Abluftfilter: Hoher Aufwand, hoher Preis. Der Traum vom neuen Schweinestall lässt sich mancherorts nur verwirklichen, wenn die Abluft gefiltert wird. Welche Systeme gibt es, was leisten sie und was kosten die unterschiedlichen Techniken? Ü ber die Luftqualität in Deutschland wird derzeit viel diskutiert. Städte und Gemeinden stellen an großen Verkehrsadern Messstationen auf und überprüfen mit modernster Technik kontinuierlich den Feinstaubgehalt der Luft. Wo in einem vorgegebenen Zeitfenster zu viel Feinstaub gemessen wird, werden ältere Autos und LKWs mit zu hohem Schadstoffausstoß verbannt. Auch in ländlichen Gebieten bekommt das Thema zunehmend Bedeutung. Allerdings stehen hier nicht die Luftverunreinigungen durch den Auto- und Schwerlastverkehr im Vordergrund, sondern eher die Emissionen aus der Tierhaltung. Steigende Sauen-, Ferkel- und Mastschweinezahlen zwingen einige Gemeinden und Landkreise mit hoher Tierdichte sogar dazu, neue Ställe nur noch mit Abluftfilter zu genehmigen. Der niedersächsische Kreis Vechta ist hier als Beispiel zu nennen. Behörden ziehen Zügel an Aber auch in weniger viehdichten Regionen ziehen die Behörden die Zügel an. So fordern Ämter von bauwilligen Schweinehaltern nicht selten einen Abluftfilter, wenn der neue Stall zu nah an Biotopen, Wäldern oder FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat) liegt. Dabei beruft man sich auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und die TA-Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft). Über diese Gesetze hat der Staat in den letzten Jahren die Anforderungen zum Schutz der Umwelt und der Nachbarschaft vor zu hohen Belastungen verschärft. Trotz der neuen Umweltschutzvorgaben dürfen Abluftfilter von Genehmigungsbehörden aber nicht grundlos gefordert werden. Denn sie gehören nicht zum allgemeinen Stand der Technik! Vielmehr ist von Behördenseite zuerst zu prüfen, ob die eventuell notwendigen Emissionsminderungen auch durch andere Maßnahmen erreicht werden können. Durch die Erhöhung der Abluftkamine oder durch die Verlagerung des Emissionsschwerpunktes im Betrieb lässt sich das ein oder andere Problem sicherlich kostengünstiger aus der Welt schaffen. Voraussetzungen prüfen Deutet alles auf den Einbau eines Abluftfilters hin, muss der Landwirt selbst überprüfen, ob bei ihm im Betrieb überhaupt die notwendigen Voraussetzungen für die Technik gegeben sind. So ist z. B. der Einbau einer Zwangslüftung nötig. Die Abluft muss zentral bzw. abteilweise gesammelt werden, um durch den Filter nach außen zu gelangen. In frei belüfteten Außenklimaställen lässt sich die Filterung der Stallluft bislang nicht umsetzen. Darüber hinaus ist mit der Genehmigungsbehörde im Vorfeld zu klären, welche Stoffe überhaupt abgefiltert werden müssen. Nicht alle Verfahren sind nämlich in der Lage, Staub, Ammoniak und Gerüche ausreichend zu eliminieren. Auch die notwendige Reinigungsleistung, also die Abscheidegrade, sind zu ermitteln, um die geforderten Leistungen sicher zu erreichen. Bleibt nach intensiver Prüfung aller Alternativen zum Beispiel Verlegung des Stalles an einen anderen Standort nur die Möglichkeit der Abluftreinigung, sollten ausschließlich geprüfte Verfahren eingebaut werden. Weil es nach wie vor keine rechtsverbindlichen Vorgaben für den Betrieb von Abluftreinigungssystemen gibt, dürfen rein rechtlich zwar auch nicht zertifizierte Anlagen eingesetzt werden. Davor ist aber zu warnen, weil zum Beispiel keine gesicherten Daten zur Reinigungsleistung und zur