Familie Barlage zeigt, wie man auch in alten Ställen hohe Leistungen erreichen kann.Südoldenburg gehört zu den schweinedichtesten Gebieten Norddeutschlands. Der Erregerdruck ist entsprechend groß. Hinzu kommt, dass etliche Mäster Ferkel mit teils unbekanntem Gesundheitsstatus aus anderen Regionen zukaufen. Das erhöht den Erregerdruck zusätzlich. Mittendrin, in Dinklage, bewirtschaftet Heinrich Barlage zusammen mit seiner Frau Ursula und seiner Tochter Stephanie einen Betrieb mit 230 Sauen und 1 500 Mastplätzen im geschlossenen System. Die Sauen werden im Zwei-Wochen-Rhythmus mit vier Wochen Säugezeit gehalten. In Sichtweite befinden sich weitere Schweine haltende Betriebe. Zudem ist der Betrieb Barlage „organisch“ gewachsen. Die Zuordnung der Stallabteile ist nicht immer ideal, und die Sauen und fast zwei Drittel der Mastschweine stehen in 20 Jahre alten Ställen. Das macht die Schweinehaltung nicht einfach. Dennoch schafft es der 59-jährige Betriebsleiter, die Verluste in der Mast konstant bei 1 % zu halten. Gleichzeitig erzielt er mit 840 g auch sehr gute Zunahmeleistungen bei seinen Tieren. „Eigentlich mache ich nichts Besonderes“, gibt sich Heinrich Barlage bescheiden. „Aber ich gebe zu, in manchen Punkten detailversessen zu sein.“ Das fängt beim konsequenten Tierfluss an, der organisiert sein will. Damit die Tiere in der Mast gesund bleiben und um Infektionsketten zu brechen, legt Barlage Wert auf striktes Rein-Raus in allen Abteilen. Diese umfassen jeweils 180 bis 200 Tiere. Sowohl in den alten Ställen als auch im neueren 600er-Maststall, der vor drei Jahren im Rahmen des letzten Wachstumsschrittes gebaut wurde, werden die Abteile in drei Schüben leer gemacht. Falls es Nachzügler gibt, stallt Barlage sie konsequent in das vorhandene, kleinere Resteabteil um, bis sie schwer genug sind. „Denn Tiere mit 90 kg Schlachtgewicht abzuliefern, bringt nichts“, so Heinrich Barlage. Nach dem Räumen eines Abteils folgt die Reinigung und Desinfektion. Dabei wird kein Einrichtungsteil vergessen, weder die Kettenwippe zur Beschäftigung der Schweine noch der Schlitz zwischen Trog bzw. Futterschale und Boden. Häufig hilft Tochter Stephanie, die derzeit noch die einjährige Fachschule für Landwirtschaft in Vechta besucht. Auch sie geht mit der gleichen Genauigkeit zu Werke wie die Eltern. „Ich achte zum Beispiel darauf, dass die Flächen im Stall nach dem Reinigen gut abgetrocknet sind, damit das Desinfektionsmittel optimal wirken kann.“ Um keine Erreger von einem Stallbereich in den anderen zu verschleppen, stehen vor jedem Stallbereich Desinfektionsmatten und -wannen parat. Verschiedene Stallgebäude sind teils nachträglich mit Waschbecken ausgestattet worden. Vor Eintritt in einen anderen Stallbereich wird zudem das Schuhwerk gewechselt. „Es gibt keine Ausnahmen. Das können wir uns nicht erlauben. Dafür ist die Erregerdichte zu groß“, so die 23-jährige Hofnachfolgerin. Auch wird vor dem Einstallen neuer Tiere stets ein Blick auf den Klimacomputer geworfen und die Stalltemperatur überprüft. Um den Absetzferkeln den Start in die Mastphase darüber hinaus noch zu erleichtern, setzt der Betrieb beim Futter, das komplett zugekauft wird, auf aus der Aufzucht bekannte Komponenten. Im Altgebäude wird