Über 1 000 Fotos zeigen, wie Sauen im Kastenstand sowie in der Gruppenbucht liegen. Es gibt keine Hinweise, breitere Besamungsstände einzufordern.
Die Breite von Besamungsständen steht gegenwärtig in der Diskussion. Nach der EU-Richtlinie 2008/120/EG müssen alle Sauen einen angemessen großen Liegebereich haben. Alle Tiere müssen gleichzeitig liegen können. Nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen Kastenstände so beschaffen sein, dass die Schweine sich nicht verletzen können und jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann.
Neue Auslegungen
In den Ausführungshinweisen zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung werden Details beschrieben. Die Anforderungen werden erfüllt, wenn Kastenstände im Besamungszentrum mindestens wie folgt beschaffen sind:
- für Jungsauen und „kleinere“ Sauen 1,30 m2 (200 cm x 65 cm lichte Breite),
- für Sauen 1,40 m2 (200 cm x 70 cm lichte Breite).
- Die Standlänge, gemessen ab Hinterkante Trog, muss mindestens 200 cm betragen.
- Bei hochgelegtem Trog kann die Länge ab Hinterkante Trog auf bis zu 180 cm reduziert werden, sofern die Sau ihre Schnauze ungehindert unter den Trog schieben und trotzdem ungehindert Futter aufnehmen kann.
- Mindestens 50 % der Kastenstände müssen für ältere, größere Sauen ausgelegt sein.
Diese Maße des Besamungsstandes galten bislang als tiergerecht und praxistauglich. Neuerdings gibt es aber in einzelnen Bundesländern und darüber hinaus in einzelnen Landkreisen veterinärbehördliche Auslegungen, wonach die Stände breiter sein und Alter sowie Genotyp berücksichtigen sollen.
In Thüringen werden z. B. Kastenstände gefordert, deren lichte Breite sich an der Schulterhöhe der Sauen orientiert. Standbreiten von 65 bzw. 70 cm werden nur noch für Tiere mit 70 bzw. 80 cm Schulterhöhe toleriert. Größere Sauen bis 90 cm sollen in 75 cm breiten Ständen und Sauen mit Schulterhöhen von bis zu 100 cm sogar in 85 cm breiten Ständen gehalten werden.
Das betrifft alle Betriebe und es bleibt die rechtliche Unsicherheit, welche Maße von den Behörden zukünftig gefordert werden. Für Betriebe, die in moderne Haltungstechnik investieren wollen, kommt das einem Baustopp gleich, da die betreffenden Veterinär-ämter keine rechtsverbindlichen Auskünfte zu den Maßen erteilen.
70 cm Standbreite ist Praxis
Das Problem zu breiter Stände besteht darin, dass sich Sauen, insbesondere jüngere Sauen, drehen – und zwar über eine „Rolle vorwärts“. Damit können tierschutzrelevante Verletzungen einhergehen. Darin sind sich die Fachleute einig. In der Folge kommt es häufig zum Verkoten des Troges − mit allen hygienischen Konsequenzen.
Um ein Umdrehen zu verhindern, soll nach verschiedenen Literaturangaben die Kastenstandbreite 75 % der Widerristhöhe betragen. Bei einer solchen von 90 cm entspricht das einer Standbreite von 67,6 cm, bei 94 cm Widerristhöhe ist eine Breite von 70,5 cm zu fordern.
Doch welche Körpermaße weisen heutige Genetiken auf? In der Zeitschrift Livestock Science 2011 wurden Messergebnisse dänischer Sauen mitgeteilt, die auch in Deutschland zunehmend gehalten werden. Im Mittel erreichten die älteren Sauen eine Körperlänge von 193 cm, eine Körperhöhe von 90 cm, und eine „Tiefe“ von durchschnittlich 66 cm (s. Übersicht 1).
Diese Daten korrespondieren gut mit denen aus einer neueren Untersuchung aus Sachsen (Kastenstände: Breiter nicht immer besser, SUS 2/15). Hier wurde eine mittlere Länge von 191 cm und Höhe von 90 cm festgehalten.
Nach diesen Untersuchungen reicht eine Breite des Standes von 70 cm für Altsauen aus. Wobei angesichts der Variation der Körpermaße Kompromisse unausweichlich sind, da nicht beliebig viele unterschiedlich breite Stände gefertigt werden können.
Die in der Literatur aufgeführten Empfehlungen zu Standbreiten wurden größtenteils von den Körpermaßen abgeleitet. Zweckmäßig erscheint es, auch das Liegeverhalten der Sauen einzubeziehen. Denn es kann Aufschluss geben, ob sich das Tier wohlfühlt oder nicht. In der vorliegenden Untersuchung wurde das Liegeverhalten von Sauen bei Einzelhaltung im Besamungsstand bzw. Gruppenhaltung im Warte-stall erfasst und ausgewertet.
Liegeposition ausgewertet
Insgesamt gingen 1 050 Sauen aus fünf thüringischen Betrieben in die Auswertung ein. Bei diesen war die Liegeposition eindeutig anhand von fotografischen Aufnahmen zu bestimmen. 498 Tiere befanden sich im Besamungsstand, 552 Sauen lagen in der Gruppe. Die Einzelstände hatten eine lichte Weite von maximal 70 cm. Es waren auch engere Stände darunter.
