Heutige Rationen müssen verstärkt darauf getrimmt sein, dass die Schweine das Futter effektiv umsetzen und wenig Nährstoffe ausscheiden. Denn die Kosten der Nährstoff- bzw. Gülleabgabe sind vielerorts stark gestiegen. Geplante Verschärfungen im Düngerecht erhöhen den Druck. Auch in puncto Kosten ist eine hohe Futtereffizienz wichtig. Zwar gaben die Futterpreise jüngst nach. Doch die Weltbevölkerung wächst, und Chinas Hunger nach Eiweißträgern ist enorm. Das spricht künftig für eine knappe Versorgung und hohe Futterpreise. Schweinehalter können die Futtereffizienz bzw. den Nährstoffanfall durch mehrere Maßnahmen optimieren: Der große Effekt freier Aminosäuren rührt daher, dass der Rohproteingehalt im Futter stark zurückgefahren werden kann. Das heißt: Die Ration kommt mit geringeren Mengen an Eiweißträgern wie Soja- oder Rapsschrot aus. Der Hebel ist enorm. So entspricht 1 kg freies Lysin etwa derselben Aminosäure-Menge wie 37 kg Sojaschrot. Um den Bedarf der Tiere an wichtigen Eiweißbausteinen zu sichern, werden die Aminosäuren über das Mineralfutter ergänzt. Hierbei geht es insbesondere um die vier erstlimitierenden Aminosäuren Lysin, Methionin, Threonin und Tryptophan. Letztere kann gerade in Mais-betonten Rationen im Mangel sein und das Wachstum begrenzen. Inzwischen sind in der EU auch die beiden nächstlimitierenden Aminosäuren Valin und Isoleucin für die Ergänzung im Schweinefutter zugelassen. Trotz des hohen Einsparpotenzials beim N-Anfall ist der Einsatz Eiweiß-reduzierter Rationen bei gleichzeitiger Ergänzung freier Aminosäuren in der Praxis noch verbesserungswürdig. Zwar sind etliche Mineralfutter heute mit Lysin ausgestattet, um Sicherheitszuschläge beim Rohprotein abzubauen. Ein weitergehender Einsatz freier Aminosäuren konzentriert sich bislang aber vorrangig auf Niedersachsen. Hier kommen Protein-reduzierte Rationen als sogenanntes RAM-Futter zum Einsatz. Ziel ist ein geringerer Nährstoff-Ausstoß aufgrund knapper Gülleflächen. Vorbehalte gegen Protein-reduzierte Rationen rühren oft aus der Sorge, dass die Mast- und Schlachtleistung zurückgeht. Dies ist jedoch unbegründet! So belegen zahlreiche Fütterungsversuche, dass Rationen mit abgesenktem Proteingehalt genauso hohe Mast- und Schlachtleistungen ermöglichen wie Standardfutter. Voraussetzung ist natürlich, dass Protein-gesenkte Rationen durch Zugabe freier Aminosäuren aufgewertet werden. Auch bei Mastherkünften mit sehr hohem Wachstumsvermögen ist eine Eiweiß-Reduzierung möglich, wie ein aktueller Fütterungsversuch der LWK Niedersachsen zeigt. Hier wurden 112 Tiere unter LPA-Bedingungen mit unterschiedlichen Proteingehalten versorgt. Die Mast- und Schlachtleistungen waren in beiden Gruppen sehr hoch und zeigten keine Unterschiede (siehe Übersicht 2). Das gute Abschneiden Protein-reduzierter Rationen hat auch damit zu tun, dass sie den Stoffwechsel der Tiere entlasten. Denn freie Aminosäuren sind für Schweine hoch verdaulich und werden fast vollständig resorbiert. Hingegen ist die praecaecale (Dünndarm) Verdaulichkeit der Aminosäuren der Futtermittel unterschiedlich. So liegt die Lysin-Verdaulichkeit von Gerste bei 73 % und von Sojaschrot bei 87 %. Jedoch können diese Werte schwanken. Konkret bietet die hohe Verdaulichkeit freier Aminosäuren zwei Vorteile: Aufgrund der positiven Effekte freier Aminosäuren stellt sich für die Praxis die Frage: Wie weit lässt sich der Rohproteingehalt absenken, ohne Leistungseinbußen zu riskieren? Grundsätzlich gilt: Schweine haben keinen Mindestbedarf an Rohprotein. Entscheidend ist vielmehr die bedarfsgerechte Versorgung mit Aminosäuren. Theoretisch könnte man Schweine nur mit Getreide und freien Aminosäuren füttern. Unverzichtbar ist allerdings, dass der Betrieb die fehlenden Aminosäuren-Mengen exakt kennt und neben den vier erstlimitierenden auch die weiteren Aminosäuren im Auge behält und bei Bedarf ergänzt. Die Grenze der Rohprotein-Senkung wird unterschiedlich diskutiert. Bei idealen Bedingungen halten Vertreter der Futtermittelindustrie eine Absenkung auf 15 % Rohprotein im Anfangs- und 13 % im Endmastfutter für machbar. Das sind 3,5 bzw. 1,5 Prozentpunkte weniger als die DLG-Angabe. Futtermittelberater siedeln das untere Niveau etwa 1 Prozentpunkt höher an. Demnach lässt sich der Rohproteingehalt im Mittel der gesamten Mast physiologisch vertretbar und bezahlbar auf etwa 13 % drücken. Die Konzepte zur Rohprotein-Absenkung sind auf die Sauenhaltung und Ferkelaufzucht übertragbar. So sind mithilfe freier Aminosäuren auch Laktationsfutter mit weniger als 16 % und Trächtigkeitsfutter