flüssig gefüttert. Bei der Technik im neuen Stall hat Barlage sich für Breiautomaten entschieden. „Das System ist einfach und funktionssicher. Störungen treten selten auf oder können zeitnah behoben werden“, erläutert der Landwirt. Damit es bei den Mastschweinen so reibungslos läuft, wird aber nicht nur an der „Hygiene-Schraube“ gedreht und auf die passende Fütterung geachtet. „Dass wir in der Mast so problemlose Tiere haben und quasi komplett auf Antibiotika verzichten können, ist nur möglich, da wir auch eine umfangreiche Prophylaxe in der Aufzucht und bei den Sauen betreiben“, erklärt Heinrich Barlage. Die Ferkel vakzinieren Barlages gegen Circo und Mykoplasmen. Vor allem die Einführung der Circo-Impfung gegen Ende 2007 brachte dem Betrieb einen enormen Leistungssprung. „Sofort nahmen die Verluste ab und die Zunahmen in der Aufzucht kletterten um gute 20 g“, erinnert sich Ursula Barlage, die im Flatdeck Regie führt. Seit vier Monaten setzt der Betrieb die seit 2011 zugelassene Kombi-Impfung gegen Circo und Mykoplasmen ein, bei der die beiden Impfstoffe gemischt werden. Dadurch spart die Familie Zeit bei den Ferkelbehandlungen. „Auch für das Tier ist eine einmalige Behandlung stressfreier als eine mehrfache. Aber wir werden kritisch beobachten, ob der Kombi-Impfstoff auch langfristig hält, was er verspricht, und ob die Myko-Impfung im One-shot genauso sicher wirkt wie die Zweifach-Impfung“, so Hoftierarzt Dr. Ulrich Brinkmann, der den Betrieb seit 13 Jahren betreut. Mit ihm stimmen Barlages jeden Schritt bei der gesundheitlichen Betreuung des Bestandes eng ab. Warum er auch die Ferkel gegen PRRS impfen lässt, begründet Heinrich Barlage so: „In dieser schweinedichten Region können wir auf die PRRS-Impfung auf Dauer nicht verzichten. Das ist auch eine Frage des Tierschutzes. Denn wenn das Virus ausbricht, ist es mit einer einzigen Behandlung nicht getan.“ Bei den Sauen wird neben Parvo-Rotlauf auch gegen PRRS und Influenza geimpft. Außerdem erfolgt eine regelmäßige Behandlung gegen Ektoparasiten und Nematoden mittels Ivermectin. Hinzugekommen ist Ende vergangenen Jahres noch die Circo-Impfung bei den Sauen. Denn als Brinkmann im Zuge einer Chlamydien-Infektion im Bestand, die zu 17 Aborten führte, mehrere der toten Ferkel in der Pathologie der Praxis öffnete, diagnostizierte er auch Circo-Antikörper im Blut der Tiere. Die Impfung soll ein direktes Überspringen des Erregers vom Muttertier auf die Neugeborenen verhindern. Beim Versuch, aus einzelnen Impfungen wieder auszusteigen, haben die Landwirte schon negative Erfahrungen machen müssen. Als sie etwa im Jahr 2008 für ein halbes Jahr auf die Mykoplasmen-Impfung verzichteten, lieferte die Schlachtabrechnung prompt die Quittung: 70 % der Schweine wiesen Lungenläsionen auf! Durch die verschiedenen Impfmaßnahmen summieren sich die Tierarztkosten bei 25,3 abgesetzten Ferkeln auf immerhin 130 € pro Sau und Jahr. Doch damit liegt der Aufwand bei Barlages noch deutlich unter dem Durchschnitt ihres Arbeitskreises mit immerhin 58 Ferkelerzeuger-Kollegen. Der beträgt nämlich 155 € je Sau und Jahr. Unterm Strich rechnen sich die Ausgaben für die Immunprophylaxe für Barlage. Obwohl der Betrieb bei den Ferkelzahlen nicht mehr vorne im