Tierschützer glauben, dass den Tieren Stroh gut tut. Doch die Einstreu verursacht mehr Arbeit, höhere Investitionen sowie zusätzliche Emissionen.
Mit der Veröffentlichung des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung hat die Diskussion um die Schweinehaltung der Zukunft wieder zugenommen. Die konventionelle Haltung in geschlossenen Ställen auf Spaltenboden steht dabei massiv in der Diskussion.
Laut Gutachter könnten Auslauf, Strohhaltung, zusätzliches Beschäftigungsmaterial und vieles mehr zum Standard werden. Von Seiten der Tierschützer wird insbesondere der Strohhaltung ein hoher Stellenwert beigemessen. In konventionellen Betrieben spielt die Haltung auf Stroh jedoch nur noch eine untergeordnete Rolle und findet eher in kleineren, älteren Ställen statt. Hinzu kommen die Strohställe der Ökobetriebe.
Zurück zum Stroh?
Welche Auswirkungen der Umstieg von konventioneller Haltung auf eine Haltung mit Stroheinstreu hätte, soll in diesem Beitrag vorgestellt werden. Dabei geht es insbesondere um die Frage der Investitions- und Arbeitskosten, die für beide Systeme berücksichtigt werden müssen. Bei dem Vergleich wurde von gleichen Betriebsgrößen sowie Neubaukosten ausgegangen.
Anschließend werden Emissionen bzw. Genehmigungsfähigkeit von Ställen mit konventioneller Haltung bzw. Stroheinstreu verglichen. Auch muss die Frage beantwortet werden, welche Leistungen in Strohställen möglich sind und ob hier eventuell Abstriche gemacht werden müssen. Dieser Punkt ist im Hinblick auf die Schonung vorhandener Ressourcen wichtig.
Stallplatz wird teurer
Betrachtet man den reinen Stallbau, unterscheiden sich die Kosten zwischen einem Stallsystem auf Stroh bzw. auf Gülle nicht großartig. Das System auf Stroh ist etwas günstiger, da hier die Güllekanäle und die Spalten fehlen.
Dafür muss zusätzlich mit einem größeren Platzbedarf kalkuliert werden, da die Fress- und Liegebereiche in der Strohhaltung deutlich voneinander getrennt sind, und der Liegebereich tendenziell etwas größer ausgelegt ist. Des Weiteren muss im Strohsystem zum einen ein Mistlager, zum anderen ein Lagerraum für das Einstreustroh geschaffen werden.
In der Summe liegen dadurch die Investitionskosten für ein System auf Stroh ca. 15 % höher als im Stallsystem auf Gülle. Ausgehend von 2 500 € je Sauen-, 270 € je Ferkelaufzucht- und 580 € je Mastplatz werden für das Strohsystem Gebäudekosten von 2 875 € je Sauen-, 310,50 € je Ferkel- sowie 667 € je Mastplatz festgelegt (siehe Übersicht 1). Alle Investitionen werden bei 1,5 % Reparaturen und 2 % Zinsansatz mit 7 % abgeschrieben.
Entscheidend in der Betrachtung der Systeme sind jedoch die Arbeitskosten. Aufgrund des zusätzlichen Aufwandes für Strohbergung, Einstreuen und Entmisten liegen die Arbeitskosten deutlich über dem Niveau in Gülleställen. Die Gülle- und Festmistausbringung ist dabei nicht Teil der Betrachtung, liegt aber auf etwa gleichem Niveau.
Stroh verursacht Mehrarbeit
Unter Berücksichtigung eines weitgehend mechanisierten Arbeitsablaufes bei der Strohhaltung ist mit folgendem Arbeitszeitbedarf in den einzelnen Produktionsbereichen gerechnet worden: 22 Arbeitsstunden je Sau und Jahr, 0,2 Arbeitsstunden je Ferkel (Aufzucht) sowie 0,8 Arbeitsstunden je Mastschwein (siehe Übersicht 2). In der konventionellen Haltung liegt der Arbeitsaufwand bei 9 Stunden je Sau und Jahr, 0,11 Stunden je Aufzuchtferkel sowie 0,28 Stunden je Mastschwein.
Es fällt auf, dass in der Ferkelerzeugung und in der Schweinemast die Mehrarbeit prozentual deutlich höher ist als in der Ferkelaufzucht. Dies liegt in der Ferkelerzeugung am Abferkelbereich, der ein hohes Maß an Handarbeit beim Einstreuen und Entmisten fordert. In der Schweinemast ist insbesondere in der Endmast mit einem höheren Einstreubedarf zu rechnen.
Der Strohbedarf wird laut Literatur mit ca. 4 dt je Sau in der Ferkelerzeugung, 5 kg je Ferkel in der Ferkelaufzucht und ca. 40 kg je Tier in der Schweinemast angegeben.
Kosten steigen um 30 €/Tier
In der Übersicht 3 sind die Direkt-, Gebäude-, Arbeits- und allgemeinen Festkosten in den Bereichen Sauenhaltung, Ferkelaufzucht und Mast aufgeführt. In der Gesamtbetrachtung aller Kosten ergibt sich im Vergleich der Systeme folgendes Bild: In der Schweinehaltung mit Flüssigmistverfahren summieren sich die Kosten auf 172 € je Tier auf, und in der Strohhaltung liegen sie bei 202 € je Schwein.
