SUS: Warum haben Sie sich mit dem Arbeitszeitbedarf auseinandergesetzt? Hoste: Der Faktor Arbeit macht in der Sauenhaltung rund ein Sechstel der Gesamtkosten aus, in der Mast sind es immerhin 5 bis 8 %. Nach den Futterkosten sind die Arbeitskosten der zweitwichtigste Block bei den Produktionskosten. Doch während die Landwirte beim Futter auf den Cent genau rechnen, wird beim Faktor Arbeit meist nicht so konsequent hingeschaut. Dort steckt einzelbetrieblich gesehen noch viel Einsparpotenzial. SUS: Wie viele Schweine kann eine Arbeitskraft versorgen? Hoste: Das ist nicht pauschal zu beantworten. Im Schnitt sollte ein Betrieb mit einem Betriebsleiter 255 Sauen oder 2 000 Mastschweine versorgen können. Für einen Betrieb mit 2 AKs rechnet man 285 Sauen oder 2 900 Mastplätze pro Person. Also schaffen zwei Personen in der Regel mehr als doppelt so viel wie einer alleine. Letztlich hängt die zu bewältigende Tierzahl aber auch vom jährlichen Arbeitseinsatz ab. Dieser schwankt zwischen 1 800 und 3 000 Stunden pro Person pro Jahr. Wer mehr Stunden im Jahr arbeitet – dabei handelt es sich meist um Familienbetriebe ohne Fremd-AKs – kann auch mehr Schweine betreuen. SUS: Wie viel Arbeitszeit wenden holländische Schweinehalter im Schnitt auf? Hoste: Im Schnitt investiert ein Betrieb in den Niederlanden 7,9 Stunden Arbeit pro Sau und Jahr. Pro Mastschwein sind es 1,07 Stunden oder 64 Minuten jährlich. Generell gilt: Je größer der Bestand, desto weniger Zeit muss der Schweinehalter je Tier aufwenden. SUS: Heißt das, große Betriebe arbeiten immer effizienter? Hoste: In den meisten Fällen ja. Denn große Betriebe verfügen meist über größere Ställe, haben ein besseres Raumkonzept und sparen so Laufwege. Insgesamt sind sie oft moderner und bieten bessere Arbeitsbedingungen als gewachsene Betriebe. Es lohnt, auf diese Punkte zu achten. Es gibt jedoch auch große Betriebe, die aufgrund ihrer individuellen Situation mehr Arbeitszeit benötigen. SUS: Warum sind die Unterschiede zwischen den Betrieben so groß? Hoste: Der Schlüssel liegt oft im Betriebsleiter. Er muss managen können. Große Betriebe haben auch hier den Vorteil, Aufgaben aufteilen zu können. Die Betriebsleitung, die in einem kleinen oder mittleren Betrieb eine Person übernimmt, decken Großbetriebe optimalerweise mit drei Personen ab: Der Unternehmer ist meist der Eigentümer des Betriebs. Er hält Kontakt mit Behörden, besucht Messen und bringt Ideen ein, die andere für ihn umsetzen. Der Fachmann hat ein Auge für die Tiere. Und der Manager koordiniert die Arbeitsabläufe im Betrieb. Je größer der Betrieb, desto besser kann die Arbeit aufgeteilt werden. Dieser Punkt kann sich jedoch auch in einen Nachteil für die Effizienz verwandeln. Nämlich dann, wenn der Betriebsleiter der Führung mehrerer Mitarbeiter nicht gewachsen ist. SUS: Was raten Sie Familienbetrieben, die den ersten Mitarbeiter einstellen wollen? Hoste: Sie sollten ihren Betrieb genau auf den tatsächlichen Personalbedarf hin analysieren. Der erste Mitarbeiter ist immer ein Wagnis! In den Niederlanden greifen viele Landwirte auch längerfristig auf eine Art Betriebshilfsdienst zurück. Über diesen beschäftigen sie z. B. für einen Tag pro Woche einen Mitarbeiter. Dies kann zwar auf die Arbeitsstunde umgerechnet teurer sein, wird aber von den Betrieben in Kauf genommen, um Arbeitskräfte flexibel und je nach Bedarf abrufen zu können. Ist die Entscheidung für fest angestellte Fremd-AKs einmal gefallen, macht es manchmal mehr Sinn, gleich auf eine Größe für zwei Mitarbeiter zu wachsen. So ist man für Urlaub oder den Krankheitsfall besser gerüstet. Fest steht auch: Bei Fremdarbeitskräften wird mehr auf die Produktivität geachtet, denn jede zusätzliche Stunde muss bezahlt werden. SUS: Arbeiten gut bezahlte Kräfte effektiver? Hoste: Unsere Zahlen sprechen dafür. In der Regel sind besser bezahlte Mitarbeiter auch gut ausgebildet und können sich oft besser organisieren. Natürlich motiviert ein anständiger Lohn zusätzlich. Wobei Motivation nicht allein eine Frage des Geldes ist! Letztlich kommt es darauf an, dass der Betriebsleiter die Stärken der Mitarbeiter erkennt und sie möglichst effektiv in die Produktionsabläufe integriert. SUS: Wie kann man an mehreren Standorten effizient arbeiten? Hoste: Um die Fahrtwege zu minimieren, ist es von Vorteil, wenn einzelne Standorte ganze AKs auslasten. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Mast mit 4 000 Plätzen ausgelagert wird. Ob die zweite Betriebsstätte 5 oder 15 km entfernt liegt, ist oft nicht so entscheidend, denn das Auf- und Abladen der Tiere verursacht am meisten Arbeit. Zudem haben getrennte Standorte hygienische Vorteile. SUS: Schaffen stark technisierte Betriebe die Arbeit schneller? Hoste: Das zumindest ist das Ziel vieler Betriebe beim umfangreichen Einsatz technischer Hilfsmittel. Wie erfolgreich das ist, hängt auch vom Technikinteresse des Landwirts ab. Vor umfangreichen Investitionen sollte geklärt sein, wer mit den Geräten umgehen und wer sie im Notfall reparieren kann. Treten häufig Störungen auf, geht die zuvor eingesparte Arbeitszeit schnell wieder verloren. SUS: In welchen Bereichen vermuten Sie noch Reserven? Hoste: In den vergangenen 20 Jahren sind die Betriebe wesentlich effizienter geworden. So konnte die benötigte Arbeitszeit pro Sau und Jahr von 15 auf 7,5 Stunden halbiert werden. Jetzt können wir nur noch an kleinen Schrauben drehen. Vielleicht können wir z. B. den innerbetrieblichen Transport von Arbeitsgeräten und Schweinen in Zukunft rein elektrisch lösen und so Arbeitszeit einsparen. In der Mast könnte der Einsatz von Sortierschleusen intensiviert werden. Bei den Sauen könnte uns eine sichere, automatische Rauscheerkennung weiterbringen. Dabei müsste man natürlich die Vor- und Nachteile gegeneinander abwiegen. Die größten Reserven sehe ich allerdings nicht in der Technik, sondern im Bereich der Tiergesundheit. Denn je stabiler die Gesundheit im Bestand ist, desto weniger zusätzliche Arbeit habe ich. Behandlungen und Umstallen sind die Dinge, die Zeit kosten und vermeidbar sind. -Interview: Mareike Schulte, SUS- Wie Sie die Arbeitszeit in Ihrem Betrieb optimal nutzen, hat SUS mit Robert Hoste von der Uni Wageningen diskutiert.