In Dänemark öffnet sich die Schere zwischen produzierten Ferkeln und tatsächlich im Land geschlachteten Mastschweinen immer weiter. Die dänischen Ferkelerzeuger auf der einen Seite haben allen Grund zur Freude. Sie erzielten wenigstens bis zur aktuellen Schlappe anständige Preise und beim Export werden sie dieses Jahr erstmals die 10-Mio.-Ferkel-Marke knacken. Das liegt in erster Linie daran, dass sie mehr Ferkel pro Sau und Jahr absetzen. Gleichzeitig konnten einige Betriebe sogar aufstocken, sodass die Sauenzahl im Vergleich zum Vorjahr leicht um 2 % auf rund 1,26 Mio. Tiere gestiegen ist. Bei den Mästern ist das Gegenteil der Fall. Obwohl die aktuellste Viehzählung ein leichtes Plus ergab, ist der generelle Trend negativ. So schrumpft der Bestand an Mastschweinen seit Längerem um 2 bis 3 % jährlich. Für die Anzahl geschlachteter Schweine gilt das Gleiche. Im Jahr 2013 kamen noch knapp 19,1 Mio. Schlachtschweine in Dänemark an den Haken (siehe Übersicht 1). Für das laufende Jahr prognostizieren Experten einen Rückgang von rund 440 000 Schweinen. Doch was führt zu diesem Niedergang der Mast? Das liegt zum einen daran, dass so gut wie keine neuen Mastställe mehr gebaut werden. Der Geschäftsführer der Branchenorganisation Danske Svineproducenter, Hans Aarestrup, rechnet vor: „Wenn wir davon ausgehen, dass ein Stall 25 Jahre hält, müssten eigentlich 200 000 Mastplätze pro Jahr neu gebaut werden, um den Bestand überhaupt zu halten.“ Doch die Bautätigkeit im Mastbereich ist gleich Null. Außer ein paar Modernisierungen und Optimierungen ist im Mastbereich nichts in den Auftragsbüchern von Marktführer Graakjaer und anderen Stallbaufirmen vermerkt. Zwar gibt es staatliche Förderprogramme für den Stallbau, doch diese zielen meist auf die Sauenhaltung und nicht auf die Mast ab. Gefördert werden aktuell vor allem Investitionen in Freilauf-Abferkelbuchten. Für Mäster sind nur für einzelne wenige Energiespar- und Umweltschutz-Maßnahmen Fördergelder vorgesehen, so zum Beispiel für eine neue Isolierung der Stallhülle oder den Austausch der Lüftungsanlage. Doch für die Praktiker sind diese Investitionen wenig attraktiv. Zudem deckt die finanzielle Förderung gerade mal einen Teil der Zusatzkosten ab. Außerdem verweigern die Banken den dänischen Schweinehaltern weiterhin neue Kredite. Als 2009 die Bodenpreise abstürzten, brachen Sicherheiten weg und der Anteil Eigenkapital im Finanzmodell vieler Schweinebetriebe schmolz von 30 bis 40 % plötzlich auf 0 bis 10 % zusammen. So gibt es Betriebe, die gerne wachsen würden, um über die Bestandsgröße die Stückkosten weiter zu drücken, aber kein Geld für Kredite bekommen. Selbst wenn im Betrieb genug Eigenkapital vorhanden ist, reagieren die Banken eher ablehnend, wenn ein Landwirt – und besonders ein Schweinehalter – vorstellig wird. Häufig sind es aber auch die Betriebe selbst, die das Interesse daran verloren haben, in die Mast zu investieren – obwohl sie über Top-Leistungen, ausreichend Fläche und ein schlüssiges Finanzierungskonzept bzw. genügend Eigenkapital verfügen. Stallbau-Genehmigungen sind sehr teuer und dauern oft bis zu zwei Jahre. Außerdem regt sich auch in der dänischen Bevölkerung immer mehr Widerstand gegen große Ställe. „Den Betrieben ist dann meist der Aufwand zu groß in Anbetracht dessen, was unter dem Strich pro Schwein übrig bleibt“, so Heinrich Lüllau, Chefökonom von Landbosyd, dem Bauernverband in Süddänemark. Schaut man sich die Zahlen an, ist die Skepsis sowohl der Banken als auch der Landwirte selbst nachvollziehbar: So hat in 2013 nur etwas mehr als die Hälfte der Mäster mit mehr als 10 000 produzierten Schlachtschweinen ihre Vollkosten decken können. Der Durchschnitts-Mastbetrieb in dieser Größenklasse hat bei einem Deckungsbeitrag von umgerechnet 15 € ein negatives Jahresergebnis von 19 DKK oder 2,55 € pro Schwein gemacht. Das geht aus den Betriebsanalysen der dänischen Forschungseinrichtung Videncenter for