Hohe Ferkelzahlen steigern die Erlöse – aber auch die Kosten. Welches Leistungsniveau die beste Rendite verspricht, zeigt eine aktuelle Kalkulation der Grenzgewinne.Die biologischen Leistungen in der Ferkelerzeugung sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Organisierte Betriebe erreichen im Schnitt fast 25 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr – Spitzenbetriebe liegen bereits deutlich darüber. Viele Ferkelerzeuger wollen bei den Leistungen weiter zulegen, um die Rendite zu verbessern. Dies ist vom Grundsatz her richtig. Denn mit steigenden Ferkelzahlen kann das einzelne Tier zunächst günstiger produziert werden. Allerdings wachsen der Aufwand und die Kosten dann überproportional an, wenn man die letzten Reserven aus den Schweinen kitzeln will. Betriebswirtschaftlich spricht man vom abnehmenden Ertragszuwachs. Die Frage lautet daher: Bei welchem Leistungsniveau wird unter aktuellen Bedingungen das meiste Geld verdient? Um Licht ins Dunkel zu bringen, wurden die Produktionskosten pro Ferkel bei unterschiedlichen Leistungsniveaus kalkuliert. Die Berechnung umfasst den Bereich zwischen 18 und 32 marktfähigen 28 kg-Ferkeln je Sau und Jahr. Als Basis dienen aktuelle Werte zum Investitions-, Arbeitszeit- und Futtermittelbedarf. Der Produktionsertrag wird in der Ferkelerzeugung durch mehrere biologische Leistungswerte bestimmt: Die Wurffolge, die Anzahl gesamt- und totgeborener Ferkel, die Saugferkelverluste sowie die Verluste in der Ferkelaufzucht. Die unterstellten Kennzahlen zeigt Übersicht 1. Es wird deutlich, dass sich die ertragsbestimmenden Parameter je nach Leistungsniveau stark verändern. So ist z. B. davon auszugehen, dass die Totgeburtenrate und die Saugferkelverluste steigen, wenn sich die Wurfgröße erhöht. Bei 22 abgesetzten Ferkeln wurden daher 12% Saugferkelverluste unterstellt, während die Verlustquote bei 30 verkauften Ferkeln auf 16% steigt. Insgesamt ist bei den variablen Ertragsparametern zu beachten, dass es bislang keine wissenschaftliche Datengrundlage gibt. Die zu Grunde gelegten Werte sind daher anhand von Praxisdaten geschätzt. Wobei eine lineare Abhängigkeit zur Wurfgröße unterstellt ist. Auch bei der Remontierungsquote und den Sauenverlusten ist ein linearer Anstieg bei zunehmender Wurfgröße unterstellt. Denn je stärker die Sauen beansprucht und an ihre Leistungsgrenze geführt werden, desto höher ist die Gefahr vorzeitiger Sauenabgänge. Im Fokus stehen insbesondere Fruchtbarkeits- und Fundamentprobleme. Damit verschiebt sich je nach Leistungsniveau auch die Altersstruktur der Herde. Das wiederum hat z. B. Folgen für den Produktionsertrag der Herde, da sich das Leistungspotenzial der Sauen in Abhängigkeit von der Wurfnummer ändert. Eine wichtige Frage ist die nach der Futtermenge je Sau und Jahr. Zwar hängt der Bedarf bei güsten und tragenden Sauen nicht unmittelbar mit der Leistung zusammen. Doch in der Säugephase ist der Futterbedarf dann sehr stark leistungsabhängig. Bei Wurfgrößen von bis zu zwölf insgesamt geborenen Ferkeln lässt sich der Energiebedarf der Sau meist recht gut über das Futter sicherstellen. Im Normalfall halten sich die Körpermasseverluste der Sau bis zu dieser Leistung im Rahmen. Übersteigt die mittlere Wurfleistung zwölf insgesamt geborene Ferkel, ist eine bedarfsgerechte Versorgung der Sau allein über das Säugefutter nicht weiter