Tierwohl: Bartels warnt vor blinden Aktionismus

Mit Blick auf die gewachsenen Forderungen der Gesellschaft an die Nutztierhaltung hat der Vorsitzende des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland (AEF), Uwe Bartels, vor Schnellschüssen durch die Politik gewarnt. In Sachen Tierwohl sei derzeit ein bundesweiter Wettlauf an Maßnahmen und Ankündigungen von Seiten der Politik und vieler Verbände entbrannt. Dabei dürfe man jedoch nicht in blinden Aktionismus verfallen und nationale Alleingänge vollführen, erklärte Bartels bei einer AEF-Veranstaltung in Vechta. Dem ehemaligen niedersächsischen Agrarminister zufolge drohen sonst die Abwanderung der Produktion in andere Länder und eine Beschleunigung des Strukturwandels. Vor diesem Hintergrund seien eine gezielte Folgenabschätzung und eine dauerhafte Honorierung der Tierwohlmaßnahmen erforderlich. Bartels stellte jedoch in Frage, ob diese Mehrleistungen tatsächlich über höhere Verbraucherpreise zu erzielen seien.

Nach Angaben des Marktforschungsexperten Dr. Johannes Simons von der Universität Bonn ist dies eher nicht der Fall. Obwohl 84 % der Verbraucher erklärten, ihnen sei tiergerechte Haltung wichtig, entschieden sie sich im Supermarkt oft anders. Dabei handelten die Konsumenten nicht schizophren, sondern schlau und beherrschten die Kunst der Verdrängung. Erschreckende Bilder über Tierleid seien im Kopf des Verbrauchers im Supermarkt nicht präsent, erläuterte der Experte. Er kaufe kein totes Tier, sondern vielmehr ein Stück Fleisch. Der Slogan „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“ der aufgelösten Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) gelte heute noch immer. Das zeigten auch die stabilen Zahlen beim Pro-Kopf-Verzehr in Deutschland. Wenn die Bilder allerdings eine zu hohe Macht erhielten und sich in den Köpfen der Verbraucher manifestierten, sei der Verdrängungsprozess ein psychologischer Kraftakt, so Simons. Gerade die heranwachsende Generation nutzte das vielfältige Angebot an Veggie-Produkten. Ob sich diese Erzeugnisse am Markt aber dauerhaft durchsetzen, sei unklar.

Fleischerzeugnisse aus tierwohlgerechter Haltung lassen sich laut Simons jedenfalls nur sehr schwer über hohe Preise finanzieren. Bartels schlug deshalb eine staatliche Förderung für eine Produktion nach strengen Tierschutzstandards vor. Dieses Ansinnen sollte auch in den „Masterplan für nachhaltige Nutztierhaltung“ der niedersächsischen Landesregierung Eingang finden. AgE