Dabei sind gleiche Leistungen in beiden Systemen angesetzt, wobei in der Sauenhaltung rund 28 Ferkel/Sau und Jahr abgesetzt, in der Ferkelaufzucht 5,8 Umtriebe und in der Schweinemast 2,75 Umtriebe realisiert werden können.
Der Großteil der Mehrkosten entfällt auf die zusätzlichen Arbeitskosten. Insbesondere in der Ferkelerzeugung und Schweinemast fallen deutlich höhere Kosten an. Die reinen Strohkosten machen bei einem Preis von 12 €/dt Stroh nur ca. 6,80 € je Tier aus.
Allerdings ist der Strohbedarf insgesamt erheblich. Ein Betrieb mit 200 Sauen im geschlossenen System bräuchte demnach von 55 ha Acker Stroh in einer guten Qualität. Ob dieses jedes Jahr ohne Qualitätsverlust möglich ist, muss zumindest in Frage gestellt werden. Um Mykotoxine im Stroh so weit wie möglich zu verhindern, ist beim Ackerbau viel Wert auf die Gesunderhaltung der Bestände zu legen. Dazu gehören regelmäßige Fungizidbehandlungen und die Einhaltung der Fruchtfolge mit zum Beispiel Leguminosen, Gerste und Weizen.
Höhere Ammoniak-Werte
Neben den Gebäude- und Arbeitskosten geht es um etwaige Emissionen in Ställen mit Fest- bzw. Flüssigmist. Hier ist zu berücksichtigen, dass im Regelfall der Strohstall keine zielgerichtete Lüftung hat. In der Regel sind Strohställe als Offenstall mit freier Luftführung ausgelegt; eine Abluftreinigung ist also nicht möglich.
Somit fallen im näheren Umfeld des Stalles mehr Emissionen, das heißt Gerüche, an, während in der weiteren Umgebung weniger Emissionen festzustellen sind. Bei konventionellen Ställen mit Flüssigmistverfahren wird durch die gelenkte Luftführung sowie die mittlerweile relativ hohen Abluftschächte eine stärkere Verteilung der Emissionen erzielt.
Geht es um die absolute Menge der freigesetzten Emissionen, gibt es unterschiedliche Auslegungen. In Prognoseberechnungen für eine Beurteilung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) wird bei Flüssigmistverfahren ein spezifischer Geruchsemissionsfaktor von 50 Geruchseinheiten pro Sekunde pro Großvieheinheit (GE/(s GV)) angesetzt. Für Ställe mit Festmistverfahren (Tiefstreu) kann hingegen ein Faktor von nur 30 GE/(s GV) verwendet werden.
In der TA-Luft werden bei Geruchs-emissionen keine Unterscheidungen getroffen. Wenn es jedoch um den Ammoniakausstoß geht, werden bei Festmistverfahren höhere Emissionswerte angegeben.
Während Flüssigmistverfahren stark automatisiert sind, hängen Festmistsysteme maßgeblich vom Management des einzelnen Tierhalters ab, der die Einstreu durch Nachstreuen oder entsprechendes Entmisten trocken halten muss. Nur so bleiben Emissionen möglichst gering.
Gleiche Leistungen?
Die Schweinehalter haben früher Stroh aus ihren Ställen verbannt, um die hygienischen Bedingungen zu verbessern und so Voraussetzungen für bessere Leistungen zu schaffen. Doch es ist schwierig, diese Leistungsunterschiede genau zu beziffern. Vergleicht man die Ökohaltung auf Stroh mit konventionellen Betrieben, treten z.T. deutliche Unterschiede zu Tage. Diese sind aber nicht unbedingt auf das Haltungsverfahren, sondern vielmehr auf die weiteren Anforderungen z. B. zur Belegdichte oder zur Fütterung zurückzuführen.
Einige konventionell arbeitende Betriebe haben neben ihrem Stall mit strohloser Aufstallung auch noch Ställe bzw. Abteile mit Stroheinstreu. Sie berichten von etwas schwächeren Leistungen. Insbesondere bei den Tageszunahmen und der Futterverwertung können durch vermehrten Strohkonsum schlechtere Werte herauskommen.
Auch in der Ferkelerzeugung ist unter Umständen von höheren Saugferkelverlusten auszugehen, da die hygienischen Bedingungen bei Stroheinstreu häufig Wünsche offen lassen. Dagegen steht gefühlt ein höheres Wohlbefinden der Tiere durch ausreichend Beschäftigungsmaterial.
Fazit
Eine Umstellung der konventionellen Schweineproduktion auf die Strohhaltung ginge mit einer Kostensteigerung von rund 30 € je Tier einher. Insbesondere die hohe Arbeitsintensität durch das Einstreuen und Entmisten kostet Geld.
Bei einer Strohhaltung muss ferner jederzeit eine optimale Strohqualität gewährleistet sein. Auch können bei Festmistverfahren die schwer zu kontrollierenden Emissionen bei der Genehmigung oder bei Anwohnern zum Problem werden.
Aufgrund der Kostensteigerungen kann eine Umstellung auf Stroh nur mit einem deutlichen Preisanstieg beim Fleisch einhergehen. Anderenfalls wäre ein massiver Strukturwandel in den Veredlungsbetrieben die Folge.