Seit zwei Jahren steigen die Verluste im Flatdeck spürbar an. Die Mast zeigt ähnliche Trends. Welchen Einfluss hat die Antibiotika-Überwachung?
Fred Schnippe, SUS
In Sachen Tierverluste haben die Schweinehalter in den letzten Jahren maßgebliche Erfolge erzielt. So konnten viele Betriebe die Verlustquote in der Aufzucht stabil unter die 2 %-Marke drücken. In der Mast zeigen überbetriebliche Daten den Rückgang der Verluste von knapp 4 auf rund 2,5 %.
Mehr Verluste und Kümmerer
Doch in den vergangenen zwei Jahren scheint der positive Trend bei den Verlusten gestoppt. Dies zeigt sich besonders in der Ferkelaufzucht. Hier sind die Verluste innerhalb der letzten zwei Wirtschaftsjahre um knapp 1 % auf aktuell 2,7 % gestiegen (siehe Übersicht 1). Die Aufzuchtverluste haben damit den höchsten Stand der vergangenen zehn Jahre erreicht. Dies zeigen Auswertungen der VzF GmbH Uelzen in gut 60 Betrieben mit rund 600000 vermarkteten Ferkeln. Die Daten stammen je zur Hälfte aus Betrieben mit eigener sowie mit spezialisierter Aufzucht.
Die Verschlechterung der Ferkelgesundheit spiegelt sich auch im Anteil nicht voll vermarktungsfähiger Ferkel bzw. Kümmerer wider. In den VzF-Auswertungen firmieren diese Tiere als vorzeitige Abgänge. Dies sind z.B. Spanferkel, die sich nur mit deutlichem Preisabschlag verkaufen lassen.
In den VzF-Betrieben lag die Quote vorzeitiger Abgänge in der Aufzucht lange stabil bei rund 0,3 %. Insbesondere im letzten Wirtschaftsjahr hat sich der Anteil der vorzeitigen Abgänge bzw. Kümmerer dann auf gut 1,1 % mehr als verdreifacht, wie Übersicht 1 zeigt.
Mehr Problembetriebe
Weitere Einblicke in die Ferkelverluste gewähren die einzelbetrieblichen Daten. Hierzu hat die VzF GmbH die Betriebe in drei Gruppen eingeteilt:
- Geringe Verluste bis 1,5 %,
- mittlere Verluste von 1,5 bis 3 %,
- erhöhte Verluste über 3 %.
Die Auswertung zeigt, dass sich insbesondere die Gruppe der Betriebe mit geringen Verlusten merklich verkleinert hat. Zu dieser gehörten in früheren Jahren bis zu 40 % der Praktiker (siehe Übersicht 2, Seite 46). Im letzten Jahr war der Anteil der Top-Betriebe mit weniger als 1,5 % Aufzuchtverluste nur noch halb so groß.
Gleichzeitig hat sich die Gruppe der Problembetriebe wieder vergrößert. So hatten im Wirtschaftsjahr 13/14 nur gut 10 % der Betriebe hohe Aufzuchtverluste von mehr als 3 % zu beklagen. Innerhalb der letzten zwei Jahre hat sich der Anteil dieser Problembetriebe mehr als verdreifacht.
Das heißt: Der Trend zu höheren Aufzuchtverlusten ist nicht nur ein einzelbetriebliches Phänomen. Vielmehr hat ein breites Spektrum der Aufzüchter mit einer Verschlechterung der Tiergesundheit zu kämpfen.
Neben der Ferkelaufzucht ist auch in der Mast eine Verschlechterung der Tiergesundheit zu beklagen. Hier fokussiert sich das Problem ebenfalls auf die vergangenen zwei Jahre.
Tierarztkosten gesunken
So traten bei den VzF-Mästern noch im Wirtschaftsjahr 10/11 Verluste von 3,9 % auf. Dann gelang es, die Verluste sukzessive auf 2,4 % im Wirtschaftsjahr 13/14 zu senken (siehe Übersicht 3). Jedoch stiegen die Mastverluste binnen zwei Jahren zunächst auf 2,5 % und im vergangenen Wirtschaftsjahr schließlich auf 2,8 % an.