Betriebssicherheit vorliegen. Muss die Anlage auf Anweisung der Genehmigungsbehörde ausgetauscht werden, weil sie die Vorgaben nicht erreicht, wird es für den Landwirt teuer. Seit dem Jahr 2005 zertifiziert die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) die Anlagen auf der Grundlage von Praxismessungen. Im Rahmen dieser Tests müssen die Abluftfilter mindestens 70 % Gesamtstaub und über 70 % des anfallenden Ammoniaks herausfiltern. Gleichzeitig darf die Geruchskonzentration im Reingas das ist die Luft, die am Filterausgang in die Umwelt gelangt 300 Geruchseinheiten pro Kubikmeter (GE/m3) nicht überschreiten. Stallgeruch darf also nicht mehr wahrnehmbar sein. Mehrere Systeme verfügbar Mittlerweile stehen die unterschiedlichsten Verfahren zur Verfügung, von denen mehrere Techniken DLG-zertifiziert sind. Dazu gehören Biofilter Rieselbettreaktoren Chemische Wäscher und mehrstufige Anlagen. Welche Reinigungsleistungen die einzelnen Systeme erreichen, ist in Übersicht 1 dargestellt. Biofilter, wie sie zum Beispiel von der Firma Hagola angeboten werden, eignen sich sehr gut zur Beseitigung von Gerüchen. Aber auch Staub wird von diesem System zum Teil herausgefiltert. Ungeeignet ist der Biofilter zur Abscheidung von Ammoniak. Bei hohen Ammoniakfrachten kommt es während der Umwandlungsprozesse sogar zur Freisetzung umweltbelastender Stoffe wie zum Beispiel Stickoxiden und Lachgas. Außerdem versalzt das Biofiltermaterial, was die Arbeit der Bakterien und Mikroorganismen verhindert. Rieselbettreaktoren, beispielsweise von der Firma Rimu, können in Turmbauweise gebaut werden und sind sehr kompakt. Sie können zum Beispiel im Dachraum über einem Stallabteil installiert werden. Rieselbettreaktoren sind in der Lage, sowohl Ammoniak als auch Staub und Geruch abzuscheiden. Die Abscheidegrade liegen bei über 70 %, die Geruchskonzentration wird auf unter 300 GE je m3 reduziert. Einstufige Chemowäscher sind im Grunde genommen baugleich mit Rieselbett- reaktoren. Sie haben allerdings deutliche Stärken bei der Ammoniakabscheidung, da dem System anorganische Säure zugeführt wird. Der pH-Wert des Waschwassers wird so auf pH 1,5 bis 5 abgesenkt und es können hierdurch bis zu 95 % des Ammoniaks abgefiltert werden. Wenn neben dem Ammoniak auch vermehrt Gerüche und Stäube herausgefiltert werden müssen, lassen sich Chemowäscher weiter aufrüsten. So kann der Wäscher zum Beispiel als zweistufiges Verfahren (Firma UniqFill Air) mit einer Wasserwäsche kombiniert werden und dabei Staub und Geruch abfiltern. Bei dreistufigen Verfahren (Fa. Big Dutchman bzw. Dr. Siemers Umwelttechnik) besteht der Abluftwäscher aus einem Wasser- und Chemowäscher sowie einem Biofilter. Diese Kombination kommt zum Einsatz, wenn hohe Ammoniak-, Staub- und Geruchsemissionen sicher herausgefiltert werden müssen. Worin sich die verschiedenen Filtertechniken noch unterscheiden und welche Besonderheiten zu beachten sind, zeigen die folgenden Kurzbeschreibungen. Biofilter: Regelmäßiger Materialwechsel nötig Beim Biofilter liegt der Abscheidegrad für Staub bei über 70 %, wenn grob strukturiertes Filtermaterial eingesetzt wird. Wurzel- oder Pappelholz eignet sich hervorragend. Außerdem kann der Filter, der als Flächenfilter ebenerdig unter freiem Himmel gebaut wird, mit Hackschnitzeln oder grobem Rindenmulch befüllt werden (siehe Übersicht 3). Je nach Filtermaterial muss bis zu ein Mal jährlich ein Austausch des Materials vorgenommen werden. Die Geruchsstoffe und der Staub werden durch Bakterien und