Die Fermentation kann die Futterhygiene und die Nährstoffverwertung verbessern. Worauf kommt es besonders an?
Michael Werning, SUS
Die Fermentation ist derzeit das Top-Thema im Futtersektor. Das war nicht zuletzt auf der vergangenen EuroTier in Hannover zu sehen, wo zahlreiche Futtermittel- und Technikhersteller mit entsprechenden Konzepten aufwarteten.
Dabei ist die Idee der Fermentation nicht neu. Bereits seit 15 Jahren verfolgt man insbesondere in Dänemark und Holland das Prinzip der anaeroben Futtervergärung. Dass das Verfahren trotz diverser Vorteile bei uns erst jetzt in der Breite Zuspruch erhält, ist vor allem auf dessen langwierigen Werdegang zur Praxisreife zurückzuführen.
Oberstes Ziel: Viel Milchsäure
Dabei steht im Mittelpunkt der Fermentation eine verhältnismäßig einfache Grundmaxime. So wird unter weitgehendem Luftabschluss eine Futtervergärung angestrebt, bei der es zu einer vermehrten Milchsäure-Bildung und einem Abfall des pH-Wertes kommt.
Eine elementare Rolle wird dabei den Milchsäurebakterien (MSB) zu teil. Sie müssen sich in den ersten Stunden des Prozesses rasch vermehren, um die Bildung unerwünschter Gärprodukte wie Essigsäure und Ethanol auszubremsen.
In den Anfängen der Futterfermentierung setzte man darauf, dass sich diese Reaktion aus dem natürlichen Vorkommen der MSB in der Bakterienflora der Futtermittel ergibt. Diese als unkontrollierte Fermentation bezeichnete Verfahrensweise erwies sich jedoch als zu unsicher. Heute wird durch die gezielte Zugabe ausgewählter MSB-Starterkulturen nichts mehr dem Zufall überlassen.
Gezielter Anschub
Bei der Frage, in welcher Form die MSB dem Ferment zugegeben werden, scheiden sich allerdings die Geister. ForFarmers beispielsweise favorisiert flüssige Starterkulturen, die sich aus einem einzigen Bakterienstamm zusammensetzen. Die Firma Schaumann hingegen bietet wasserlösliche Startgaben in granulierter Form an, die aus mehreren MSB-Stämmen bestehen.
Beide Applikationsvarianten haben ihre Vor- und Nachteile. Entscheidend ist, dass sich der pH-Wert im Ferment innerhalb von zehn Stunden auf ein Niveau von unter 4 einpendelt. Außerdem sollte sich der Anteil der Milchsäure in der Frischmasse jenseits der 1,5 % bewegen, während Essigsäure und Ethanol bei unter 0,3 bzw. 0,6 % liegen.
Um diese Ziele zu erreichen, muss auch die Auswahl der Ferment-Komponenten passen. Als Grundvoraussetzung sollten diese nicht bereits vor der Fermentation in hohem Maße mit Keimen oder Bakterien belastet sein.
Neben Eiweiß-Futtermitteln wie Raps- oder Sojaschrot bieten sich Getreide-Komponenten für die Vergärung an. Sie liefern den Zucker und vor allem die Stärke, die die MSB als Energielieferant benötigen. Der Getreide-Anteil im Ferment sollte daher mindestens zwischen 40 und 50 % liegen.
Jede Charge für sich
Ebenso wie die Zugabe spezieller Milchsäurebakterien hat sich die Umsetzung im sogenannten Batch-Konzept durchgesetzt. Statt kontinuierlich einen Behälter mit der frisch angerührten Fermentmischung aus Wasser, Futterrohstoffen und den applizierten Milchsäurebakterien zu befüllen, kommen nun mindestens zwei Fermenter zum Einsatz (siehe Übersicht). Immer im Wechsel wird in einem Tank über mindestens 24 Stunden lang vergoren, während aus dem anderen fertiges Ferment zur Rationsanmischung herausgepumpt wird.
Diese abwechselnde Befüllung der Fermenter bietet zwei entscheidende Vorteile. Einerseits wird damit unnötiger Lufteintrag vermieden, der mit der stetigen Eindosierung frischen Ferments verbunden wäre. Andererseits kann zwischen der vollständigen Entleerung und erneuten Befüllung eine gründliche Reinigung des Fermenters mit Heißwasser erfolgen.
Letzteres ist von besonderer Bedeutung, da bereits geringfügige Rückstände an Altferment oder Fremdstoffen den Fermentationsprozess empfindlich stören können. Obwohl es technisch gesehen möglich wäre, den Haupt-Anmischbehälter der Fütterung zu nutzen, wird deshalb auch empfohlen, einen Mischer eigens für das Ansetzen des Ferments zu installieren.
