SUS 3/2016

Ein wegweisendes Urteil

Was jahrzehntelang vom Gesetzgeber akzeptiert worden ist, kann nicht über Nacht behördlich verboten werden. Dies ist eine wichtige Botschaft des Urteils, das kürzlich das Oberverwaltungsgericht NRW zur Tötung männlicher Küken gefällt hat. Eine Änderung dieses systembedingten Verfahrens kann nur dann gesetzlich eingeleitet werden, wenn wirtschaftliche, praktikable Alternativen verfügbar sind, so die Richter.Durch dieses Urteil werden wir Schweinehalter bestätigt, behördliche Willkür nicht widerspruchslos hinzunehmen. Das gilt z. B. für die fragwürdige Interpretation der Anforderung an die Kastenstände für Sauen ebenso wie für Auflagen zur Abluftreinigung oder zur Abdeckung von Güllebehältern.Ein anderes Beispiel sind Erlasse zum Kupieren von Ferkelschwänzen. Sie kommen einem Berufsverbot gleich, weil die Mäster Schäden befürchten und daher eine Abnahme der Ferkel mit (zu) langen Schwänzen verweigern. Weitere Zielkonflikte zeichnen sich ab, wenn einzelne Behörden eine Lichtstärke von 80 Lux in der gesamten Bucht verlangen. Dies ist in Ruhezonen kaum tiergerecht.Es geht um Entscheidungs- und Interessenkonflikte, die sich aus gegensätzlichen Forderungen ergeben. Was ist wichtiger, emotional geprägter Tierschutz, Antibiotika-Verzicht, Tiergesundheit, Umwelt- und Klimaschutz, kostengünstige Lebensmittel?
Die Verunsicherung häuft sich aktuell dermaßen, dass Schweinehalter weder in neue Ställe noch in Modernisierungen investieren. Die Dauer der Abschreibung ist nicht zu kalkulieren. Auch führt eine unterschiedliche Auslegung gesetzlicher Vorgaben zu einer starken Verzerrung im nationalen und europäischen Wettbewerb.Angesichts der psychischen und finanziellen Belastungen unserer Landwirte droht eine verstärkte Abwanderung der Produktion. 11 Mio. importierte Ferkel sind ein unübersehbares Warnzeichen. Dringender denn je brauchen wir sorgfältige Folgenabschätzungen für alle Maßnahmen, um eine Benachteiligung der Schweinehalter durch überzogene Auflagen und mangelnde Planungssicherheit zu vermeiden.
Die EuroTier-Messe und die Bundestagswahl stehen vor der Tür. Jetzt ist ein klares Zeichen der Politik gefordert, ob unsere Lebensmittel weiterhin nachhaltig in Deutschland produziert werden sollen oder ob ein Import aus dem Ausland bevorzugt wird? Dort gelten andere Standards, die sich unserer Kontrolle und unserem Einfluss entziehen.