Baurecht: Bund und Länder streiten um Tierwohlställe

Der nordrhein-westfälische Gesetzentwurf wird von Berlin als Freifahrtschein für Ställe im Außenbereich bezeichnet.

Die Bundesregierung steht dem nordrhein-westfälischen Entwurf für ein Tierwohlgesetz kritisch gegenüber. Die Gesetzesinitiative bleibe hinter den Plänen der Bundesregierung zurück, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin vom Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Ophelia Nick, letzte Woche im Bundesrat. Die Grünen-Politikerin kündigte stattdessen ein Gesamtkonzept der Bundesregierung für einen Umbau der Tierhaltung an. Das Hauptaugenmerk liege dabei auf der Schaffung einer verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung. Zudem werde man die Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung angehen und eine Änderung des Baugesetzbuches auf den Weg bringen. Anders als im nordrhein-westfälischen Gesetzentwurf vorgesehen werde man jedoch keinen „Freifahrtschein für Ställe im Außenbereich“ ausstellen.

Demgegenüber bezeichnete die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser den von ihrer Landesregierung vorgelegten Entwurf als „einen zentralen Baustein für den Transformationsprozess, vor dem die Tierhaltungsbetriebe stehen“. Ziel des Artikelgesetzes sei es, Planungssicherheit für Tierhaltungsbetriebe, gleichzeitig aber auch Rechtssicherheit für die Genehmigungsbehörden zu schaffen, so die CDU-Politikerin in der Länderkammersitzung. Mit dem Gesetz würden Stallumbauten erleichtert, Regelungslücken geschlossen und baurechtliche Hürden abgebaut. Der Ministerin zufolge würden alle anderen Rahmenbedingungen vor allem hinsichtlich der Finanzierung ins Leere laufen, „wenn wir die Betriebe nicht in die Lage versetzen, notwendige Baumaßnahmen vornehmen zu können". Unterstützung erhielt Heinen-Esser von ihrer niedersächsischen Amtskollegin Barbara Otte-Kinast sowie vom agrarpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann.

In dem nordrhein-westfälischen Gesetzentwurf wird festgelegt, was unter dem Begriff „Tierwohl“ zu verstehen ist. Enthalten ist eine umfassende Verordnungsermächtigung für tierartspezifische Konkretisierungen, damit der Begriff rechtsübergreifend klargestellt und einheitlich ausgelegt wird. Mit Anpassungen im Naturschutzrecht soll erreicht werden, dass bei behördlichen Ermessensentscheidungen ein stärkeres Gewicht auf das Tierwohl gelegt wird. Schließlich sieht der Entwurf die Schaffung einer Öffnungsklausel für Tierwohlställe im Baurecht vor. Außerdem sollen Altställe, die mindestens sieben Jahre nicht zur Tierhaltung genutzt wurden, ihre Betriebserlaubnis verlieren. Auf diese Weise könnten diese Betriebe aus der behördlich zu ermittelnden immissionsschutzrechtlichen Vorlastberechnung gestrichen werden. Dies schaffe wichtiges Entwicklungspotential für die Tierhalter in der Region, so die Begründung der Düsseldorfer Landesregierung. Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung den Ausschüssen zugewiesen. Federführend ist der Agrarausschuss, mitberatend sind der Umwelt- und der Bauausschuss.

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) bezeichnet das Artikelgesetz der NRW-Ministerin als einen echten Vorstoß zur bundeseinheitlichen Lösung der Stallbaubremse. Gleichzeitig merkt der Verband aber auch an, dass das Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchG) nicht angefasst wird. Dies wäre aber aus Sicht der ISN notwendig, um die Stallbaubremse auch bei den zahlreichen nach dem BimSchG genehmigten Ställen zu lösen. AgE


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