Arbeitskreis-Ranking steht, kann er sich in puncto Direktkosten-freie Leistung zu den besten Betrieben zählen. Im vergangenen Jahr erzielte der Landwirt nämlich eine DkfL von 547 € je Sau. Damit lag er knapp 60 € über dem Schnitt des Arbeitskreises. „Als geschlossener Betrieb gucke ich in der Ferkelerzeugung nicht auf den letzten Cent und nicht auf das letzte Ferkel. Mir geht es vielmehr darum, Qualitätsferkel für die Mast bereitzustellen. Denn da wird das Geld verdient“, so Barlage. So ist der Landwirt mit einer mittleren Wurfgröße von 12 lebend geborenen Ferkeln zufrieden. „Diese Ferkelzahlen reichen uns, weil unsere Sauen ihre Nachkommen sehr gut selbst versorgen können. Wir kommen ohne Milchbei-fütterung aus. Dadurch ersparen wir uns nicht nur zusätzliche Arbeit, sondern müssen auch keine Ammenferkel mit durchziehen, die in der Regel bei den Zunahmen durchgängig eher hinterherlaufen und so Stallplätze über Termin blockieren“, beschreibt Heinrich Barlage. Für Barlages müssen Ferkel von Beginn an „zünden“. Die Vitalität zur Geburt spielt dabei eine wichtige Rolle. Deshalb wählt Heinrich Barlage Piétrain-Endprodukteber aus, die vitale und robuste Ferkel versprechen. Und im Abferkelbereich schwört Ursula Barlage darauf, die Geburten nur im äußersten Notfall einzuleiten. „Ich habe den Eindruck, dass die Ferkel vitaler sind, wenn sie kommen, wenn es soweit ist“, so die 59-Jährige. Nach etwa 24 Stunden führt sie einen Wurfausgleich durch. Mit 10 % sind die Saugferkelverluste im Griff. Die trotz widerer Bedingungen erfolgreiche und effiziente Schweineproduktion war auch der Grund, warum eine Jury aus unabhängigen Beratern den Betrieb Barlage im Mai als Leitbetrieb für effektiven Gesundheitsschutz ausgezeichnet hat. Im Rahmen der Initiative „Tiergesundheit im Sinne nachhaltiger Schweineproduktion“ schreibt Boehringer Ingelheim diesen Preis aus. Familie Barlage freut sich über die Auszeichnung und hat schon die nächsten Ziele im Visier. Im Zuge der Umstellung auf die Gruppenhaltung mit Selbstfang-Boxen will man den Bestand auf 300 Sauen aufstocken. Um die Wege zu verkürzen, wird der Sauenbereich mit dem Umbau an zentraler Stelle auf dem Hof zusammengelegt. Der neue Abferkelbereich mit 96 Abferkelbuchten soll in die jetzige Maschinenhalle kommen, und der jetzige Wartestall wird zum Deckzentrum umfunktioniert. Im gleichen Zug soll auch die Mast ausgebaut werden, um weiterhin alle Ferkel selbst mästen zu können. „Diese Neuordnung hilft uns den Tierfluss auf dem Betrieb zu optimieren, um die Gefahr, Erreger zu verschleppen, weiter zu verringern“, freut sich Hofnachfolgerin Stephanie Barlage. Heinrich Barlage hat in der Veredelungshochburg Südoldenburg mit einem hohen Erregerdruck zu kämpfen. Trotzdem erzielt er in seinen Altgebäuden sehr gute Leistungen. Ein konsequentes Rein-Raus und weitere Hygienemaßnahmen sichern den Masterfolg. Barlage setzt auf einen umfassenden Impfschutz, ohne die Kosten aus dem Ruder laufen zu lassen. Die geplante Neustrukturierung der Gebäude im Zuge der Bestandsaufstockung soll die Betriebsabläufe weiter optimieren. Einbahnstraße beim Tierfluss Umfassender Impfschutz Durchmarsch mit vitalen Ferkeln Neue Zuordnung der Gebäude geplant Fazit -Mareike Schulte, SUS-Redaktion-