Verbraucher mit Verhaltenslücke beim Fleischkauf

Obwohl derzeit in der Landwirtschaft die Zeichen in Bezug auf die Tierzahlen pro Betrieb, die Leistung der Tiere und die Technisierung noch auf Wachstum stehen, könnte „die große Technik“ eines Tages wieder kippen. Diese Einschätzung hat der Präsident des Thünen-Instituts (TI), Prof. Folkhard Isermeyer, beim Nachhaltigkeitskongress agriglobal vertreten der Rahmen der Agritechnica in Hannover stattfand. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer Oldenburg. Isermeyer wies dem erweiterten Familienbetrieb, also einer Familie und einem bis mehreren Arbeitnehmern, eine große Bedeutung zu. Zudem werde die Bedeutung der Elektromobilität wachsen, doch die Robotertechnik werde in den kommenden 20 Jahren nur eine Ergänzung bleiben, prognostizierte der Wissenschaftler. Der Wertewandel im Land erfordert laut Isermeyer, dass sich „jemand auf Bundesebene aufschwingt, um einen ergebnisoffenen Dialog mit Tierhaltern, Kritikern und Handel zu führen“. In einer anschließenden Podiumsdiskussion betonte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies, den Verbrauchern müsse erklärt werden, wie Nahrung hergestellt werde. Dazu müsse die Realität gezeigt werden. Während deutsche Produkte im Ausland hoch geschätzt würden, betrachteten die Bundesbürger die heimische Agrarbranche sehr kritisch, so Lies.

Auch Thomas Dosch thematisierte in der Expertenrunde die polarisierte Diskussion in Niedersachsen. Der Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium in Hannover forderte Vielfalt in der Tierhaltung und stellte fest, dass sich die Individualisten durchgesetzt hätten. Dafür seien aber auch entsprechende Rahmenbedingungen nötig. Martin von Lampe von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) führte mit Blick auf die niedrigen Agrarpreise an, dass sich die Bereitschaft der Verbraucher, Geld auszugeben, in Deutschland ändere. Diese Entwicklung müsse gefördert werden. Nach den Worten von Frank Thiedig von Edeka zeigt die Realität jedoch immer wieder, dass eine sogenannte Verhaltenslücke existiert. Die Menschen handelten anders, als sie es eigentlich von sich selbst erwarteten. Erfahrungen hätten beispielsweise gezeigt, dass ein höherer Preis für tiergerecht erzeugtes Fleisch die Käufer abgeschreckt habe und die Absatzzahlen zurückgegangen seien. AgE