mit weniger als 12 % Rohprotein erfolgreich einsetzbar. In der Praxis kann die Absenkung des Rohproteingehaltes dennoch an Grenzen stoßen. Denn mit jeder Verminderung des Rohproteins schmilzt der Sicherheitspuffer der Ration. Damit steigt die Gefahr, dass einzelne Aminosäuren in den Mangel geraten und das Wachstum der Tiere bremsen. Deshalb die klare Botschaft: Vor allem bei einer deutlichen Absenkung des Rohproteins ist eine Laboranalyse der Futterkomponenten ein Muss! Die LfL Bayern bietet seit dem letzten Jahr eine Schnell-Analyse für Eiweißfuttermittel an. Hierbei wird der Rohproteingehalt per NIRS-Methode be- stimmt. Durch den Abgleich mit einer großen Datenbank lassen sich die Aminosäurengehalte ableiten. Die kostengünstige NIRS-Methode ist auch bei Getreide und CCM einsetzbar. Die Gehalte der drei essenziellen Aminosäuren werden dann ebenfalls aus Tabellenwerten abgeleitet. Die Rationsgestaltung sollte dann auf Basis der standardisierten praecaecal verdaulichen Aminosäuren erfolgen. Denn hiermit lässt sich der Futterwert genauer bemessen. Allerdings sind derzeit nur die Verdauungskoeffizienten von einer begrenzten Anzahl an Futtermitteln verfügbar. Wo Daten fehlen, sollte man mit Brutto-Werten rechnen. Die Ergänzung mit freien Aminosäuren ist anhand des sogenannten idealen Proteins zu bemessen. Bei diesem Konzept liegen alle essenziellen Aminosäuren im optimalen Verhältnis für den tierischen Bedarf vor. Über- und Unterversorgungen werden vermieden. Für Mastschweine, Sauen und Ferkel haben sich die in Übersicht 3 gezeigten Aminosäuren-Verhältnisse inzwischen bewährt. Wobei das Lysin als Leit-Aminosäure auf 100 % gesetzt ist. Letztlich ist der Einsatz freier Aminosäuren für die Schweinebetriebe auch eine Kostenfrage. Denn durch ihren Einsatz verteuert sich das Mineralfutter erheblich. So kosten Mastmineralfutter mit 6 % Lysin etwa 70 €/dt. Ein stark mit Aminosäuren aufgewertetes Mineralfutter mit 12 % Lysin und entsprechender Ergänzung der weiteren Aminosäuren schlägt dagegen mit deutlich mehr als 100 €/dt zu Buche. Auf der anderen Seite ersetzt man Teile des Sojas z. B. durch Weizen. Das senkt den Futterpreis. Als Faustgröße gilt: Ist Sojaschrot mehr als doppelt so teuer wie Weizen, kann der Einsatz sogenannter Amino-Minerale mit mehr als 8 % Lysin wirtschaftlich sein. Für Schweinebetriebe mit Nährstoffüberschüssen kann es auch sinnvoll sein, etwas mehr für Protein-reduziertes Futter auszugeben. Denn durch den geringeren Nährstoffausstoß sinken die Kosten der Gülleabgabe. Hinzu kommt, dass die Schweine bei Eiweiß-reduzierten Rationen weniger Wasser benötigen. Somit fällt weniger Gülle an. Freie Aminosäuren bieten einen großen Hebel, um Eiweißträger zu sparen. Insbesondere bei teurem Soja sind Vorteile bei den Futterkosten möglich. Für Betriebe in Veredlungsregionen zählt auch die Entlastung der Nährstoffbilanz. Denn mithilfe freier Aminosäuren lässt sich der Stickstoff-Ausstoß der Tiere rechnerisch um 30 % und mehr drücken. Um Leistungseinbußen zu vermeiden, sind jedoch Futteranalysen unverzichtbar. Praxiserfahrungen zum reduzierten Soja-Einsatz lesen Sie im Anschluss. Rohprotein gezielt absenken Keine Leistungseinbußen Stoffwechsel wird entlastet Eiweiß-Absenkung: Wo ist die Untergrenze? Futteranalysen sind ein Muss! Futterpreise kalkulieren Fazit Basis sind bedarfsgerechte Rationen. Wer Sicherheitszuschläge bzw. Überversorgungen abbaut, kann den Stickstoff-Ausstoß um 10 bis 15 % reduzieren (siehe Übersicht 1). Weitere N-Einsparungen von etwa 10 % erlaubt die bedarfsangepasste Phasenfütterung. Enzyme sowie andere Zusatzstoffe können den Stickstoff-Anfall um etwa 5 % senken. Besonders effektiv ist die Zugabe freier Aminosäuren. Sie kann dazu beitragen, dass die Tiere 20 bis 50 % weniger Gülle-Stickstoff produzieren. Die Wärmeverluste im Stoffwechsel sinken, es geht weniger Energie mit dem Harn verloren. Zudem müssen Rohprotein-Überschüsse nicht energieaufwendig aus dem Körper geschleust werden. Die eingesparte Energie steht für den Protein- und Fettansatz bereit. Bei konsequenter Umsetzung verbessert sich die Futterverwertung. Die Tiere scheiden weniger Nährstoffe aus. So bringen Eiweißträger große Mengen Stickstoff in die Produktion, von dem Schweine nur etwa 30 % nutzen. Der überwiegende Teil landet in der Gülle bzw. als Ammoniak in der Luft. Jede Senkung des Rohprotein-Gehaltes um 1 %-Punkt drückt den Stickstoff-Anfall um etwa 10 %. -Fred Schnippe, SUS- Teures Soja und Nährstoffüberschüsse machen freie Aminosäuren interessant.Für wen lohnt sich der Einsatz?