Denn regelt sich aufgrund hygienischer Probleme der pH-Wert nicht schnell genug herunter, setzen sich anstelle der gewünschten Milchsäurebakterien Pilze und Hefen durch. Zwar wird dies durch umfangreiche Überwachungssensorik registriert und ein Verfüttern verhindert. Der finanzielle Verlust einer Tagesration Ferment ist dennoch immens.
Hohe Prozesstemperaturen
Um die Hygiene weiter zu fördern, empfehlen sich Fermenter aus Edelstahl. Von der Größe werden sie jeweils auf den betrieblichen Tagesbedarf an Ferment ausgelegt. Zudem erfolgen sowohl die Befüllung als auch die Entleerung unterseitig, um die Prozessschleife nicht zu stören bzw. den Behälter möglichst leerpumpen zu können.
Darüber hinaus sollten je nach Größe die Behälter selbst oder der Stellraum gedämmt sein. Denn neben der Behälterhygiene ist für die schnelle Absenkung des pH-Wertes auch eine optimal austarierte Prozesstemperatur gefragt.
Angestrebt wird zu Beginn der 24-stündigen Fermentation eine Temperatur zwischen 34°C und 38°C im Ausgangsstoff. Dies forciert einen schnellen pH-Wertabfall, eine höhere Vermehrungsquote der zugesetzten MSB-Starterkulturen und die mikrobiologische Qualität des Ferments.
Betriebe, die bereits jetzt über ein ausgefeiltes Warmwasserkonzept verfügen, sind da kostenseitig im Vorteil. Läuft die Vergärung erst einmal auf Hochtouren, ist ein weiteres Aufheizen nicht nötig, da bei der Fermentation selbst ausreichend Wärme entsteht.
Gesunde Tiere, höhere Leistungen
Am Ende eines erfolgreichen Gärprozesses steht ein Ferment, dessen Zusatz positive Effekte auf die Futtersuppe bzw. die damit versorgten Tiere hat:
- Die verstärkte Milchsäureproduktion unterbindet Fehlgärungen. Das wirkt sich positiv auf die Schmackhaftigkeit der Futterration aus.
- Insbesondere die Proteinverdaulichkeit nimmt zu. Das lässt die Futter-effizienz steigen, entlastet den Stoffwechsel der Schweine und verringert die Nährstoffausscheidungen. Außerdem gewinnen dadurch heimische Eiweißträger an Attraktivität;.
- Der rasch sinkende pH-Wert erhöht die Verfügbarkeit des phytingebundenen Phosphors in den pflanzlichen Rohstoffen. Die Zugabe mineralischen Phosphors kann reduziert werden.
- Bei einem pH-Wert von unter 4 verschlechtern sich die Lebensbedingungen schädlicher Mikroorganismen wie Salmonellen, Hefen und Coli-Bakterien erheblich.
- Das Ferment ist sehr homogen und weist eine sämige Konsistenz auf. Futter mit Ferment-Zusatz bleibt nach der Ausdosierung in den Trog deutlich länger stabil als herkömmliches Futter.
Hohe Investitionskosten
Zwar sind die Unwägbarkeiten innerhalb des Fermentationsprozesses weitgehend ausgeräumt, was bleibt sind aber die nicht unerheblichen Investitions- und Betriebskosten. Fermenter, Anmischbehälter, Steuerungstechnik, Leitungssystem und nicht zuletzt eine leistungsstarke Warmwasseraufbereitung – wer Futter selbst fermentieren möchte, erreicht schnell eine hohe fünf- oder gar sechsstellige Investitionssumme. Erst recht, wenn die vorhandene Futterküche für die zusätzliche Technik keinen Platz mehr bietet.
Bei den laufenden Kosten schlagen vor allem der Aufwand für Warmwasser und die MSB-Starterkulturen zu Buche. Mit einzubeziehen ist auch der leicht erhöhte Betreuungsaufwand. Vieles wird zwar durch ausgereifte Steuerungs- und Überwachungssysteme übernommen, ein Selbstläufer ist die Fermentierung dennoch nicht.
Angesichts der nicht zu verachtenden Kosten und den äußerst unterschiedlichen Bedingungen vor Ort, ist eine betriebsindividuelle Investitionsanalyse unabdingbar.
Fazit
Das Fermentieren von Futterrohstoffen ist ein brandaktuelles Thema. Nach langjährigen Praxisversuchen sind die Kriterien für einen erfolgreichen Gärungsprozess bekannt.
Die Vorteile in Bezug auf das Leistungsvermögen und die Gesundheit der Tiere sind beachtenswert. Ebenso die steigende Ressourceneffizienz.
Demgegenüber stehen hohe Investitions- und Betriebskosten. Ob ein Einstieg sinnvoll ist, kann nur eine einzelbetriebliche Analyse klären.
Mehr zur Fermentation lesen Sie in unserer Reportage auf den nächsten Seiten.