Masteber verhalten sich bei gemeinsamer Haltung mit den weiblichen Schweinen anders. Sie fressen zeitversetzt zu ihren weiblichen Buchtengenossen und nehmen bei eingeschränktem Tier-/Fressplatzverhältnis in den Nachmittag und späten Abendstunden tendenziell mehr Futter auf. Auf der anderen Seite zeigen inzwischen zahlreiche Versuche, dass die Futteransprüche der Eber gar nicht so weit von denen der weiblichen Schweine abweichen. Folglich stellt sich die Frage, ob man nicht auch beide Geschlechter in einer Bucht zusammen halten kann? Wie sich Masteber und Sauen in Mischbuchten verhalten und welche Leistungen sie im Vergleich zur getrennt geschlechtlichen Mast erzielen, sollte ein Praxisversuch am Lehr- und Versuchsgut Köllitsch zeigen. Dabei wurden in sieben Durchgängen 1 095 Schweine einbezogen. Die in der Lehrwerkstatt Schwein (LWS) geborenen Ferkel stammten von F1-Sauen sowie Piétrain-Ebern ab. Nach der gemischtgeschlechtlichen Ferkelaufzucht erfolgte eine Neugruppierung der Tiere beim Einstallen in die Mast. Insgesamt wurden 335 männliche intakte, 551 weibliche, sowie 199 männliche kastrierte Ferkel sowohl gemischt- als auch getrenntgeschlechtlich aufgestallt. In den acht gleich großen Buchten wurden im Schnitt jeweils 15 bis 16 Tiere eingestallt. Jedem Tier standen 0,94 m² Fläche zur Verfügung. Die Buchten waren mit Vollspaltenboden und Rohrbreiautomaten ausgestattet. Beim Einstallen, am 50. Masttag sowie vor dem Ausstallen am 100., 107. oder 114. Masttag wurden die Tiere einzeln gewogen. Gleichzeitig fand eine subjektive Beurteilung der Unversehrtheit der Schweine sowie des Bewegungsapparates statt. Dabei wurde ein fünfstufiges Bewertungsschema angewendet. Tiere ohne Hautverletzungen bzw. mit nur vereinzelten Schrammen wurden der Kategorie 1 bzw. 2 zugeordnet. Leichte Hautverletzungen werden als Folge der körperlichen Auseinander-setzungen untereinander gesehen und sind Teil eines artgerechten Verhaltens. Schrammen am ganzen Körper (Kategorie 3), tiefe Schrammen an der Vorderhand (Kategorie 4) oder deutlich tiefe Schrammen am Körper (Kategorie 5) hingegen deuten auf ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes aggressives Verhalten hin. Absolut gesehen machen die oberflächlichen Verletzungen den Großteil der Beobachtungen aus. Der Anteil der Kategorie-2-Tiere lag zwischen 68 und 86 % (siehe Übersicht 1). Als Folge der körperlichen Beschäftigung miteinander weisen gegenüber den Kastraten rund 10 % mehr Eber und weibliche Schweine einzelne oberflächliche Schrammen auf (Kategorie 2). Bei den darüber hinaus gehenden Kategorien, die mehr als Folgen von Aggressivität zu sehen sind, ist es genau umgekehrt. Kastraten und Sauen werden gleich bewertet. Dagegen werden bei den Mastebern fast doppelt so viele Tiere mit oberflächlichen Schrammen am ganzen Körper und mehr als dreimal so viele mit tiefen Schrammen an der Vorderhand festgestellt. Diese sind als Folge von Angriffen und Aufreiten zu werten, was mit dem Anteil männlicher Tiere in der Gruppe korreliert. Absolut gesehen sind die schweren Hautverletzungen (Befundkategorie 4 und 5) immer noch vertretbar. So wurden über alle Gruppen lediglich 2 % der Masteber und 0,5 % der Börge und Sauen diesen Befundklassen zugeordnet. Darüber hinaus traten insbesondere bei den Ebern deutliche Unterschiede zwischen den Durchgängen auf. Die Frage, ob es in gemischten Gruppen zu mehr Aggressionen kommt, kann nach den vorliegenden Ergebnissen eindeutig verneint werden. Der Anteil Eber und Sauen, die der Kategorie 3 bis 5 zugeordnet werden, ist bei getrenntgeschlechtlicher Haltung deutlich höher. Das Zusammenführen der Geschlechter scheint zu einem ausgeglicheneren Verhalten zu führen. Allerdings treten in Mischbuchten mehr leichte Blessuren der Kategorie 2 auf als bei einer Geschlechtertrennung. Bei der gemeinsamen Haltung von Sauen und Mastebern nehmen die leichten und oberflächlichen Hautverletzungen zu, dafür aber die ernsten Verletzungen eher ab. Dies spiegelt sich auch bei der Bewertung des Bewegungsapparates wider, wie Übersicht 2 zeigt. So traten bei den Mastebern fast doppelt so viele Lahmheiten auf, wenn sie getrennt statt gemischt aufgestallt wurden. Gleiches wird auch bei den weiblichen Mastschweinen beobachtet. Börge sind allerdings besser unter sich. Hier ist der Anteil Tiere mit Bewegungseinschränkungen in den Mischgruppen etwas höher. In der Summe werden in getrennter Haltung bei weiblichen und männlichen Mastschweinen etwas mehr Störungen des Bewegungsapparates festgestellt. So führt das hier diskutierte geschlechtsspezifische Tierverhalten nicht nur zu einem „optischen Problem“, sondern kann sich bis auf die Verlust- bzw. Abgangsebene