Der Fleischabsatz nach China ist stark eingebrochen. Was sind die Gründe? Wie muss sich Deutschland am Weltmarkt aufstellen?
Matthias Quaing, ISN
Noch im Sommer 2016 eilten die deutschen Fleischexporte von Rekord zu Rekord. Der Chinaboom bescherte unseren Schweinehaltern lukrative Preise. Deutschland verkaufte 2016 fast 600000 t Schweinefleisch nach China. Das war ein Plus von 56 % gegenüber dem Jahr 2015.
Doch seit Anfang 2017 geht der Fleischabsatz nach Asien massiv zurück. Nachdem China 2016 insgesamt rund 3 Mio. t Schweinefleisch importierte, dürfte die Einfuhr 2017 unter 2 Mio. t fallen. Betroffen davon sind nahezu alle Exportnationen, wobei die EU und insbesondere Deutschland vermutlich größere Marktanteile als die USA verlieren. Die Verschiffungen von deutschem Schweinefleisch nach China sanken in den ersten acht Monaten dieses Jahres um die Hälfte bzw. um mehr als 200000 t. Import-Restriktionen für die Unternehmen Tönnies und Böseler Goldschmaus für den chinesischen Markt reduzierten die Exportmengen zusätzlich.
China baut Tierhaltung um
Die abgeflaute Nachfrage in China hat auch die deutschen Schweinehalter stark getroffen. Hiesige Schlachtunternehmen nutzten den überversorgten Lebendviehmarkt und drückten die Erzeugernotierung seit dem Sommer um mehr als 35 Cent je kg SG.
Der verminderte Fleischbedarf im fernen Osten hat mehrere Gründe. So unterliegt Chinas Schweinemarkt einem drastischen Wandel. Auf der einen Seite lässt Peking rigoros kleinere Betriebe und Hinterhofhaltungen schließen. In den dicht besiedelten Gebieten im Südosten Chinas wurde die Schweinehaltung regional teils völlig verboten.
Auf der anderen Seite baut die Zentralregierung die Schweinehaltung insbesondere im Westen des Landes stark aus. So wächst seit 2017 die heimische Produktion wieder. Die Sauenherden werden aufgestockt und die biologischen Leistungen sowie die Schlachtgewichte steigen dank neuer, moderner Stallanlagen.
Gleichzeitig geht in China die Inlandsnachfrage merklich zurück. Der Schweinefleischkonsum pro Kopf hat sich seit 1990 von 20 kg auf über 40 kg mehr als verdoppelt. Jetzt versucht das Gesundheitsministerium mit einer breiten Kampagne den Konsum von Fleischprodukten zu drosseln, offensichtlich mit Erfolg. Marktanalysten erwarten, dass die Produktion wie schon im laufenden Jahr auch 2018 stärker wächst als die Nachfrage. Der Importbedarf dürfte so weiter sinken.
Deutschland sucht alternative Absatzwege
Die Bundesrepublik musste aufgrund der herben Einbrüche im Chinageschäft andere Absatzwege auf- bzw. ausbauen. Eine zentrale Rolle spielen dabei unsere EU-Nachbarn. So konnte die Bundesrepublik in den ersten acht Monaten 2017 rund 16 % mehr Schweinefleisch in die Niederlande und 9 % mehr nach Polen verkaufen (siehe Übersicht 1). Auch der Export deutschen Schweinefleisches nach Großbritannien legte um 5 % zu.
Beachtlich sind ebenso die Zuwächse in Südkorea und Hongkong. Dort konnten die deutschen Exporteure von Januar bis August diesen Jahres jeweils rund 53 % mehr Schweinefleisch absetzen. Unter dem Strich bleibt die deutsche Ausfuhr von Schweinefleisch aber mit 1,9 Mio. t zwischen Januar und August 2017 rund 5 % unter der Vorjahreslinie.
Konkurrenz stockt auf
Der rauhe Wind auf den Exportmärkten in Asien dürfte anhalten. Denn mit Ausnahme der EU werden die Schweinebestände weltweit aufgestockt, wie neue Prognosen des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) zeigen. Das größte Wachstum für die Jahre 2015 bis 2018 ist mit einem Plus von fast 15 % für Russland zu erwarten (siehe Übersicht 2). Aber auch die USA (+10 %), Brasilien (+6,7 %), Vietnam (+7,9 %) und die Philippinen (+11,8 %) investieren weiter kräftig in die Schweinehaltung.
Das dürfte zur Folge haben, dass die US-amerikanischen Exporteure schon bald mehr Schweinefleisch auf dem Weltmarkt absetzen als die Europäer, die heute noch weltweit führend im Schweinefleischexport sind.
Politik ist weiter gefordert
Künftig werden nur diejenigen im Wettbewerb auf den Weltmärkten erfolgreich wirtschaften, die flexibel auf die stark schwankende Nachfrage reagieren können. Dazu müssen die Fleischhändler möglichst breit aufgestellt sein. Das Problem ist jedoch, dass der Handel politischer denn je ist. Freihandelsabkommen werden zunehmend infrage gestellt. Veterinärabkommen und Exportzertifikate sind nur mit politischem Willen zu bekommen. Und daran hakt es in Deutschland immer noch zu oft.
Ein Rückzug von den Weltmärkten, wie ihn Kritiker von Fleischexporten wiederholt fordern, ist keine Alternative. Denn auf der einen Seite sind Pfötchen, Ohren und Co. in Europa annähernd wertlos und auf der anderen Seite haben sich die deutschen Schlachtunternehmen gerade in Asien einen ausgezeichneten Ruf hinsichtlich Qualität und Lebensmittelsicherheit erarbeitet.
Diese Wertschöpfung bei entsprechender Nachfrage liegen zu lassen, schadet der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Schweinehalter unter den herrschenden Bedingungen des freien Marktes massiv. Die Produktion würde unweigerlich abwandern, insbesondere in Richtung Ost- und Südeuropa.
Um das zu verhindern, muss die Politik die Erschließung der Exportmärkte viel stärker unterstützen. Märkte, die deutsche Fleischhändler immer wieder nennen, sind z.B. die USA und Mexiko.
Dabei geht es beispielsweise um die Erstellung von Veterinärabkommen. Aber auch die Zulassung von weiteren deutschen Schlachtbetrieben für den direkten Export nach China kommt nicht voran. Eine künftige Bundesregierung ist gefordert, die gestartete Exportoffensive konsequent weiter zu verfolgen. Nur so kann es gelingen, die Wertschöpfung der deutschen Schweineproduktion langfristig zu sichern.
Fazit
- Deutschlands Export von Schweinefleisch nach China ist dieses Jahr um mehr als 50 % eingebrochen. Künftig ist weiter mit einer schwachen Nachfrage aus dem Reich der Mitte zu rechnen.
- Zwar konnte ein Teil über höhere Exporte in EU-Länder kompensiert werden. Für einen stabilen Schweinemarkt sind wir aber zwingend auf die Drittlandsmärkte angewiesen.
- Die stärksten internationalen Konkurrenten sind die USA, Kanada, Spanien und Brasilien, die allesamt ihre Bestände aufstocken. Um die Existenz der deutschen Fleischwirtschaft nicht zu gefährden, muss Berlin dringend stärkere Hilfe bei der Erschließung neuer Drittlandsmärkte leisten.