Steigende Verluste sind ein klares Indiz, dass etliche Tiere erkrankt sind. Doch die Tierarztkosten sind sowohl in der Ferkelaufzucht als auch in der Mast gesunken. So zeigt Übersicht 4, dass die VzF-Aufzüchter über Jahre hinweg Tierarztkosten von etwa 1,50 € je 20 kg Zuwachs hatten.
In den vergangenen drei Jahren gingen die Tierarztkosten dann merklich zurück, auf gut 1 € je 20 kg Zuwachs. Auch in der Mast werden kaum noch Medikamente eingesetzt.
Nach Einschätzung von Tierärzten sind die sinkenden Veterinärkosten insbesondere auf Einsparungen bei den antibiotischen Maßnahmen zurückzuführen. Hier sind in erster Linie Gruppenbehandlungen gegen Absetzdurchfälle sowie Streptokokken zu nennen.
Weniger Antibiotika
Dass zuletzt deutlich weniger Antibiotika in der Ferkelaufzucht zum Einsatz gekommen sind, belegen auch die Auswertungen der QS-Datenbank. Als Maßstab dient hier der Therapie-Index.
Die QS-Daten zeigen, dass der Therapie-Index in der Ferkelaufzucht von Mitte 2014 bis Mitte 2016 von 35 auf 12 zurück ging. Das heißt: Der Einsatz von Antibiotika in der Ferkelaufzucht hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre mehr als halbiert. Allerdings hat sich die Antibiotika-Reduzierung in der zweiten Hälfte des Betrachtungszeitraums merklich verlangsamt.
Um Medikamente einzusparen, fei-len viele Schweinehalter intensiv am Management. Ein wichtiger Punkt zur Durchfallprophylaxe ist die Optimierung des Futters und der Einsatz von Zusatzstoffen.
In punkto Streptokokken setzen etliche Praktiker auf Verbesserungen der Hygiene, z.B. das Ferkelwaschen. Hierfür nehmen sie Mehrarbeit in Kauf. Dennoch haben etliche Betriebe in der Ferkelaufzucht in Sachen Tiergesundheit Schiffbruch erlitten.
Staatliche Datenbank überdenken
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Welchen Einfluss hat die staatliche Antibiotika-Überwachung, die Mitte 2014 gestartet ist?
Berater und Tierärzte merken bereits seit 2015 kritisch an, dass Betriebe notwendige antibiotische Behandlungen u.U. vermindern bzw. hinausschieben. Dahinter steckt die Sorge, aufgrund eines hohen Therapie-Index Probleme zu bekommen.
Insgesamt verdichtet sich der Eindruck, dass die staatliche Antibiotika-Überwachung inzwischen dazu führt, dass einige Betriebe bei gesundheitlichen Problemen vor allem in der Ferkelaufzucht nicht mehr genug Spielraum haben. Die Situation verschärft sich von Jahr zu Jahr. Denn trotz sinkender Antibiotika-Verbräuche stehen weiterhin 25 % der Betriebe mit den meisten Anwendungen am Pranger.
Fachleute fordern daher, die staatliche Antibiotika-Überwachung kritisch zu hinterfragen. Doch der Gesetzgeber will das System nach dem Start Mitte 2014 offenbar zunächst mindestens fünf Jahre unverändert lassen. Wichtig ist, dass spätestens 2019 eine sachliche Folgenbewertung stattfindet und die Antibiotika-Überwachung auch im Sinne des Tierwohls angepasst wird!
Bis dahin liegt der Ball im Feld der Amtstierärzte. Denn sie müssen entscheiden, wie Betriebe mit hohem Therapie-Index reagieren sollen bzw. wie sie sanktioniert werden.
Fazit
Die VzF GmbH hat die Tierverluste in der Ferkelaufzucht und Mast ausgewertet. Das Ergebnis:
- Nach einer Phase stetiger Verbesserungen steigen die Verluste seit zwei Jahren wieder an.
- Es gibt Hinweise, dass dies mit der staatlichen Antibiotika-Überwachung zu tun hat. Denn aus Sorge um ihren Therapie-Index verzichten Betriebe teils auf notwendige Behandlungen.
- Wenn wichtige Behandlungen ausbleiben, ist weder dem Tierwohl noch dem Verbraucherschutz gedient.
- Daher muss die staatliche Antibiotika-Überwachung auf den Prüfstand!