Lindemanns Tierschutzplan diskutiert

Auf einer Podiumsdiskussion in Göttingen verteidigte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann seinen vor einigen Wochen veröffentlichten Tierschutzplan. Danach will man in Niedersachsen bis 2015 die Ebermast in Pilotbetrieben erproben und nach Abschluss dieser Phase bereits 2016 das Kastrieren ohne Betäubung untersagen. Auf EU-Ebene hat man sich hingegen auf einen freiwilligen Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration ab 2018 verständigt.

Noch ambitionierter ist der Plan, ab 2016 ganz auf das Kupieren der Schwänze zu verzichten. Auch hierzu sollen zunächst Konzepte erarbeitet und auf Praxistauglichkeit getestet werden. Zudem soll dem Nestbauverhalten der Sauen vor der Geburt mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Weiterentwickelte Buchten für säugende Sauen sollen diesbezüglich getestet werden. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse könnten dann ab 2017 in der Sauenhaltung umgesetzt werden. Der Ministerpräsident betonte, dass es darum gehe, das verloren gegangene Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen. Man brauche die Akzeptanz der Bevölkerung. Ohne diese sei es künftig nicht möglich, erfolgreich Schweine zu produzieren.

Dass man am Imageproblem der Schweinehaltung arbeiten müsse, unterstrich auch Dr. Torsten Staack von der ISN. Staack wies aber auch darauf hin, dass die Niedersachsen bzw. die Deutschen nicht auf einer abgeschotteten Insel leben. Deshab sei es wichtig, entsprechende Tierschutzanforderungen mit allen Bundesländern und auch auf EU-Ebene abzustimmen und gemeinsam weiterzuentwickeln. Alleingänge, so wie sie jetzt Niedersachsen anstrebe, seien nicht zielführend.

Auch Sauenhalter Hubert Kellner aus Duderstadt bemängelte, dass die Praktiker zu wenig eingebunden seien. Schließlich müssten sie ihre Produktion anpassen und seien auf den Absatz der Tiere angewiesen, der z.B. bei einem Kastrierverbot ins Stocken geraten könnte. Carsten Bauck, ökologisch wirtschaftender Landwirt aus Uelzen, begrüßte hingegen die Initiative des Ministers. Höhere Tierschutzauflagen für die konventionelle Produktion würden seiner Meinung nach den Absatz von Öko-Schweinen nicht beeinträchtigen.

Prof. Achim Spiller, Abteilung Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte an der Uni Göttingen, plädierte hingegen für eine Differenzierung des Angebots und die Einführung eines privatwirtschaftlich organisierten "Animal-Welfare-Labels". Nur so hätten die Produzenten die Chance, die höheren Produktionskosten einer besonders tierfreundlichen Produktion auch durch höhere Erlöse gedeckt zu bekommen.

Initiiert und moderiert wurde die Diskussionsrunde von der studentischen Arbeitsgemeinschaft Schwein an der Göttinger Fakultät für Agrarwissenschaften. Neben zahlreichen Göttinger Studenten folgten auch etliche Vertreter aus der Branche in und um Niedersachsen der Einladung.