Svineproduktion hervor. Wenn der Bau eines neuen Stalles nicht möglich ist, könnte die Pacht in einzelnen Fällen eine Option sein. Doch in der Praxis bleiben Mastställe oft dauerhaft leer, wenn der Besitzer in Rente geht oder aus der Produktion aussteigen will. Denn für einen aktiven Landwirt macht es in der Regel keinen Sinn, einen Betrieb zu kaufen oder einen Stall zu pachten, wenn dieser klein, technisch veraltet oder zu weit vom eigenen Betrieb entfernt liegt. „Mastställe mit weniger als 1 000 Plätzen und ohne eigene Mahl- und Mischtechnik sind unattraktiv und finden keinen Interessenten“, erklärt Lüllau die freien Mastkapazitäten. Dass die Landwirte in Dänemark immer weniger auf die Schweinemast setzen, liegt auch an den Produktionsbedingungen. „Wir stehen mit den deutschen und polnischen Mästern in direkter Konkurrenz, haben aber unterschiedliche Rahmenbedingungen“, erklärt Mogens Dall. Der Landwirt mästet auf 3 200 Plätzen Schweine und macht sich als Vorstandsvorsitzender des Bauernverbandes Landbosyd für Deregulierungen bzw. eine 1 : 1-Umsetzung der EU-Standards für dänische Mäster stark. Aus seiner Sicht sind die dänischen Mäster vor allem in folgenden Punkten benachteiligt: Aufgrund der hohen Produktionskosten sind die Mäster auf entsprechend hohe Erlöse angewiesen. Doch die können die dänischen Schlachthäuser nicht zahlen. Manche Kombibetriebe gehen sogar so weit, dass sie ihre Mastställe in bestimmten Wochen nicht belegen, sondern ihre Ferkel ins Ausland liefern. Doch das Fehlen der schlachtreifen Schweine durch attraktive alternative Absatzmöglichkeiten für Ferkel hat eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt. Wenn die schlachtreifen Schweine fehlen, sinkt die Auslastung der Kapazitäten, was wiederum die Schlachtkosten pro Schwein erhöht, was wiederum die Schweinepreise sinken lässt. Zwar gelang es Danish Crown durch eine zeitweise Anhebung der Auszahlungspreise auf das deutsche Niveau, den Export von Schlachtschweinen zeitweilig zu bremsen. Doch in den ersten drei Quartalen 2014 nahm die Ausfuhr von Schlachtschweinen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder um 6 % auf fast 280 000 Tiere zu. Generell können die dänischen Schlachthöfe nicht mit den deutschen Betrieben mithalten: Ihre Lohnkosten sind einfach zu hoch! „Während ein Schlachthofmitarbeiter in Dänemark umgerechnet etwa 25 € pro Stunde verdient, werden viele osteuropäische Mitarbeiter an deutschen Schlachtbetrieben mit einem Drittel davon abgespeist“, so Markus Fiebelkorn von den Danske Svineproducenter. Konnten die hohen Schlachtkosten in der Vergangenheit gut durch Ausfuhren in zahlungskräftige Märkte wie Japan, Schweden und Großbritannien ausgeglichen werden, ist der Schweinefleisch-Export heute generell schwieriger geworden. So trifft die Importsperre Russlands Dänemark als Land mit einem Selbstversorgungsgrad von knapp 600 % besonders hart. Die Lieferungen an Branchenprimus Danish Crown sind von 2003 bis heute um etwas mehr als eine halbe Mio. Schweine auf rund 14 Mio. gesunken, was einem Rückgang von 3 % pro Jahr entspricht. In dieser Zeit musste der Schlachtkonzern 29 Standorte in Dänemark schließen. Auch im laufenden Jahr hat Danish Crown schon Stellen streichen sowie Standorte zusammenlegen und umorganisieren müssen. Eine weitere Automatisierung der Prozesse ist laut Insidern nur für wenige Standorte geplant, sagt Søren Bonde, Mäster aus dem Danish Crown-Vorstand. Zunächst werden einzelne Arbeitsschichten gestrichen, d. h., es gibt nur noch zwei statt drei Acht-Stunden-Schichten pro Tag oder am Wochenende bleiben die Bänder still. Um dieser Steigerung der Schlachtkosten durch mangelnde Auslastung entgegenzuwirken, hat Danish Crown zum 1. Oktober 2014 ein neues Hilfsprogramm aufgelegt. Danach sichert das Unternehmen jedem Lieferanten eine Bruttomarge von 87 DKK bzw. umgerechnet gut 11 € pro Schlachtschwein zu. Dabei entspricht die Bruttomarge dem Schlachterlös