auswirken. Die Erklärung für dieses Phänomen ist in der Tatsache zu sehen, dass Masteber in getrennter Haltung mehr aufreiten als in gemischter Haltung. Während das typisch männliche Verhalten wie Stoßen oder Verdrängen eher harmlos ist, kann das Aufreiten ernsthafte Verletzungen verursachen. Diese können sogar tierschutzrelevant sein, weil es sich nach unseren praktischen Beobachtungen auf untergeordnete Einzeltiere fokussiert. Die Kunst der Ebermast besteht vor allem darin, schnell zu reagieren und die Tiere herauszunehmen. Insofern ist das Vorhalten von Reservebuchten kein Luxus, sondern ein Muss. Neben der Unversehrtheit sind die biologischen Leistungen wichtig. Gemessen an den Zunahmen nach dem 50. Masttag profitieren vor allem die geschlechtsreifen Masteber von der gemischtgeschlechtlichen Aufstallung. Über alle Gruppen überwiegt mit 731 g Masttagszunahme der Vorteil der gemischten Aufstallung. In geschlechtsgetrennter Aufstallung nehmen die Schweine mit 721 g allerdings nur wenig schlechter zu. Diese Tendenz kommt mit 815 g (gemischt) gegenüber 773 g (getrennt) vor allem in der zweiten Mastphase, d. h. also nach der Pubertät zustande. Die Masttagszunahmen in der zweiten Hälfte der Mast sowie das Ausstallgewicht sind statistisch absicherbar voneinander verschieden. Auch der Futteraufwand ist mit 2,6 in gemischter Aufstallung gegenüber 2,7 in getrennter Aufstallung etwas besser. In einem weiteren Schritt wurden die biologischen Leistungen der Eber und Sauen separat nach getrennter und gemischter Haltung ausgewertet (Übersicht 3). Konkret weisen Eber um 35 g bessere Tageszunahmen auf, wenn sie in Mischbuchten gemästet werden (730 g vs. 765 g). Weibliche Mastschweine hingegen erzielen um 10 g bessere Zunahmen je Tag, wenn sie unter sich sind (701 g vs. 711 g). Das heißt: Masteber wachsen bei einer gemeinsamen Aufzucht besser, allerdings auf Kosten der weiblichen Tiere. Insgesamt überwiegt der Vorteil der gemischt geschlechtlichen Mast aber. Neben den Aggressionen und den biologischen Leistungen spielt ein dritter Aspekt eine besondere Rolle. Dies ist die Entwicklung von Ebergeruch. Hier werden die Masteber aus den Mischbuchten eindeutig schlechter bewertet als die Tiere aus einer reinen Eberbucht (siehe Übersicht 4). Das heißt: Durch die ständige Anwesenheit von Sauen entwickeln die Eber signifikant mehr Androstenon und Skatol. Die Folge ist, dass ihre Schlachtkörper sensorisch schlechter bewertet werden als die ihrer getrenntgeschlechtlich aufgestallten Gefährten. Folglich werden auch deren Speckproben zu etwa 3 % weniger in die unauffälligen Bewertungskategorien und über 12 % mehr in die stark auffälligen Bewertungskategorien eingeordnet. Aufgrund der biologischen Streuung dieses Merkmals gelingt die statistische Absicherung erst nach entsprechender Aufbereitung der Daten. Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen, dass bei relativ hohen Endgewichten die gemeinsame Haltung von männlichen und weiblichen Mastschweinen genauso wie die Anwesenheit eines paarungsbereiten Partners die Ausschüttung des Androstenons fördert. Auf der anderen Seite wirken sozial stabile Gruppen (keine Neugruppierungen) und gemeinsame Aufzucht mit den Wurfgeschwistern Androstenon-senkend. Dieser Aspekt erklärt auch die scheinbar gegenteiligen Ergebnisse einer Untersuchung im niederländischen Versuchsbetrieb Sterksel. Hier führte die gemischtgeschlechtliche Haltung zu einer etwas geringeren Frequenz stark riechender Tiere (0,7 % vs. 2,8 %). Zu beachten ist, dass hier nur bei den getrenntgeschlechtlich gehaltenen Mastebern wie bei den Versuchen in Köllitsch eine Neugruppierung der Schweine erfolgte. Bei der gemischtgeschlechtlichen Mast wurde der Wurf zusammengehalten. Die Ergebnisse müssen sich also nicht widersprechen. Versuch mit über 1 000 Tieren Mischen beruhigt Gemüter Weniger Beinprobleme Gleichmäßigeres Wachsen Vorsicht, mehr Stinker! Fazit Bei einer gemeinsamen Haltung von Sauen und Mastebern in einer Bucht nehmen die sozial verträglichen Interaktionen zu. Tiefe Schrammen als Folge stark aggressiven Verhaltens sind jedoch im Vergleich zur getrenntgeschlechtlichen Aufstallung weniger oft zu beobachten. Eber wachsen bei gemeinsamer Aufstallung mit weiblichen Schweinen gleichmäßiger, allerdings auf Kosten der weiblichen Schweine. Dennoch bleibt ein kleiner Vorteil. In Mischbuchten produzieren die Masteber mehr Geschlechtshormone. Dadurch steigt die Gefahr, dass am Schlachtband Ebergeruch-auffällige Schlachtkörper auftreten. -Dr. Eckhard Meyer, Köllitsch - Wie sich Masteber in Mischbuchten verhalten und welche Leistungen sie erzielen, zeigt eine Untersuchung am Versuchsgut Köllitsch.