abzusichern. Denn die maximale Futteraufnahmekapazität von etwa 7,5 kg wirkt während der Laktation begrenzend auf die Milchleistung und damit auf den Zuwachs der Ferkel. Um Versorgungsdefizite zu vermeiden, müssen die Ferkel großer Würfe zusätzlich Milch und Beifutter erhalten. Dies ist bei der Futterkostenberechnung zu berücksichtigen. Bestandteil der Gesamtrechnung ist zudem der Futterenergiebedarf für die Aufzuchtferkel in Höhe von 512 MJ ME je Tier. Dies bezieht sich auf den Abschnitt von 6,8 bis 28 kg Lebendgewicht bei 410 g täglichen Zunahmen. Das heißt: Werden statt 25 Ferkel pro Sau und Jahr 30 Ferkel abgesetzt, steigt auch der Futterverbrauch um 20%. Entscheidend für die Produktionskosten sind weiterhin die Preise der Futtermittel. In der Kalkulation sind aktuelle Futterpreise zugrunde gelegt. Das heißt, der massive Anstieg der Futterpreise in den vergangenen Monaten ist berücksichtigt. Neben dem allgemeinen Preisniveau ist die Preisrelation der Futtermittel untereinander von Bedeutung. Einen besonderen Einfluss haben hierbei die hochpreisigen Prestarter und Sauen-milchergänzer. Denn ihr Einsatz nimmt bei steigender Wurfgröße rasant zu. Bis zum Leistungsniveau von 24 Ferkeln nehmen die spezifischen Futterkosten je marktfähigem Ferkel degressiv ab (siehe Übersicht 2). In den höheren Leistungsstufen steigen die spezifischen Futterkosten je Ferkel dann spürbar an. Denn hier ist zunehmend eine kosten-intensive Zufütterung notwendig. Der Einfluss der Zufütterung ist enorm. So sind die Ferkel-bezogenen Futterkosten bei 30 marktfähigen Ferkeln je Sau höher als in der Leistungsstufe um 20 Ferkel! Wichtig für die Produktionskosten ist weiterhin die Arbeitszeit. Fakt ist: Bei steigenden Wurfgrößen geht der Zeitbedarf je Ferkel zunächst zurück. Denn die Routinearbeiten wie das Füttern der Sau oder die Stallreinigung verteilen sich auf mehr verkaufte Ferkel. Strebt der Betrieb ein sehr hohes Leistungsniveau an, muss man aber einen steigenden Arbeitszeitbedarf kalkulieren. Denn bei größeren Würfen steigt das Verlustrisiko für die Ferkel. Um den Anstieg der Ferkelverluste im Rahmen zu halten, sind fruchtbare Sauenherden intensiver zu betreuen. Der zusätzliche Zeitbedarf für Geburtsüberwachung und Neugeborenenversorgung beträgt bis zu 1,5 Akh je Sau und Jahr. In der Kalkulation ist dieser Mehraufwand ab einer Wurfgröße von 13 Ferkeln bzw. 23 marktfähigen Ferkeln je Sau berücksichtigt. Wobei ein stufenweiser Anstieg der Arbeitszeit hinterlegt ist. Ein erhöhter Zeitbedarf entsteht auch durch die zusätzliche Futterversorgung der Saugferkel ab Wurfgrößen von 13 bis 14 Ferkeln. Nach Praxisberichten sind für das tägliche Anmischen der Tränke, das Anfüttern der Ferkel und die Reinigung der Tröge etwa 0,35 Arbeitsstunden/Sau und Jahr zu veranschlagen. Insgesamt haben wir uns beim Arbeitszeitbedarf an den Werten des KTBL orientiert. Für eine praxisübliche, arbeitswirtschaftlich allerdings sehr anspruchsvolle Variante sind das beispielsweise 7,55 Akh je Sau und Jahr einschließlich der Saugferkel. Hinzu kommt die Ferkelaufzucht, die bis zum Lebendgewicht von 28 kg mit 0,15 Akh je erzeugtem Ferkel zu Buche schlägt. Die Stallplatzkosten (Abschreibung, Instandhaltung und Verzinsung) richten sich nach der Höhe der Investition. Die im vorliegenden Fall angesetzten Werte entsprechen jenen Stalltypen, die auch beim