Der Fall von 900 erstickten Schweinen in einem westfälischen Be- trieb hat Ende August große Wellen geschlagen. Betriebsleiter ist der Sohn eines Bundestagsabgeordneten. Im Wahlkampf wurde der Fall von politischen Gegnern unsachlich aufgegriffen. Tragisch ist, dass der Betrieb über eine Alarmanlage verfügt. Trotz nächtlichem Lüftungsausfall und hoher Temperaturen blieb diese jedoch stumm. Ursache ist neben einem zu klein dimensionierten Stromkabel am Lüfter offenbar auch ein Blitzschaden an der Alarmanlage. Mäster Norbert Dyckers aus dem rheinländischen Korschenbroich kennt die Situation. Auch bei ihm verursachte ein Lüftungsausfall mehr als 90 tote Schweine. Die erst wenige Jahre alte Alarmanlage blieb ebenfalls stumm. Bis zum nächsten Kontrollgang war rund die Hälfte der Tiere im betroffenen Abteil erstickt. „Der Anblick hat mich sehr getroffen. Hätte der Alarm funktioniert, hätte ich die Tiere retten können“, betont Dyckers. Nach einem Gutachten und Rechtsstreit ist die Ursache für den Ausfall der Alarmanlage geklärt. So sollte die Weiterleitung des Alarmsignals im Lüftungscomputer über ein Kabel mit Steckverbindung erfolgen. Diese Verbindung hatte sich jedoch gelöst. Ursache hierfür ist, dass der Lüftungscomputer an ei-ner Kunststoffwand montiert ist. Durch eine Abteiltür kam es immer wieder zu Erschütterungen der Wand. Mit der Zeit hat sich die Steckverbindung des Alarmkabels daher gelöst. Das Gericht folgte dem Gutachter. Demnach hätte die Lüftungsfirma bei der Montage des Reglers an einer Kunststoffwand keine Steckverbindungen einbauen dürfen. Als Vertragspartner von Mäster Dyckers musste der Generalbauunternehmer Schadenersatz leisten. Für Norbert Dyckers war der Fall damit aber nicht vom Tisch: „Ich will ein solches Drama im Stall nie wieder erleben. Daher suchte ich ein Warnsystem mit maximaler Sicherheit.“ Ganz wichtig war dem Landwirt dabei, dass das Alarmsignal unabhängig von der Lüftungssteuerung gesendet wird. Denn dies bietet auch nach Einschätzung der beteiligten Gutachter deutlich mehr Sicherheit. Am Markt sind solche Alarmanlagen aber bislang nicht verfügbar. Aus Kos- tengründen greifen die meisten Alarm- systeme das Temperatursignal im Lüftungs-PC ab. Auch das Auslösen des Alarms erfolgt in der Regel über den entsprechenden Kontakt im Lüftungsregler. Norbert Dyckers hat sich daher an einen befreundeten Elektroniker ge- wandt und mit ihm ein eigenes Alarm- system entwickelt. Dabei haben sich die Tüftler vor allem drei Ziele gesetzt: Um die Ziele zu erreichen, hat Dyckers zunächst in jedem seiner 23 Stallabteile einen weiteren Temperaturfühler installiert. Dieser dient nur für die Alarm- meldung und ist nicht mit dem Lüftungsregler verbunden. Die Weiterleitung des Temperatursignals erfolgt über abgeschirmte Leitungen. Dies erhöht die Betriebssicherheit. Die Temperaturkabel laufen in einem Schaltschrank im Vorraum zum Stall zusammen. Hier ist auch der Windows-PC installiert, der alle Temperatursignale aufnimmt. Der Landwirt hat sich für ein Gerät mit Touchscreen entschieden, um es einfach bedienen zu können. Bei Netzausfall versorgen Akkus den PC mit Strom. Der PC und die vorgeschalteten Fühler sind hochwertig und entsprechen der Industrienorm“, betont der Mäster. Das Programm zur Auswertung der Temperatursignale haben die Tüftler auch selbst erstellt. Dabei haben sie auf eine leichte Bedienung und gute Übersicht geachtet. So ist