Mit der neuen Dünge-VO strebt Berlin die Hoftor-Bilanz für größere Betriebe an.Das wird den Stickstoff-Saldo merklich erhöhen.
Fred Schnippe, SUS
Bereits Ende 2014 hat Agrarminister Christian Schmidt den ersten Entwurf für die neue Düngeverordnung vorgelegt. Es folgte ein mehrjähriges Tauziehen zwischen CDU und SPD um die Ausgestaltung.
Mitte Januar haben sich das Berliner Umwelt- sowie das Agrarressort mit den Bundesländern auf einen Kompromiss geeinigt. Er enthält die wichtigen Eckpunkte des neuen Düngerechts. Auch wenn noch zahlreiche Detailfragen zu klären sind, will das Agrarressort den Entwurf schnell umsetzen.
Zahlreiche Verschärfungen
Nach derzeitigem Stand sollen die finalen Abstimmungen im Bundestag und Bundesrat bereits bis Ende März erfolgen. Ob das gelingt, ist unklar. Das neue Düngerecht bringt zahlreiche Verschärfungen. Für die Schweinehalter ist insbesondere relevant:
- Die zulässigen Stickstoff- und Phosphor-Salden in der Nährstoffbilanz sollen mittelfristig um je 10 kg/ha sinken.
- In der Feld-Stall-Bilanz sinken die anrechenbaren Stall- und Ausbringungsverluste bei Stickstoff von 30 auf 20 %.
- Die Sperrfristen für die Düngung sollen von drei auf vier Monate steigen.
- Biogas-Gärreste sollen auch unter die Obergrenze von 170 kg N/ha fallen. Das erhöht den Nährstoff-Druck.
- Bei hohen Nitratwerten im Grundwasser müssen die Länder mindestens drei Maßnahmen zur Reduktion ergreifen. Die Details sind ungeklärt.
Kern der Novelle des Düngerechts ist jedoch die Pflicht zur Nährstoffstrombilanz. Darauf haben die SPD bzw. das Umweltministerium gedrängt. Inhaltlich entspricht die Nährstoffstrom-bilanz der Hoftor-Bilanz.
Die neue Bilanzierung soll ab dem Jahr 2018 für größere Betriebe mit mehr als 2000 Mastplätzen oder einem Viehbesatz oberhalb von 2,5 GV/ha gelten. In Veredlungsregionen fallen schätzungsweise 15 % der Betriebe darunter. Ab 2023 soll die Hoftor-Bilanz für alle Betriebe verpflichtend sein.
Was ändert sich?
Doch welche Veränderungen kommen auf die Landwirte zu? Dafür zunächst ein Blick auf den bisherigen Nährstoffvergleich mittels Feld-Stall-Bilanz. Basis sind hier die Nutzfläche und das Ertragsniveau. Bilanziert wird, welche Nährstoffe über mineralische und organische Dünger auf die Fläche gelangen und welche mit dem Erntegut abgefahren werden.
Bei der Hoftor-Bilanz hingegen werden alle Nährstoffe erfasst, sobald sie das Hoftor passieren. Die Zufuhr umfasst den Zukauf von Dünger, Futtermittel und Vieh. Die Abfuhr enthält Verkäufe von Vieh und Erntegut sowie die Abgabe von Wirtschaftsdünger.
Mit dem Wechsel zur Hoftor-Bilanz wird der Nährstoffvergleich deutlich aufwendiger. Denn beim neuen System darf der Betrieb nicht mehr auf Schätz- oder Tabellenwerte zurückgreifen. Im Gegenteil: Bei der neuen Bilanz sind alle Zu- und -abflüsse von Nährstoffen im gesamten Betrieb exakt zu erfassen. Mitunter lassen sich Daten aus der Buchführung einbeziehen.
N-Saldo steigt erheblich
Der wesentliche Unterschied der Hoftor-Bilanz ist allerdings der deutlich höhere Stickstoff-Saldo. Denn beim künftigen Verfahren zum Nährstoff- Vergleich handelt es sich um eine Brutto-Bilanz. Insbesondere die derzeit bei der Feld-Stall-Bilanz noch anrechen-baren Stall- und Ausbringungsverluste von bis zu 30 % fallen weg.
In der Folge werden viele Veredlungsbetriebe mit der Hoftor-Bilanz künftig einen Stickstoff-Saldo zwischen 100 und 150 kg/ha aufweisen. Im Vergleich dazu fällt der N-Saldo mit der Feld-Stall-Bilanz mit 50 bis 60 kg/ha in typischen Veredlungsbetrieben wesentlich geringer aus.
Wohlgemerkt: Der um 50 bis 90 kg je ha höhere Stickstoff-Saldo ergibt sich allein durch den Wechsel zur Hoftor-Bilanz. Denn sie erfasst Brutto-Werte.
Das heißt: Mit der politisch gewollten Neuregelung des Nährstoff-Vergleiches muss zwingend auch eine Anhebung der zulässsigen Stickstoff-Salden erfolgen. Aus fachlicher Sicht sind die Salden um 50 bis 90 kg/ha anzuheben. Ohne diese Anpassung ist in Zukunft eine Ressourcen-schonende Düngung im Sinne der Kreislaufwirtschaft unmöglich. So müssten die Tierhalter vermehrt hofeigene Wirtschaftsdünger abgeben und im Gegenzug teure Mineraldünger zukaufen. Dies dient dem Gewässerschutz nicht! Außerdem würden die Viehhalter mit erheblichen Mehrkosten belastet.
Mit der Hoftor-Bilanz können nicht nur die Salden für Stickstoff steigen, sondern auch für Phosphor und Kali. Dennoch wird in Schweinebetrieben statt des Phosphors künftig oft der Stickstoff der limitierende Faktor der Gülledüngung sein.
Dies hat neben dem Wechsel zur Hoftor-Bilanz damit zu tun, dass die Futterwert- und Ausscheidungstabellen für Stickstoff und Phosphor angepasst wurden. Auch lässt sich der P-Ausstoß der Tiere über moderne Futterkonzepte besser optimieren als der N-Ausstoß.
Fazit
Mit der Novelle der Dünge-Verordnung sollen einige Schweinebetriebe bereits ab 2018 eine Hoftor-Bilanz erstellen. Durch den Wechsel zur Brutto-Bilanzierung steigt der Stickstoff-Saldo stark an.
Wenn die Hoftor-Bilanz kommt, muss die Politik die zulässigen N-Salden um 50 bis 90 kg/ha anheben. Sonst ist ein nachhaltiger Einsatz von Wirtschaftsdüngern unmöglich!
Wichtiger denn je ist: Die Betriebe müssen die Einsparpotenziale der Nährstoff-reduzierten Fütterung nutzen.