Mikroorganismen abgebaut, die auf dem Filtermaterial sitzen. Um ideale Arbeitsbedingungen zu schaffen, muss das Filtermaterial ständig feucht gehalten werden. Dabei sind Verdunstungsverluste, die u. a. durch Sonneneinstrahlung entstehen, auszugleichen. Bei Temperaturen von über 30 °C müssen je 1 000 m3 Luftrate zwischen 7 und 9 l Frischwasser über Sprühdüsen zugeführt werden. In einem 1 000er-Maststall werden im Hochsommer dann über 700 l Wasser täglich benötigt. Bei niedrigeren Temperaturen, Regenwetter oder hoher Luftfeuchtigkeit sinken diese Bedarfswerte. Im Winter wird je nach Witterung kein Wasser benötigt. Die Leistung eines Biofilters lässt sich an der so genannten Flächenbelastung festmachen. Sie gibt an, mit wie vielen Kubikmetern Abluft ein Quadratmeter Filterfläche pro Stunde belastet werden kann, um die geforderten Abscheidewerte zu erreichen. Mit ca. 250 bis 440 m3 Luft ist die Flächenbelastung im Vergleich mit anderen Verfahren eher gering. Das liegt an der einstufigen Bauweise. Hier wird die einströmende Abluft nicht vorkonditioniert, also gewaschen. Zum anderen sind die notwendigen Verweilzeiten der Luft im Filter, also die Zeit, in denen die Bakterien Geruch und Staub eliminieren, relativ hoch. Sie liegen zwischen 4 und 14 Sekunden. Die Druckverluste im Filtersystem werden mit bis zu 150 Pascal (Pa) angegeben. Diese Kennzahl ist wichtig. Denn je höher die Druckverluste, desto mehr Energie muss der Lüfter aufbringen, um die Abluft durch den Filter zu drücken. Der Einbau von druckstabilen Lüftern ist daher äußerst wichtig. Zudem darf bei der Gesamtplanung nicht vergessen werden, dass auch bei der eigentlichen Entlüftung des Stalles Druckverluste entstehen. Sie liegen bei 30 Pa. Rieselbettreaktor: Hoher Wasserverbauch Beim Rieselbettreaktor wird die Abluft durch einen Füllkörper in der Regel Kunststoffpads gedrückt (vergleiche Übersicht 4). Mittels einer Umwälzpumpe, deren Leistung je nach Filtergröße bei 2 bis 5 kW (!) liegt, wird der Füllkörper über Sprühdüsen feucht gehalten, so dass die Bakterien und Mikroorganismen ideale Arbeitsbedingungen vorfinden. Entscheidend für die Arbeit der Bakterien und Mikroorganismen ist außerdem ein pH-Wert von 6,5 bis maximal 7,5 im Waschwasser, der über eine Messsonde ständig kontrolliert werden sollte. Da beim Rieselbettreaktor keine Säure zur pH-Wert-Regulierung eingesetzt wird, muss die Einstellung über den kontinuierlichen Austausch des Waschwassers erfolgen. Die sogenannte Abschlämmrate ist mit 0,2 bis 0,3 m3 je kg Ammoniakeintrag recht hoch. Bei einem NH3-Anfall von ca. 3 kg je Mastplatz und Jahr fallen somit 0,6 bis 0,9 m3 Waschwasser pro Platz und Jahr an! Hinzu kommt der Frischwasserbedarf, der durch Verdunstung entsteht. Pro 10 000 m3 Luftrate müssen bis zu 100 l Frischwasser täglich zugeführt werden. Die Filterflächenbelastung liegt zwischen 1 200 und 5 000 m3 je Quadratmeter und Stunde. Damit ist sie deutlich höher als beim Biofilter. Die Verweilzeit der Luft im Filter beträgt zwischen 0,5 und etwa 2,5 Sekunden. Auch beim Rieselbettreaktor entstehen Druckverluste. Sie liegen bei bis zu 100 Pa. Chemowäscher: Stark in der NH3-Abscheidung Beim einstufigen Chemowäscher müssen pro Kilogramm NH3-Eintrag etwa 3 kg Säure z. B. 96 %ige Schwefelsäure oder 25 %ige Salzsäure zugeführt werden. Dabei gilt: Das beim Schwefelsäureeinsatz mit Ammoniumsulfat belastete Waschwasser muss separat gelagert werden und darf nicht ins Güllelager gepumpt werden, weil es hier zur Bildung von giftigem Schwefelwasserstoff