Schweinestau: Klöckner gibt Bauern Mitschuld

Beim Branchengespräch Fleisch zeichnete sich keine schnelle Lösung für den Vermarktungsstau ab.

Das zweite Branchengespräch Fleisch sollte Ende letzter Woche schnelle Lösungen für die brennenden Probleme der Branche bringen. Im Fokus standen der Vermarktungsnotstand, die ASP und der Umbau der Tierhaltung.
Doch eines wurde den 67 Teilnehmern schnell klar. Beim Schweinestau wird es keine schnelle Abhilfe geben. Im Gegenteil: Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gab den Schweinehaltern sogar eine Mitschuld. Aus Sicht der Ministerin ist es fatal, wenn Schweinehalter ihre Ställe in Zeiten von Corona und ASP bis auf den letzten Platz belegen. Sie forderte die Praktiker auf, vorausschauender zu handeln. In eine ähnliche Richtung ging auch das Statement von Nordrhein-Westfalens Agrarministerin Ursula Heinen-Esser. Sie forderte die landwirtschaftlichen Berufsverbände auf konkrete Pläne für den Umbau der Tierhaltung vorzulegen.
Deutlich verständnisvoller für die Probleme der Schweinehalter zeigte sich die niedersächsische Agrarministerin Barbara Otte-Kinast. Sie machte am Freitag deutlich, dass Standortschließungen in Schlachtbetrieben stets hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit geprüft werden müssen. Bereits Mitte vergangener Woche hatte sich Otte-Kinast in einer emotionalen Rede im niedersächsischen Landtag für die Belange der Schweinehalter eingesetzt.
Unterschiedliche Standpunkte gab es auch zum Umfang der Vermarktungsüberhänge. So bezifferten die Berufsverbände den Überhang auf 400.000 bis 500.000 Tiere. Pro Woche würden bis zu 120.000 Schweine zu wenig geschlachtet, so die Vertreter der Landwirtschaft. Hingegen nannte NRW-Ministerin Heinen-Esser Daten aus der Schlachtbranche, wonach die Schlachtbetriebe derzeit 95 % ihrer Kapazitäten unter Corona-Bedingungen ausschöpfen würden. Eine deutliche Steigerung der Schlachtzahlen sei demnach kaum zu erwarten.
Dennoch machten sich die beiden Agrarministerin aus NRW und Niedersachsen zumindest dafür stark, den Schlachthöfen mehr Flexibilität bei den Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen einzuräumen. Insbesondere auf Drängen von Ministerin Otte-Kinast konnte auch die vollständige Schlachthofschließung in Sögel wieder aufgehoben werden.


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