Ergebnis: Zwischen Einzel- und Gruppenhaltung gab es nahezu identische Prozentsätze an Sauen in Seitenlage bzw. in Seitenlage mit gestrecktem Hinterbein (s. Übersicht 2). Das Liegen mit Bein im Nachbarstand (9,8 %) konnte nur bei Einzelhaltung auftreten. Bei Gruppenhaltung wurde erfasst, ob eine liegende Sau das Bein auf ein Nachbartier legte. Das kam mit 0,9 % selten vor.
Der Anteil Sauen mit Bauchlage war beim Liegen in der Gruppe mit 38,2 % statistisch abgesichert höher als in der Einzelhaltung (23,7 %). Das ist insofern bemerkenswert, da die Sauen ausreichend Platz gehabt hätten, sich in Seitenlage nebeneinander zu legen.
Es war jedoch auffällig, dass sie beim Liegen den Körperkontakt suchten und sich „freiwillig“ dicht aneinander legten. Von den auswertbaren 510 Sauen in Gruppenhaltung lagen lediglich 41 (8,0 %) ohne Körperkontakt. Mehr als die Hälfte der Sauen (54 %) lagen längs nebeneinander mit engem Körperkontakt (s. Übersicht 3).
Das Liegen und Strecken eines Beines in die Nachbarbucht trat nur bei der Einzelaufstallung auf. Daher wurden in einem weiteren Auswertungsschritt diese Fälle der Kategorie „Liegen in Seitenlage“ zugeordnet, da es sich in jedem Fall um ein Liegen in der Körperposition „Seitenlage“ handelte.
Die Besamungsstände wiesen eine maximale Weite von 70 cm auf; es waren auch einige engere Stände darunter. Dennoch lagen die Sauen in Einzelhaltung mit 51,0 % signifikant häufiger in Seitenlage als die Sauen in der Gruppenhaltung. Hier trat diese Liegeposition zu 41,8 % auf. Entsprechend umgekehrt waren die Häufigkeiten der Bauchlage (Übersicht 4).
Das Liegen in Seitenlage gilt als Position der völligen Entspannung. Schweine können in dieser Lage tief schlafen und schnarchen gelegentlich. Insofern kann aus den vorliegenden Ergebnissen zum Liegeverhalten von Sauen in Besamungsständen auf keinen Fall geschlussfolgert werden, dass diese Stände nicht verhaltenskonform oder gar tierschutzwidrig seien.
Fußboden spielt kaum eine Rolle
Bei der Auswertung wurde berücksichtigt, welcher Fußboden im Liegebereich vorhanden war. In den Besamungsständen gab es lediglich teilperforierten Fußboden und sehr selten vollperforierten Boden. Bei den in Gruppen gehaltenen Sauen im Warte-stall waren alle vier Fußboden-Varianten anzutreffen (voll- oder teilperforierte Fläche, geschlossene, jedoch nicht eingestreute Fläche und Liegefläche mit Einstreu). Allerdings war die Einstreu-Variante selten. Zumeist hatten die Sauen Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Fußboden-Typen.
Bei den einzeln aufgestallten Sauen gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen voll- und teilperforierter Fläche bezüglich der Liegepositionen. Tendenziell war der Anteil in Seitenlage angetroffener Sauen mit 57,1 % bei der vollperforierten Bodenvariante etwas höher als beim Teilspaltenboden (Übersicht 5). Wegen des geringen Probenumfanges beim „Vollspaltenboden“ ist das Ergebnis nicht repräsentativ.
In der Gruppenhaltung stieg der Anteil in Seitenlage befindlicher Sauen vom Vollspaltenboden (31,3 %) über den teilperforierten Boden (38,6 %) zum planbefestigten Boden (51,6 %) signifikant an. Bei den wenigen auf Einstreu liegenden Sauen war der Anteil in Seitenlage befindlicher Sauen jedoch etwa genauso hoch wie beim vollperforierten Boden (36,4 %). Allerdings muss auch hierbei der geringe Stichprobenumfang in der Gruppe „mit Einstreu“ berücksichtigt werden.
Fazit
Bei 1 050 Sauen in Gruppen- oder Einzelhaltung wurden die Liegepositionen ausgewertet. Ergebnis:
- Sauen in Gruppenhaltung legen sich trotz des Platzangebots und der Wahlmöglichkeit dicht aneinander. Insgesamt 92 % aller beobachteten Sauen hatten Körperkontakt oder engen Körperkontakt beim Liegen.
- In Besamungsständen liegen die Sau-en häufiger in Seitenlage als in Gruppenhaltung. Diese Liegeposition gilt als Merkmal völliger Entspannung.
- Somit sind die in der Praxis anzutreffenden Besamungsstände mit üblicher Breite von 70 cm als verhaltenskonform einzustufen.
- Bei Gruppenhaltung können Liegekessel mit geschlossenen Liegeflächen angeboten werden, wo immer das baulich-technisch möglich ist.