Jungebermast – Euphorie ist fehl am Platz!

Die aktuelle Diskussion über Alternativen zur traditionellen Ferkelkastration wurde vor knapp zwei Jahren mit der Deklaration von Noordwijk entfacht. In dieser Erklärung kündigten die Niederländer an, bis 2015 auf die Kastration zu verzichten.

Durch den grenzüberschreitenden Fleisch- und Lebens­mittelhandel entstand auch für uns starker Handlungsdruck. Als Übergangslösung wurde für Deutschland im Rahmen des QS-Programms die Schmerzbehandlung ab April 2009 vereinbart. Die in den Niederlanden beschlossene Methode mit der CO2-Betäubung wird in Deutschland und Dänemark aus Tierschutzgründen abgelehnt.

Dieses unterschiedliche Vorgehen zwingt dazu, eine gegenseitige Anerkennung herbeizuführen. Auf keinen Fall ist die Forderung des niederländischen Lebensmitteleinzelhandels hinnehmbar, nur Fleisch von Tieren aus Betrieben zu vermarkten, in denen die Ferkel mit Betäubung bzw. gar nicht kastriert werden.

Dies könnte dazu führen, dass sich der Export in die Nieder­lande auf Fleisch von Tieren beschränkt, die als Ferkel aus Holland importiert und bei uns gemästet und geschlachtet wurden. Oder die Betriebe werden von ihren Abnehmern aufgefordert, auf die Kastration zu verzichten. Dabei wird schnell der Eindruck erweckt, dass eine Jungebermast problemlos möglich sei, wovor zu warnen ist.

Mit dem Verzicht auf die Kastration ist bekanntlich ein erhöhtes Geruchsrisiko für das Fleisch verbunden. Dieses Problem muss zunächst gelöst werden. Das erfordert züchterische Bemühungen, aber insbesondere eine praxistaugliche Geruchserkennung am Schlachtband sowie Maßnahmen im Bereich der Fütterung und der Fleischverarbeitung.

Einer Koordinierungsplattform im QS-Programm ist die Aufgabe gestellt worden, Forschung zu initiieren und zu koordinieren. Schließlich darf die Einführung von Alternativen nicht Konsumverzicht zur Folge haben oder den Markt spalten. Auch sind nicht zuletzt aus Tierschutzgründen Lösungen zu suchen, die verlust­reichen Rangkämpfe in der Jungebermast zu unterbinden. Zudem werden erhebliche logistische Herausforderungen zu bewältigen sein, die aus der speziellen Schlachtkörperqualität unkastrierter männlicher Schweine resultieren.

Dies setzt voraus, dass alle Beteiligten in der Kette konstruktiv an praktikablen, langfristigen Problemlösungen mitwirken. Auch wenn schon Einiges auf gutem Weg ist: Euphorie ist angesichts der vielen offenen Fragen und Risiken fehl am Platz!

Kommentar aus der SUS-Ausgabe 4/2009