BRS-Fachtagung: "Tierwohlumbau bietet Chancen"

Was muss wer jetzt tun, damit die Nutztierhalter eine Perspektive behalten? Antworten sollte die BRS-Fachtagung in Neumünster geben.

Der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert hat erneut für die Vorschläge des von ihm geleiteten Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung geworben. Die Änderungen sollten in der neuen Legislaturperiode vorangetrieben und im neuen Koalitionsvertrag verbindlich verankert werden, forderte Borchert Anfang letzter Woche auf einer Vortragsveranstaltung im Vorfeld der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Rind und Schwein (BRS) in Neumünster. Bei Lösungen müsse die Politik vorangehen. Wenn eine Gesellschaft mehr Tierwohl über dem gesetzlichen Standard fordere, dafür aber nicht bezahlen wolle, sei ein starker Ausbau der zielorientierten staatlichen Förderpolitik erforderlich, so Borchert. Andernfalls provoziere man einen weiteren starken Strukturwandel.

Tierwohl nicht die einzige Baustelle

Der emeritierte Gießener Agrarökonom Prof. Michael Schmitz äußerte auf der Veranstaltung allerdings Zweifel, ob eine auskömmliche finanzielle Honorierung der betrieblichen Mehrkosten und eine verbesserte Akzeptanz des Sektors in der Öffentlichkeit realisierbar seien. Seine Skepsis richtet sich weniger gegen die Empfehlungen der Borchert-Kommission, sondern vor allem gegen die Ergebnisse der Finanzierungsstudie und die Ziele der Zukunftskommission. Zudem äußerte der Agrarökonom Skepsis gegenüber der Forderung, den Verbrauch und die Produktion tierischer Erzeugnisse hierzulande aufgrund vermeintlicher Gesundheits-, Umwelt- und Ressourcenvorteilen deutlich zu verringern. Eine transparente Abwägung von Kosten und Nutzen sowie die Berücksichtigung von Leakage- und Reboundeffekten eines solchen Schrittes seien dringend geboten. Schmitz machte zugleich deutlich, dass sich Deutschland als Gunstregion intensiver an der Welternährung beteiligen müsse und durch Extensivierung keine Treibhausgasemissionen in Drittländer verlagert werden dürften.

Raus aus der Opferrolle

Ein Grundproblem der heimischen Nutztierhaltung ist es nach Ansicht von Unternehmensberater Dr. Michael Lendle (AFC Consulting Group), dass sie ihre berechtigten Anliegen zu selten laut und gemeinsam an den entscheidenden Stellen vortragen. Er wünscht sich hier mehr Professionalität und finanzielle Schlagkraft. Die Landwirte müssten raus aus der Opferrolle. Viele von ihnen lieferten hervorragende Arbeit ab, auch wenn das in der Öffentlichkeit anders dargestellt werde. Auch Schweinehalter Jörg Struve will nach vorn gehen und sich dem Wandel in der Landwirtschaft keineswegs verschließen. Er hat kürzlich einen seiner Schweine­mastställe als Großgruppen-System mit Sortierschleuse gestaltet. Das ermöglicht eine vielseitige Buchtenstruktur mit Auslaufmöglichkeit, automatischem Häckselstrohabwurf in den Liegekesseln, Schweineduschen, Tränkewannen und Beschäftigungsraufutter auf dem Boden.

Mehr Tierwohlställe

Struves Kollege Michael Peters hat ebenfalls einen Tierwohlstall gebaut. Ausschlaggebend dafür sei eine erfolgreiche Bewerbung um Fördermittel aus dem Agrarinvestitions-Förderprogramm Schleswig-Holstein gewesen. Der Milchviehhalter hat für seine 150 Anglerkühe zahlreiche Extras umgesetzt, damit es ihnen besser geht. Hierzu zählen ein besonders breiter Laufgänge, ein Tier-Liegeboxenverhältnis von 1 : 1,1 sowie mindestens sechs Stunden Weidegang an 120 Tagen im Jahr. Die Kühe fühlen sich sichtlich wohl im neuen Stall mit zwei Melkrobotern (AMS). ­Leider fällt der Milchpreis trotz des Tierwohstalles nicht höher aus. Helfen kann hier nur eine breite Öffentlichkeitsarbeit. Denn wenn die Verbraucher die heimische Landwirtschaft wieder mehr unterstützen sollen, müssen sie erst einmal wieder einen engeren Bezug zur Praxis aufbauen.

Wer muss was tun?

Zum Schluss der Veranstaltung stellte Moderator Sönke Hauschild vom Bauernverband Schleswig-Holstein die Frage, was wer jetzt tun muss, damit die Nutztierhalter eine Perspektive behalten. Die Antworten der Referenten weisen in verschiedene Richtungen (AgE).


Mehr zu dem Thema