abzüglich der Ferkel- und Futterkosten. Die den Danish Crown-Mitgliedern zugesicherten Zuschüsse sollen die Banken dazu bewegen, eher Kredite für einen Maststallbau zu vergeben. Danish Crown will außerdem die nächsten fünf Jahre für Schweine, die in neu gebauten Ställen gemästet wurden, 15 Öre/kg (2 Cent) mehr bezahlen. Bis zu 500 000 Schweine können von dieser Maßnahme profitieren. Für Markus Fiebelkorn ist es nur eine Scheingarantie, da der Deckungsbeitrag stark fallen kann und die Garantie dann nur halb greift. „Wenn dies geschehen sollte, was ist dann mit den anderen Mästern? Werden diese dann nicht aus dem Markt gedrängt, sodass in der Summe weiterhin ein Minus bleibt? Auch beim Zuschuss zum Stallbau frage ich mich, ob dieser ausreicht.“ Inwieweit die Mittel erfolgreich sein können, muss also die Zeit zeigen. Doch bleibt für die Ferkelerzeuger als Alternative der Ferkelexport weiterhin interessant. Denn es gibt noch attraktive Märkte in Osteuropa, die die dänischen Ferkelerzeuger bedienen können. Nach wie vor steuern die meisten der dänischen Ferkel-Transporter deutsche Betriebe an. Doch auch Polen hat sich zu einem interessanten Absatzmarkt für die Dänen entwickelt. Polnische Mäster nehmen inzwischen fast jedes dritte dänische Exportferkel ab. Mehr Ferkel, weniger Mastschweine – so lässt sich die aktuelle Entwicklung der dänischen Schweineproduktion zusammenfassen. Denn während die dänischen Sauenhalter immer mehr Ferkel absetzen, ihre Herden zuletzt sogar leicht aufstocken konnten und die stets steigende Ferkelzahl über Exporte nach Deutschland und Polen problemlos abfließt, geraten die Mäster zunehmend ins Hintertreffen. Sie haben unter anderem mit hohen Hürden beim Stallbau und höheren Futterkosten zu kämpfen. Gleichzeitig ist es Danish Crown & Co. nicht möglich, entsprechend hohe Schweinepreise auszuzahlen. Denn die Schlachtkosten in Dänemark sind sehr hoch. Und die fehlende Auslastung der Kapazitäten befeuert diese Entwicklung weiter. Zudem ist der Absatz des Schweinefleisches in Drittländern schwieriger geworden. Daher ist für die Zukunft in Dänemark mit einer unvermindert hohen „Ferkelschwemme“ sowie sinkenden Schlachtzahlen und weiteren Schlachthof-Schließungen zu rechnen. Schon heute orientiert sich Danish Crown stark auf seine ausländischen Standorte, z. B. in Deutschland und Schweden. Keine neuen Mastställe Banken verweigern Kredite Vollkosten nicht gedeckt Hohe Produktionskosten Schweinepreis zu niedrig Schlachthöfe buhlen um Schweine Fazit Aufgrund sehr strenger Düngevorschriften enthält das Getreide etwa 3 %-Punkte weniger Protein als bei uns, sodass die dänischen Schweinehalter im Vergleich mehr teures Soja zukaufen und in die Rationen stecken müssen, um eine gleiche Eiweißversorgung zu erzielen. Zwar verfügen viele Betriebe über eine eigene Futtergrundlage. Diese reicht aber oft nicht aus und die Betriebe müssen teilweise zukaufen. Doch Futtergetreide ist relativ teuer. An Betriebe, die Futter zukaufen müssen, geht aktuell die Empfehlung, Futterverträge für mindestens 12, besser 24 Monate im Voraus abzuschließen. Die Lohnkosten für die Angestellten in der Landwirtschaft sind höher. Zwar ist auch in Deutschland nun ein Mindestlohn eingeführt worden, der Unterschied beträgt aber trotzdem mehrere Euro pro Arbeitsstunde. Die Umweltauflagen sind hoch. So ist die Genehmigung nach Düngerecht in der dänischen Schweinehaltung an die Grenze von 1,4 Vieheinheiten pro Hektar gebunden, während sie in anderen EU-Ländern bei 1,7 VE/ha liegt. Im Gegensatz zu den deutschen Berufskollegen haben die dänischen Landwirte keine Möglichkeit der Umsatzsteuer-Pauschalierung. Darüber hinaus belastet die Nutztierhalter eine Steuer auf den mineralischen Phos-phorgehalt in Futtermitteln. -Mareike Schulte, SUS- Die dänische Ferkelerzeugung brummt. Doch die Mast tut sich schwer und es fehlen bereits heute Schlachtschweine. Woran das liegt, hat SUS vor Ort recherchiert.