Spiller: Sieben-Punkte-Plan für Haltungskennzeichnung

Der Wissenschaftler fordert möglichst viele Fleischsegmente in die Kennzeichnung einzubeziehen.

Einen Sieben-Punkte-Plan für eine effektive Tierhaltungskennzeichnung haben die Agrarökonomen Prof. Achim Spiller, Dr. Sarah Kühl und Dr. Gesa Busch von der Universität Göttingen vorgelegt. Die Wissenschaftler am dortigen Lehrstuhl für Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte reagieren damit nicht zuletzt auf den anhaltenden Streit innerhalb der Ampelkoalition um ein Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung. Ihre Vorschläge soll dazu dienen, die Attraktivität von Fleisch und Fleischprodukten aus höheren Haltungsstufen für Verbraucher zu erhöhen. Der Sieben-Punkte-Plan sieht unter anderem vor, kurzfristig nicht nur Schweinefrischfleisch in die geplante verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung einzubeziehen, sondern alle tierischen Erzeugnisse und Sortimentsbereiche, also auch verarbeitetes Fleisch. Gleichzeitig müssten neben dem Lebensmitteleinzelhandel weitere Absatzkanäle einschließlich der Außer-Hausverpflegung möglichst viele Produkte kennzeichnen. Dies erhöhe die Marktpräsenz und führe so zu einem höheren Bekanntheitsgrad des Labels, lautet die Begründung. Nicht zufrieden sind Spiller und seine Mitarbeiterinnen mit den vom Bundeslandwirtschaftsministerium bislang vorgesehenen Bezeichnungen für die unterschiedlichen Haltungsstufen. Die Begriffe seien so zu wählen, „dass die Menschen intuitiv eine Vorstellung davon haben, welche Tierhaltung hinter der Bezeichnung steckt.“ Die Haltungsformkennzeichnung des Handels sei in dieser Hinsicht kein gutes Vorbild.

Für erforderlich halten die Wissenschaftler eine wirksame Informationskampagne, die während eines dreijährigen Einführungszeitraums durchgeführt werden sollte. Deren Finanzierung erfordere einen „hohen zweistelligen Millionenbetrag“. Für die Kommunikation mit den Verbrauchern wird empfohlen, geeignete repräsentative Bilder der Haltungsformen zur leichteren Verständlichkeit einzusetzen. Die staatliche Haltungskennzeichnung sei mit der bisherigen Haltungsformkennzeichnung des Handels zu verbinden, so dass der LEH für Verbraucher ein fünfstufiges, farblich codiertes Label anbieten und von den Lieferanten eine Zertifizierung einfordern könne. Gesetzlich unterbunden sollte dem Vorschlag zufolge die häufig missbräuchliche Verwendung von Begriffen wie „artgerecht“, „tiergerecht“ oder „hohes Tierwohl“. Schließlich müsse es darum gehen, durch eine engere Zusammenarbeit zwischen Politik, Tierschutz und Wirtschaft Vertrauen in das System aufzubauen.

„Ein verpflichtendes Label ist wichtig, kann aber allein nicht den notwendigen Transformationsprozess der Nutztierhaltung anschieben“, erläuterte Spiller. Diese große gesellschaftliche Herausforderung lasse sich nur durch einen konsistenten Politik-Mix angehen, inklusive Genehmigungsfragen und Finanzierungslösungen“, so der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim Bundeslandwirtschaftsministerium. Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter wies anlässlich der Präsentation des Sieben-Punkte-Plans darauf hin, dass die Umsetzung des Borchert-Konzepts zu scheitern drohe, weil die FDP eine Finanzierung über eine Fleischabgabe oder eine Änderung der Mehrwertsteuer ablehne. Darum müssten andere Finanzierungsquellen herangezogen werden. In dem von Greenpeace mitgetragenen Sieben-Punkte-Plan gehe es deshalb darum, wie die Haltungskennzeichnung effektiv umgesetzt werden könne, um den finanziellen Beitrag der Konsumenten zu erhöhen. AgE


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