Arbeitszeitbedarf als Basis dienen. Der überwiegende Anteil der Investitionen entfällt mit 2 138 € auf den Sauenplatz. Der Bedarf an Flatdeckplätzen hängt stark vom Leistungsniveau der Sauen ab. So sind bei 30 abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr rechnerisch rund 5,2 Flatdeckplätze pro Sau vorzuhalten. Bei 25 abgesetzten Ferkeln ist der Raumbedarf in der Ferkelaufzucht mit 4,4 Plätzen je Sau deutlich geringer. In der Kalkulation haben wir Investitionen von 246 € je Aufzuchtplatz veranschlagt. Vergleichsweise niedrig ist der Investitionsbedarf für die Zusatzfütterung der Saugferkel. Von den Ammensystemen ist aktuell besonders die Versorgung per Milchtränke in der Abferkelbucht im Gespräch. Die Investitionen für Anmischbottich, Ringleitung etc. betragen laut Hersteller je Abferkelplatz etwa 125 €. Bezogen auf den Sauenplatz sind das 30 €. Dieser Mehraufwand ist ab Würfen mit mehr als 13 Ferkeln zu veranschlagen. Fasst man alle Kostenblöcke zusammen und bereinigt sie um den Erlös für die Schlachtsauen, erhält man die Stückkosten pro Ferkel (siehe Übersicht 3). Bei einem Niveau von 18 marktfähigen Ferkeln je Sau und Jahr liegen die Produktionskosten bei unserer Datenbasis bei gut 69,60 € pro Ferkel. Wobei eine Verbesserung der Ferkelzahlen im unteren Leistungssegment spürbare Vorteile bringt: Die Grenzkosten sinken um gut 1,50 € je Ferkel. Bei konstantem Fer-kelpreis steigt der Gewinn also um die-sen Wert. Sinkende Grenzkosten lassen sich unter den festgelegten Bedingungen aber nur bis zu einem Leistungsanstieg auf 28 marktfähige Ferkel realisieren. Bei diesem Niveau betragen die Stückkosten nur noch knapp 62 €/Ferkel. Steigen die Leistungen weiter an, ziehen die Produktionskosten wieder leicht an. Auf dem Spitzenniveau verteuert der Anstieg der Leistung um ein Ferkel die Produktion um etwa 10 Cent je Tier. Der Wendepunkt bei den Stückkosten wird stark beeinflusst durch den Anstieg der spezifischen Kosten für die Remontierung, das Futter sowie für die Arbeit: Mithilfe der Grenzkosten lässt sich das optimale Leistungsniveau in der Ferkelerzeugung recht genau ermitteln. Bei definierten Bedingungen wird bei 28 marktfähigen Ferkeln/Sau und Jahr der höchste Gewinn erzielt. Strebt der Betrieb höhere Leistungen an, sind steigende Ferkelverluste und Futterkosten sowie ein höherer Arbeitsaufwand zu erwarten. Im oberen Leistungssegment wird der Vorteil großer Würfe schnell durch steigende Kosten aufgezehrt. Allerdings ist die optimale Produktionsintensität nicht starr. Schwankungen der Futterpreise, der Zuchtfortschritt oder betriebliches Wachstum können zu Verschiebungen führen. Jeder Betrieb sollte das optimale Leistungsniveau daher individuell prüfen. Ferkel- und Sauenverluste nehmen zu Hohe Leistungen erfordern höhere Futterkosten Kosten große Würfe mehr Arbeitszeit? Stallplatz wird teurer Wendepunkt ab 28 Ferkel Fazit Steigen leistungsbedingt die Sauenverluste, wird die Remontierung teurer. Bei großen Würfen ist eine kostenintensive Zusatzversorgung der Saugferkel nötig. Hierdurch steigen die spezifischen Futterkosten ab einer Leistung von etwa 22 marktfähigen Ferkeln je Sau. Bei hohen Herdenleistungen muss man die Betreuungsintensität enorm erhöhen. Steigt der Arbeitszeitbedarf, steigen auch die spezifischen Arbeitskosten. -Dr. Jürgen Müller, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft-