Kontroverse Diskussionen zur Haltungskennzeichnung

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will den von ihrem Vorgänger Christian Schmidt erarbeiteten Gesetzesentwurf für ein freiwilliges Tierwohllabel zügig auf den Weg bringen. Ein einheitliches staatliches Label schaffe Transparenz für Verbraucher, sodass diese auch durch ihr Einkaufsverhalten den Druck auf Handel und Hersteller erhöhen und bessere Haltungsbedingungen für Tiere durchsetzen könnten, heißt es aus dem BMEL. Julia Klöckner verdeutlichte, dass sie erst einmal in Deutschland starten möchte. Ziel müsste aber eine einheitliche, EU-weite Regelung sein.Mit dieser Erklärung sind die Diskussionen um die Haltungskennzeichnung keineswegs beendet. So ist der Deutsche Bauernverband (DBV) grundsätzlich dafür, fordert jedoch, dass die gesamte Palette der Fleischwaren einbezogen wird. Zudem solle mit einer solchen Kennzeichnung die Ferkelherkunft transparent gemacht werden. Unter diesen Vorgaben solle das Labeling verpflichtend sein.   
Auch die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) bezeichnete die Klöckner-Initiative als zu kurz gesprungen. „Ein freiwilliges staatliches Tierwohllabel ist nur ein weiteres Label in der Reihe vieler. Das braucht kein Landwirt, kein LEH und erst recht kein Verbraucher. Statt hier mit einem weiteren Label den Verbraucher zu belasten, würde die verpflichtende Haltungskennzeichnung als Raster für alle Schweinefleischprodukte für Transparenz beim Verbraucher sorgen“, heißt es in der ISN-Stellungnahme.  
Der Verband der Fleischwirtschaft fordert, dass die Weiterentwicklung der ITW abgewartet werden muss, bevor die Haltungsbedingungen der Stufe 2 endgültig definiert werden. Die einzelnen Stufen erfordern zusätzliche Produktlinien, sodass Logistikkosten und  Dokumentationsaufwand zunehmen werden. Auch müssten sich die Verbraucher mit differenzierten Preisen für die jeweilige Stufe abfinden. Die Zahlungsbereitschaft der Endkunden ist entscheidend, ob ein solches System erfolgreich sein kann oder nicht.     
Der Discounter Lidl ist diesbezüglich vorgeprescht und zeichnet seit April Fleischprodukte nach selbst aufgestelltem Haltungskompass aus. Dieser Vorstoß wurde von vielen Seiten kritisiert. Inzwischen hat die Verbraucherzentrale festgestellt, dass die Lidl-Filialen vor allem Fleisch anbieten, das nur den gesetzlichen Mindeststandard (Stufe 1) einhält. Nur 15 % des Lidl-Fleisches mit Kennzeichnung trug das Label der Haltungsstufe 2 (Haltung plus), vor allem Puten- und Hähnchenfleisch. Die Auszeichnung des von vornherein begrenzten Segments der Stufe 3 und 4 bringt dem Verbraucher keine zusätzlichen Infos, weil heute schon „Bio“ oder „Tierschutzlabel“ eindeutige Kennzeichnungen sind.