auf dem Hauptbildschirm der Alarmanlage für jedes Abteil ein separates Feld angelegt. Es zeigt die aktuelle Temperatur. Zudem ist das Feld grün hinterlegt, wenn die Abteiltemperatur ok ist. „So sehe ich auf einen Blick, ob alles in Ordnung ist“, schildert der Praktiker. Die Alarmgrenzen hat der Mastbetrieb momentan auf plus 7 bzw. minus 0,1 °C vom jeweiligen Sollwert eingestellt. Hierzu sind im Alarm-PC dieselben Temperatur-Kurven hinterlegt wie im Lüftungsregler. Wird die eingestellte Abweichung überschritten, startet der Alarm. Das Feld des betroffenen Abteils springt dann von grün auf rot um. Gleichzeitig sendet der Alarm-PC eine Meldung per SMS auf das Smartphone von Norbert Dyckers. Hierzu ist der PC mit einer SIM-Karte ausgestattet, die sich automatisch auflädt. Per Smartphone oder Tablet-PC wählt sich der Betriebsleiter dann auf den Alarm-PC ein. Hierzu nutzt er das Programm VNC, das einen Fernzugriff auf seinen PC erlaubt. Der Landwirt sieht dann dieselbe Oberfläche wie am Alarm-PC und kann das Problem schnell einkreisen. „Auch abseits des Stalls bin ich gut informiert und kann sofort entscheiden, ob und wie ich eingreifen muss“, schildert der Betriebsleiter. Um dauerhaft auf der sicheren Seite zu sein, überprüft der Landwirte alle Temperaturfühler der Alarmanlage einmal im Jahr. Hierzu nutzt er einen nach DIN genormten Fühler, den er für mindestens 20 Minuten neben jeden Alarmfühler hängt. Bei Bedarf werden die Abteilfühler neu justiert. „Die Kalibrierung ist wichtig. Denn mit der Zeit kann es auch bei elektronischen Fühlern durchaus zu Abweichungen kommen“, betont Beraterin Christiane Butschen vom Rheinischen Erzeugerring für Mastschweine.Den Referenzfühler lässt Dyckers regelmäßig beim Hersteller eichen. Neben der Alarmsteuerung nutzt der Mäster seine Temperaturerfassung auch zur Kontrolle des Stallklimas. So zeich-net der Alarm-PC alle 15 Minuten die Temperatur jedes Stallabteils auf. Mithilfe der grafischen Auswertung sieht der Landwirt, ob z. B. in einem Abteil größere Schwankungen auftreten. Zudem wurde ein Temperaturfühler im Zuluftkanal montiert. Dies erleichtert u. a. die Entscheidung, wann die Umstellung auf die Winterlüftung erfolgen muss. Mäster Dyckers hat die professionelle Alarmtechnik inzwischen seit einem halben Jahr in Betrieb und ist damit sehr zufrieden. Unter dem Strich hat er für die Anlage rund 8 000 € investiert. Hinzu kommt die Eigenleistung. Umgerechnet auf die 2 800 Mastplätze des Betriebes bleibt die Investition überschaubar. Neben der hohen Sicherheit schätzt der Landwirt besonders, dass er jetzt alle Alarme seiner vier Stallbereiche auf einen Blick kontrollieren kann. Denn wie vie-le andere Betriebe hat auch Dyckers sei-ne Mast in mehreren Abschnitten mit verschiedenen Lüftungsreglern gebaut. „Früher war es schwierig, die Alarme der einzelnen Ställe richtig zuzuordnen. Mit meinem neuen System gehe ich mit einem guten Gefühl aus dem Stall“, fasst Norbert Dyckers zusammen. Alarmsystem selbst gebaut Windows-PC als Zentrale 3 € Kosten je Mastplatz Strikte Trennung vom Lüftungsregler, um eine hohe Sicherheit zu erzielen. Gute Übersicht, um Alarme auch unterwegs sicher zuordnen zu können. Bauteile mit Industriestandard, um Defekte weitgehend auszuschließen. -Fred Schnippe, SUS- Mäster Norbert Dyckers hat eine Profi-Alarmanlage konstruiert. Der Industrie-Standard und die Handy-Steuerung bieten maximale Sicherheit.