird, sowie ein Kulturvorhaben für den ländlichen Raum, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgelegt wird.
„Das Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung ebnet den Weg für eine zukunftsfähige Tierhaltung“, erklärten die Grünen. Mit den in Aussicht gestellten Mitteln werde nicht nur der Umbau der Ställe ermöglicht, so Agrarsprecherin Renate Künast und Haushaltsberichterstatter Sebastian Schäfer. Gleichermaßen werde eine Anschubfinanzierung bei den laufenden Kosten von Haltungssystemen mit hohen Tierschutzstandards ermöglicht: „Mit unserem Gesamtpaket schaffen wir das, was die Menschen seit Jahren zurecht erwarten: Mehr Tierschutz und gleichzeitig mehr Planungssicherheit“. Nach langen Verhandlungen sei allen Fraktionen der Ampel klar geworden, dass die ausreichende staatliche Finanzierung eine notwendige Bedingung für das gemeinsame Ziel einer zukunftsfähigen Tierhaltung sei.
Enttäuscht äußerte sich die Union. Deren Berichterstatter im Haushaltsausschuss, Josef Rief, bezeichnete die Bereitstellung von 150 Mio. € für 2023 als völlig unzureichend, zumal aus den Investitionsgeldern nun auch noch laufende Kosten der Umstellung bezahlt werden sollen. „Damit ist das Projekt Tierwohl durch Stallmodernisierung zum Scheitern verurteilt, für das insgesamt mehr als 10 Mrd Euro nötig wären“, kritisierte der CDU-Politiker. Auch der agrarpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Artur Auernhammer, warf der Koalition vor, dass die Mittel bei weitem nicht ausreichten, um die Landwirte beim Umbau der Tierhaltung zu unterstützen. Mit dem Agrarhaushalt für das kommende Jahr zeige die Koalition einmal mehr, „wie wenig Wertschätzung sie unseren Landwirten entgegenbringt“. Auernhammer bezog sich dabei auch auf die Ablehnung der Ampel, die Bundesmittel zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung aufzustocken.
In einem Schreiben an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir äußerten die Agrarressortchefs von CDU und CSU scharfe Kritik an den Plänen für ein Bundesprogramm, mit dem die Bundesregierung die bei den Ländern liegende Zuständigkeit für die Agrarstruktur übernehme, ohne dass dazu eine Abstimmung erfolgt sei. „Diese Vorgehensweise empfinden wir als irritierend, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Bund und Länder auf der Herbst-Agrarministerkonferenz eine transparente und partizipative Kommunikation vereinbart haben“, heißt es dem Schreiben. Mit der Herausnahme der Finanzmittel zum Umbau der Tierhaltung aus der GAK missachte der Bund die originäre Aufgabe der Länder für die Agrarstruktur, kritisierte Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Die strukturellen Besonderheiten der Länder müssten Berücksichtigung finden. Dies gelte insbesondere für die Tierhaltung. Sachsen-Anhalts Ressortchef Sven Schulze sprach von einem „Aushöhlen der Kompetenzen der Länder“, das nicht hinnehmbar sei.