kommt! Beim Einsatz von Salzsäure besteht diese Gefahr nicht. Durch den Säurezusatz wird der Wasserverbrauch stark reduziert, da die Abschlämmrate sinkt. Pro kg NH3-Eintrag müssen nur noch 0,011 m3 Waschwasser ausgetauscht werden. Je Mastplatz und Jahr ist mit etwa 40 l zu kalkulieren. Neben der Ammoniakabscheidung sind Chemowäscher in der Lage, mindestens 70 % des anfallenden Staubes herauszu-waschen. Ungeeignet sind sie allerdings zur Geruchsbeseitigung. Das liegt an dem Säureeinsatz. Hierdurch wird der Aufbau eines Biofilms auf den Füllkörperoberflächen verhindert. Die Filterflächenbelastung ist recht hoch. Sie liegt zwischen 1 900 m3 bei hohem Staubanfall und 5 200 m3 je Quadratmeter und Stunde bei staubarmer Luft. Die Verweilzeit der Luft im Filter beträgt 0,4 bis 3 Sekunden, die Druckverluste liegen bei bis zu 100 Pa. Pro 1 000 m3 Luftrate müssen wie bei den anderen Systemen auch, zwischen 5 und 7 Liter Frischwasser aufgrund von Verdunstungsverlusten zugeführt werden. Neben dem einstufigen Wäscher werden auch zweistufige Verfahren angeboten. Wie in Übersicht 5 dargestellt, bestehen diese Systeme aus einer Chemostufe und einer Wasserwäsche. Beim dreistufigen Verfahren, wie in Übersicht 6 dargestellt, ist zusätzlich ein Biofilter zur Geruchsminderung eingebaut. Die Filterflächenbelastung variiert zwischen 3 500 und 5 000 m3 je Quadratmeter und Stunde. Der Frischwasserbedarf zum Ausgleich von Verdunstungsverlusten liegt nach Angaben der DLG bei 5 bis 7 l je 1 000 m3 Luftrate. Je nach Witterung können sich diese Werte im Jahresmittel aber auch verdoppeln. Genereller Nachteil der mehrstufigen Abluftreinigungsanlagen ist, dass die Druckverluste höher sind. Die Lüfter müssen im Filtersystem einen Druckverlust von 150 bis 200 Pa ohne Leistungsverlust überwinden können. Der Stromverbrauch der Lüfter steigt dadurch enorm. Festzuhalten bleibt An einigen Standorten lässt sich ein neuer Stall nur dann realisieren, wenn die KosAbluft gefiltert wird. Für die Abluftreinigung stehen heute mehrere Verfahren zur Verfügung. Biofilter werden als Flächenfilter gebaut und sie benötigen recht viel Platz. Im Vergleich mit anderen Systemen haben sie die geringste Reinigungsleistung. Sie filtern Gerüche und Staub gut ab. Keine Wirkung zeigen sie in Bezug auf die Ammoniakabscheidung. Das Filtermaterial ist regelmäßig auszuwechseln etwa ein Mal pro Jahr. Rieselbettreaktoren filtern Gerüche, Ammoniak und Staub gleichermaßen ab. Da bei diesem System keine Säure eingesetzt wird, muss das Waschwasser häufiger ausgetauscht werden, um den pH-Wert im Optimalbereich zu halten. Pro Mastplatz und Jahr fallen knapp 1 m3 Waschwasser an, die über die landwirtschaftliche Fläche zu verwerten sind. Chemowäscher als einstufiges System haben ihre Stärken bei der NH3-Filterung. Gerüche scheiden sie nicht ab, weil sich aufgrund des Säureeinsatzes im Filter kein Biofilm bilden kann, auf dem Bakterien und Mikroorganismen arbeiten können. Das Waschwasser der Chemostufe ist in separaten Tanks zu lagern, wenn Schwefelsäure zum Einsatz kommt. Es darf nicht in die Gülle gelangen, da sich giftige Stoffe bilden können. Die Allroundfilter sind die zwei- und dreistufigen Anlagen. Bei ihnen sind ein oder zwei zusätzliche Filterwände eingebaut, mit denen sich neben dem Ammoniak auch Staub und Gerüche sicher abfiltern lassen. Durch den permanenten Säurezusatz kann die auszutauschende Waschwassermenge im Vergleich zum Rieselbettreaktor um gut ein Drittel reduziert werden. Marcus Arden - Arden,Marcus -